An ihrer Ukraine-Politik droht die Europäische Union zu zerbrechen

Usula von der Leyen mit Panzer-Spardose in Ukraine-Farben

Bild Usula von der Leyen: Alexandros Michailidis / Schutterstock.com / Grafik: TP

Die EU im geopolitischen Abseits. Sie macht sich gefährliche Illusionen. Ein Gastbeitrag zusammen mit Ruth Firmenich.

Am 1. September gedenken wir des Zweiten Weltkrieges vor 85 Jahren, der mit dem Angriff Nazi-Deutschlands auf Polen begann. Er entwickelte sich zum grausamsten und blutigsten Krieg der modernen Geschichte, der um die 75 Millionen Menschen das Leben kostete – verbunden mit unermesslichem Leiden und unvorstellbarer Zerstörungen.

Wie schon der Erste Weltkrieg ging auch dieser Krieg vom europäischen Boden aus und erfasste nach und nach die ganze Welt. Man sollte hoffen, dass wir Europäer – und eben wir Deutsche insbesondere – aus einer daraus erwachsenen Verantwortung eine strikte Friedenspolitik im Sinne der nach den beiden Weltkriegen entstandenen UN-Charta verfolgen würden. Dem ist aber leider nicht so!

In der Ukraine herrscht nun wieder ein Krieg auf europäischem Boden. Es ist der weitaus größte und gefährlichste Krieg seit den beiden Weltkriegen, und auch er birgt das Risiko, sich zu einem Weltkrieg ausweiten zu können – dieses Mal gar zu einem Nuklearkrieg. Die Folgen für die Menschheit könnten so noch verheerender werden.

Und dennoch setzt die EU weiterhin ausschließlich auf eine militärische "Lösung" des Ukraine Krieges und nimmt alle damit entstehenden Gefahren für uns Europäer und die gesamte Menschheit billigend in Kauf und stößt damit international auf immer mehr Ablehnung.

Die EU setzt ausschließlich auf Krieg

Eine im Juli dieses Jahres im EU-Parlament mit großer Mehrheit angenommene Resolution "zur Unterstützung der Ukraine" legt eine kompromisslose Ausrichtung der EU auf eine Weiterführung des Krieges fest. In Zügen liest sich diese Resolution gar wie ein Aufruf zu einem "totalen Krieg".

Im Hinblick auf die sich verschlechternde militärische Lage sollen auch hier noch einmal alle Ressourcen mobilisiert werden, um dennoch einen militärischen Sieg der Ukraine über Russland zu ermöglichen.

So wird in dieser Resolution von allen EU-Mitgliedstaaten eine "unerschütterliche" Unterstützung der Ukraine bis zum Sieg über Russland verlangt. Dementsprechend werden alle EU- und Nato-Staaten aufgefordert, 0,25 Prozent ihres jeweiligen BIP der Ukraine für militärische Zwecke zur Verfügung zu stellen.

Michael von der Schulenburg. Bild: Ferran Cornellà / CC BY-SA 4.0 Deed

Laut einer Kalkulation der konservativen EPP-Fraktion würde sich das jährlich auf 127 Milliarden Euro summieren – was mehr als das Doppelte des diesjährigen Verteidigungshaushalts Deutschlands wäre und bisherige militärische Unterstützungen weit übertreffen würde.

Der Einsatz der zur Verfügung gestellten westlichen Waffen gegen militärische Ziele im Hoheitsgebiet Russlands wird ausdrücklich befürwortet und eine baldige Nato-Mitgliedschaft der Ukraine als "unumkehrbar" bezeichnet.

Weiterhin wird die Errichtung eines internationalen Sondergerichts für russische Kriegsverbrechen sowie die Einziehung aller eingefrorenen russischen Vermögenswerte zugunsten der Ukraine gefordert.

Hingegen gibt es in der dreieinhalbseitigen Resolution keinen einzigen Hinweis auf Verhandlungen oder andere diplomatische Bemühungen. Gespräche könne es erst dann geben, wenn Russland kapituliert und sich aus allen besetzten Gebieten zurückzieht.

In diesem Zusammenhang werden die Bemühungen des ungarischen Ministerpräsidenten Orbán, Gespräche zwischen der Ukraine und Russland zu initiieren, in der Resolution auf das Schärfste kritisiert.

