Annalena Baerbock: "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland"

Die ersten deutschen Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 könnten bald in der Ukraine ankommen. Bild: Michal Kryński auf Pixabay

Die Bundesregierung beugt sich dem Druck und will Kampfpanzer an die Ukraine liefern. Das Weiße Haus erwägt gegen den Rat des Pentagon, eigene Panzer zu schicken. Warum die Ukraine unzufrieden sein dürfte.

Die Europäer – und damit auch die Deutschen – befinden sich im Krieg mit Russland – so sieht es zumindest Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander", sagte sie am Dienstag laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg.

Dabei kam auch der Streit um die Lieferung deutscher Leopard-Panzer zur Sprache – und die deutsche Außenministerin machte ihre Position deutlich: Auch bei den Panzern müsse mehr getan werden, sagte sie und erhöhte damit auch den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Gleichzeitig rief sie zu mehr Geschlossenheit auf: Das Wichtigste sei, dass man gemeinsam handle und "dass wir uns in Europa nicht gegenseitig die Schuld zuschieben". Es bringe der Ukraine weder Frieden noch Freiheit, wenn man mit dem Finger aufeinander zeige. Neben militärischer Hilfe benötige Kiew auch mehr humanitäre und finanzielle Unterstützung, mahnte die Außenministerin.

Wie am frühen Dienstagabend bekannt wurde, wird Deutschland Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine schicken. Die Bundesrepublik will es auch anderen Ländern ermöglichen, ihrerseits in Deutschland produzierte Panzer in den Krieg gegen Russland zu schicken.

Eine konkrete Zahl der Panzer, die die Bundesregierung liefern will, ist nicht bekannt. Einem Bericht des Spiegels zufolge soll es sich um mindestens eine Kompanie handeln. Eine Kompanie besteht normalerweise aus 14 Panzern.

Der ukrainischen Regierung dürfte diese Zahl jedoch nicht ausreichen – ihr Bedarf ist höher. Andrij Jermak, Leiter des Präsidialamtes der Ukraine, äußerte sich laut Reuters auf Telegram folgendermaßen: "Ein paar hundert Panzer für unsere Panzerbesatzungen – die besten Panzerbesatzungen der Welt". Das werde eine "echte Faust der Demokratie gegen die Autokratie".

In der Nato, aber auch in der Bundesregierung, war zuvor der Druck auf den Kanzler gestiegen. Das Wall Street Journal hatte am Dienstag berichtet, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Annalena Baerbock hätten sich für die Lieferung von Panzern aus deutscher Produktion ausgesprochen. Habeck wolle zudem dafür sorgen, dass über entsprechende Anträge schneller entschieden werde.

Politiker der Linken und der Alternative für Deutschland (AfD) hatten gehofft, dass Olaf Scholz dem Druck nicht nachgeben würde.

Amira Mohamed Ali, Co-Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, sagte am Dienstag mit Blick auf die polnische Anfrage zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine: "Es ist richtig, hier zu sagen: Nein, das machen wir nicht." Und Außenpolitikerin Sevim Dagdelen mahnte: Scholz dürfe die Panzerlieferungen nicht genehmigen, "damit Deutschland nicht immer weiter in den Krieg hineingezogen" werde. Stattdessen müssten diplomatische Initiativen für einen Waffenstillstand gestartet werden.

Scholz konnte dem Druck aus Washington und aus der eigenen Koalition nicht standhalten – und wollte wohl auch keinen ernsthaften Widerstand leisten. Die Position der Bundesregierung lautete zuvor: Leopard-Panzer werden nur geliefert, wenn auch Abrams-Panzer aus den USA an die Ukraine geliefert werden.

Mit einer leichtfertigen Zusage hat das Weiße Haus die deutsche Position ausgehebelt. In einem Telefonat mit Scholz am 17. Januar habe sich US-Präsident Joe Biden bereit erklärt, entgegen der Entscheidung des Pentagon die Lieferung von Abrams-Panzern zu prüfen, berichtete das Wall Street Journal.

Über die genaue Anzahl der Abrams-Panzer wird noch spekuliert. Es könnten Dutzende sein, berichtete Reuters nun unter Berufung auf zwei US-Beamte. Sky News Arabia sprach dagegen von zehn Kampfpanzern und berief sich ebenfalls auf einen US-Beamten.

Das Pentagon wollte die Berichte am Dienstag nicht bestätigen. Stattdessen verwies ein Sprecher gegenüber Reuters darauf, dass der Abrams-Panzer ein komplexes Waffensystem sei, dessen Wartung eine Herausforderung darstelle. "Das war gestern so, das ist heute so und das wird auch in Zukunft so sein", sagte der Pentagon-Sprecher.

Aus Sicht der US-Offiziellen ist der Kampfpanzer Leopard für die Ukraine besser geeignet, weil er in mehreren Ländern verfügbar ist und Liefer- und Wartungsketten schnell aufgebaut werden können.

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) spekulierte kürzlich, dass es den Amerikanern auch ums Geschäft gehen könnte. Denn sollten die Leopard-Panzer in der Ukraine zerstört werden, wäre die deutsche Rüstungsindustrie vermutlich nicht in der Lage, die gelieferten Panzer schnell zu ersetzen.

US-Panzer könnten dagegen schneller produziert und geliefert werden, weshalb die betroffenen Nato-Staaten dann vermutlich auf Einkaufstour bei den Waffenschmieden in den USA gehen würden. Die deutschen Rüstungskonzerne würden dann vermutlich auf Jahre hinaus aus dem Geschäft gedrängt und der deutsche Einfluss weiter zurückgedrängt.

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