1:0 für Büssow ?

Kein Rechtschutz gegen Sperrungsverfügungen in NRW

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Es ist nur ein Nebenschauplatz, aber er ist nicht unbedeutend. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat es abgelehnt, Rechtsschutz gegen eine umstrittene Sperrungsverfügung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten Jürgen Büssow zu gewähren.

Der hatte von etwa 70 Anbietern in NRW verlangt, ihren Nutzern den Zugang zu zwei als rechtsradikal eingestuften Seiten aus den USA zu blockieren. Mit der am 19. März veröffentlichten Entscheidung des Gerichts muss ein mittelständischer Anbieter dieser umstrittenen Anordnung nun "vorläufig folgen". Zumindest bis zu einem abschließenden Urteil über die Rechtmäßigkeit der Sperrung kommt.

Der betroffene Provider habe die Seiten nun blockiert, erklärte der eco-Verband der deutschen Internet-Wirtschaft. Die OVG-Entscheidung sei aber "kein Freibrief für Aufsichtsbehörden", es gehe lediglich um Rechtsschutz. Denn über die Sperrungsverfügungen selbst werde erst noch verhandelt. Etwa ein Dutzend Verfahren laufen nach Angaben des Verbandes an den Verwaltungsgerichten in NRW. In den Verhandlungen müssen die Beteiligten angehört werden, und eco will dort mit Rechtsgutachten aufwarten. Bislang verfüge Büssow und man rede völlig aneinander vorbei, heißt es aus dem Verband. So sei etwa unklar, warum nur 70 der 120 Anbieter in NRW die Seiten sperren sollten. Überhaupt könne das Problem rechtswidriger Internet-Seiten aus dem Ausland auf diese Weise nicht gelöst werden. Die umstrittenenen Sperrauflagen will eco "höchstrichterlich" entschieden sehen.

Auf diesem Wege kommt das OVG Münster wieder ins Spiel. Sollten die untergeordneten Verwaltungsgerichte Büssows Sperrungsverfügungen akzeptieren, will eco die Fälle hier wieder vorbringen. Da gewinnt die jetzt gefallene Rechtsschutz-Entscheidung ein anderes Gewicht. Das Gericht, das sich also möglicherweise auch inhaltlich mit den Verfügungen befassen wird, stellt in Sachen Rechtsschutz nämlich das öffentliche Interesse an der Sperrung der Seiten höher als die Belange des Anbieters. Auch wenn es für viele Internetnutzer weiter möglich sei, die Seiten trotz der Sperrung zu erreichen, handele es sich um einen "Schritt in die richtige Richtung", so das Gericht. Ein Fingerzeig? "Die Verfügungen sind blinder politischer Aktionismus und haben nichts mit einer wehrhaften Demokratie zu tun. Daran ändert auch die Entscheidung des OVG Münster nichts", wettert eco-Vorstand Oliver J. Süme.

Der Verband setzt auch auf die politische Weichenstellung. So arbeite man "konstruktiv" mit der neuen Kommission für Jugendmedienschutz zusammen, die am 1. April in Erfurt ihre Arbeit aufnehmen soll. Selbstregulierung in einem abgesteckten Aufsichtsrahmen ist deren Prämisse. Der Dialog, etwa über internationale Telefonhotlines zur Anzeige von Kinderpornografie, werde aber gestört - von keinem geringeren als Bundespräsident Johannes Rau.

Der habe "unisono" und in einem Anflug von "politischer Hilflosigkeit" gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund weitere Verfügungen gefordert. "Mit derartig destruktiven Äußerungen soll entweder Druck auf die Aufsichtsbehörden ausgeübt werden, oder man hat sich hier naiv von Herrn Büssow instrumentalisieren lassen", hieß es in einer zunächst an Journalisten verteilten Erklärung.

Harter Tobak, der umgehend redigiert wurde. Auf der eco-Homepage liest es sich nun etwas konzilianter. Dort wird der Bundespräsident gemäß den politischen Sitten nicht mehr kritisiert und nur noch auf den DGB geschimpft. Die Hauptverhandlungen über die Sperrungsverfügungen sollen im Frühjahr beginnen.