Bereits im Juni hatte der Europäische Rat die ehemalige estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas für das Amt der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik nominiert.

Damit vertraut die EU dieses wichtige Amt einer der streitbarsten Anti-Russland-Politikerinnen an. Noch vor kurzen meinte sie, dass eine Zerschlagung Russlands in mehrere kleine Staaten "keine schlechte Sache sei" und forderte, sich bei der Unterstützung der Ukraine nicht von russischen Nuklearwaffen einschüchtern zu lassen.

Sie soll nun diese in der Resolution geforderten Kriegsziele außenpolitisch durchsetzen. Nur, kann sich die EU eine solche Politik überhaupt leisten oder erliegt sie hier nicht einer gefährlichen Selbstüberschätzung?

Die EU verliert den Bezug zur Realität

Das Problem der Ukraine-Resolution ist, dass die EU weder die Macht noch den Einfluss hat, auch nur eines der darin enthaltenen Ziele durchsetzen zu können. Denn dieser Aufruf zu einer kompromisslosen Weiterführung und Intensivierung des Krieges bis zu einem militärischen Sieg über Russland kommt in einer Zeit, in der die Ukraine gar nicht mehr in der Lage ist, diesen Krieg zu gewinnen.

Politische Analysten in den USA warnen bereits seit geraumer Zeit davor, dass die Ukraine bei einer Weiterführung des Krieges militärisch und politisch kollabieren könnte. Diese Resolution leidet somit grundsätzlich an einem Realitätsverlust. Politik ist immer noch die Kunst des Machbaren und das sollte eben auch für die EU gelten.

Um dennoch eine Wende zu erreichen, müssten die EU und ihre Mitgliedsländer militärisch massiv in den Ukraine-Krieg eingreifen. Dazu haben sie aber weder die militärischen Ressourcen noch einen dazu nötigen geeinten politischen Willen. Wenn überhaupt, könnte das nur durch eine enge militärische Zusammenarbeit Frankreichs und Deutschlands erreicht werden.

Nur bestehen bereits erhebliche politische Differenzen zwischen den beiden Ländern und ein derart riskantes militärisches deutsch-französisches Unternehmen in direkter Konfrontation mit der Atommacht Russland scheint deshalb glücklicherweise völlig ausgeschlossen.

Natürlich sind beide Länder in der Lage, den Ukraine-Krieg durch die Lieferung von Taurus-Raketen oder die Entsendung der Fremdenlegion mächtig zu eskalieren.

Aber damit würden sie der Ukraine nicht zu einem Sieg verhelfen, sondern nur riskieren, dass ganz Europa in einer nuklearen Gegenreaktion vernichtet wird. Es gibt so keine machbare militärische Option der Europäer.

Auch würde ein solches militärisches Vorgehen nicht von der europäischen Bevölkerung mitgetragen werden. Denn während sich das Europäische Parlament gerade einer Pro-Kriegspolitik verschrieben hat, verschieben sich die öffentlichen Meinungen in allen europäischen Staaten gegen weitere Waffenlieferungen und für Verhandlungslösungen.

Selbst in der Ukraine hat sich eine Kriegsmüdigkeit breit gemacht und es gibt Berichte von immer mehr ukrainischen Deserteuren. Auch gibt es Warnungen westlicher Diplomaten, dass weitere 10 Millionen Ukrainer davorstehen könnten, das Land zu verlassen.

Im Zuge dieses Krieges entvölkert sich die Ukraine drastisch, wobei mehrheitlich nur noch alte und verarmte Menschen zurückbleiben würden. So ist aber kein Krieg mehr zu gewinnen – auch nicht mit den geforderten jährlichen 127 Milliarden Euro an Militärhilfen.

Des Weiteren gibt es Hinweise von ukrainischen Politikern und sogar von Präsident Selenskyj, dass dieser Krieg nicht mehr lange durchgehalten werden kann und es eine Verhandlungslösung geben müsse. Daran wird die medienwirksame Attacke ukrainischer Militäreinheiten auf russisches Territorium vor einigen Tagen auch nichts mehr ändern.

Was will also die EU noch mit einer solchen Kriegs-Resolution erreichen?