Anhörung zu Echelon im holländischen Parlament

Letzte Entwicklungen in Holland sollen der Untersuchung im Europaparlament zum dringend benötigten Durchbruch verhelfen

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Für die Mitglieder des holländischen Parlaments war es keine Überraschung, dass die Regierung denkt, dass Echelon tatsächlich existiert, doch wurde die Bestätigung trotzdem als "alarmierend" empfunden. Nun hoffen holländische Europaparlamentarier, dass die Bestätigung der niederländischen Regierung dem nichtständigen Untersuchungsausschuss über Echelon, der bisher bei seinen Ermittlungen auf große Hindernisse stieß, zum Durchbruch verhilft.

Das Parlament der Niederlande hielt am Montag dem 22.01.2001 eine Anhörung über Echelon ab. Am vergangenen Freitag hatte die Regierung bereits die Existenz von Echelon bestätigt. Einer der Sprecher bei der Anhörung war Duncan Campbell, der den Mitgliedern des holländischen Parlaments von seinen letzten Ergebnissen bei der Recherche über das globale Überwachungssystem Echelon berichtete. Er hat eben einen Bericht für den nichtständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments fertiggestellt, der neue Beweise über Wirtschaftsspionage enthält.

Mitarbeiter des investigativen "Bureau Jansen & Janssen", die Entwicklungen im Bereich der Polizei und Geheimdienste beobachten, unterstrichen die Verflechtungen zwischen polizeilicher und geheimdienstlicher Ermittlungsarbeit. Da den Geheimdiensten mehr und mehr Befugnisse zu Ermittlungen gegen organisiertes Verbrechen übertragen werden, spielen unüberprüfbare Informationen eine immer größere Rolle bei strafrechtlichen Ermittlungen. Bureau Jansen & Janssen sprach sich daher für eine verbesserte Kontrolle der Geheimdienste und für Garantien gegen den Missbrauch von Informationen aus Geheimdienstquellen aus. Sie kritisierten darüber hinaus letzte Entwicklungen in den Niederlanden, wo den Strafverfolgern und Geheimdiensten weitere Befugnisse verliehen wurden, inklusive der Ermächtigung zur ungezielten Überwachung von Satellitenkommunikation. Auch sprachen sie sich für merh Aufklärung über schwer kontrollierbare internationale und teilweise informelle Organisationen aus, wie zum Beispiel ILETS, die G8 und die Arbeitsgruppen über Polizeikooperation des Europäischen Rates.

Der Vertreter der Organisation für digitale Bürgerrechte Bits of Freedom verwiesen auf die seltsame Tatsache, dass der offizielle Bericht der holländischen Regierung über Echelon allein auf öffentlich zugänglichen Quellen beruht. Warum haben die holländischen Geheimdienste keine eigenen Untersuchungen über Echelon angestellt, de es doch ihre Aufgabe ist, Bedrohungen des nationalen Interesses zu begegnen? Die Zweideutigkeit der Position der Regierung wurde angeprangert. Auf der einen Seite sollen sie für besseren Schutz der Bürgerrechte sorgen, auf der anderen Seite haben sie ihre eigenen Gründe, warum die Abhörmöglichkeiten so gut wie nur möglich sein sollen.

Der holländische akademische Forscher Cees Wiebes bezweifelte, ob Echelon tatsächlich eine Bedrohung für die Privatsphäre der Bürger darstellt. Er behauptet, dass die Explosion der Kommunikationsnetze aller Art es für die Geheimdienste unmöglich macht, den gesamten Traffic abzufangen und zu analysieren. Er vertrat die Erwartung, dass sich die Geheimdienste in Zukunft auf präzisere Such- und Analysewerkzeuge stützen würden, so dass der Suchraum eingeengt und die Privatsphäre damit weniger gefährdet werde.

Die Parlamentarier schienen von den weitreichenden Ausmaßen internationaler Spionagepraktiken überwältigt. "Wenn ich das höre, fühle ich mich machtlos", gestand ein Vertreter der Christdemokraten, Jan Wijn. Mehrere Parlamentsmitglieder fragten die anwesenden Experten, was das Parlament gegen unbegrenztes Abhören tun könnten. Die Experten antworteten, dass es eine ganze Reihe von Vorschlägen für nationale und internationale Gesetze gebe, doch dass der entscheidende Punkt sei, ob es den politischen Willen und die Courage in den Parlamenten gebe, diese Gesetze tatsächlich durchzubringen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das holländische Parlament die Weigerung der Regierung, mehr Offenheit und neue Kontrollmöglichkeiten gegenüber den Geheimdiensten zuzulassen, bisher immer akzeptiert hat.

Holländische Mitglieder des Europäischen Parlaments zeigten sich über die jüngsten Entwicklungen erfreut. Sie beschwerten sich darüber, dass ihre Arbeit im nichtständigen Echelon-Ausschuss des Europaparlements sehr schwierig sei und nicht ernst genommen werde. Sie hoffen, dass die Bestätigung der Existenz von Echelon durch die niederländische Regierung ihrer eigenen Untersuchung zum Durchbruch verhilft.