Anschlag in Manchester: Mindestens 22 Tote
Ein Selbstmordattentäter zündete seine Sprengladung auf einem Konzert der Sängerin Ariana Grande, bei dem zahlreiche Minderjährige anwesend waren
Seit dem Anschlag auf ein Konzert der Eagles of Death Metal im Pariser Bataclan (vgl. Paris: Wer waren die Opfer?) weiß man, dass für Terroristen auch Unterhaltungsmusikkonzerte Anschlagsziele sein können. Diese Gewissheit bestätigte gestern ein Selbstmordattentäter, der seine Sprengladung vor einem gerade zu Ende gegangenen Konzert der amerikanischen Sängerin Ariana Grande im nordenglischen Manchester zündete und dabei nach den aktuellen Zahlen der Polizei mindestens 22 Menschen in den Tod riss - darunter auch Minderjährige.
Die Zahl könnte weiter steigen, weil weitere 59 Menschen teilweise schwer verletzt wurden. Derzeit werden sie in sechs Krankenhäusern in und um Manchester behandelt. Kurz nach dem 22 Uhr 33 britischer Zeit verübten Anschlag war noch von 19 Toten die Rede gewesen. Als unzutreffend erwiesen sich auch erste Meldungen, der Täter habe die Sprengladung innerhalb des Konzertsaals gezündet.
Panik in der Halle
Nach der Explosion, die man auch in der 21.000 Personen fassenden Halle hörte, in der sich noch zahlreiche Zuschauer befanden, brach dort eine Panik aus, die auf Handy-Videos dokumentiert ist. Ob auch dabei Menschen ums Leben kamen, oder ob alle Toten unmittelbar von der Sprengladung zerrissen wurden, ist bislang nicht bekannt. Nach dem Attentat riegelte die Polizei den Tatort mit über 400 Beamten weiträumig ab. Um 1 Uhr 32 Ortszeit sprengte sie kontrolliert einen Gegenstand im Cathedral Garden, der sich jedoch als harmlos herausstellte. Nun sichern ihre Forensiker Spuren.
Weil die unter dem Konzertsaal gelegene Victoria Station nach der Tat nicht mehr angefahren wurde, mussten zahlreiche minderjährige Konzertbesucher in Hotels und bei Privatpersonen übernachten, die in Sozialen Medien Schlafplätze anboten, als sie von dem Ereignis erfuhren. den verstörten Konzertbesuchern. Auch Taxifahrer stellten ihre Dienste teilweise umsonst zur Verfügung. Für Eltern, die ihre Kinder suchten, richtete die Polizei eine Hotline ein. Auf Twitter etablierte sich der Hashtag #MissingInManchester für solche Suchen. Facebook aktivierte seine Sicherheitscheck-Funktion, mit der Personen in der Gegend ihren Kontakten mitteilen können, dass ihnen nichts fehlt.
Zielgruppe Minderjährige
Dass bei dem Konzert so viele Minderjährige waren, liegt daran, dass sie die Zielgruppe der Musik der 23-jährigen Sängerin sind, deren Karriere auf ihrer Rolle als Cat Valentine in der High-School-Fernsehserie Victorious aufgebaut wurde. Sie twitterte nach dem Anschlag: "Broken. From the bottom of my heart, I am so so sorry. I don't have words". Ob ihre in den nächsten Tagen in London, Antwerpen, Frankfurt und Paris geplanten Konzerte abgesagt werden, steht derzeit nicht fest.
Die britische Innenministerin Amber Rudd verurteilte den "gezielten" Anschlag auf Minderjährige heute früh als "barbarisch". Premierministerin Theresa May kondolierte den Angehörigen der Opfern und bestellte für heute Morgen um 10 Uhr mitteleuropäischer Zeit den Cobra-Ausschuss aus Ministern und Geheimdienstlern zu einer Krisensitzung ein. Ihr Wahlkampf soll bis auf weiteres ruhen. Auch Vertreter der anderen britischen Parteien zeigten sich öffentlich bestürzt und sagten Werbeauftritte ab. Zahlreiche ausländische Politiker - darunter die Bürgermeister der Städte Paris und Nizza, in denen in den letzten Jahren ebenfalls zahlreiche Menschen bei Terroranschlägen starben, kondolierten ebenfalls.
Bekennerbotschaft fehlt bislang, aber IS-Anhänger freuen sich
Eine Bekennerbotschaft für die Tat fehlt bislang ebenso wie Informationen dazu, ob der Selbstmordattentäter allein handelte oder Helfer hatte. In Sozialen Medien jubelten Anhänger des Islamischen Staats (IS) allerdings öffentlich darüber. Im Vereinigten Königreich ist die Terrorwarnstufe bereits seit drei Jahren hoch - im Durchschnitt wurde in den letzten Monaten täglich ein Terrorverdächtiger festgenommen. Nach der Westminster-Attacke des Islamisten Khalid Masood im März waren die Sicherheitsbehörden allerdings davon ausgegangen, dass Anschläge mit Fahrzeugen und Messern nun wahrscheinlicher wären als solche mit Sprengstoff.
Vor zwölf Jahren waren bei einer Serie islamistischer Sprengstoffanschläge in der britischen Hauptstadt London 56 Menschen ums Leben gekommen. Damals hatten die Salafisten ihre selbstgebauten Sprengsätze in Rucksäcken versteckt, die sie in U-Bahnen und Bussen zur Explosion brachten.
[Update: Zwischenzeitlich wurde heute Mittag auch das Arndale-Einkaufszentrum in Manchester geräumt, nachdem Kunden dort einen lauten Knall gehört hatten. Inzwischen ist es jedoch wieder geöffnet. Ein 23-Jähriger soll im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen worden sein.]
[2. Update: Am Nachmittag wurde bekannt, dass es sich beim Täter um den 22-Jährigen Salman Abedi handelt, dessen Eltern aus Libyen kommen. Der IS bezeichnet ihn in Sozialen Medien als "Soldat des Kalifats". Ebenfalls bekannt wurde, dass das jüngste Opfer des Anschlags erst acht Jahre alt war.]
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