Assange kann nach US-Antispionagegesetz hingerichtet werden
Neue Details über lange geheime Anklageschrift der USA. Proteste gegen Inhaftierung in Großbritannien
Die USA werfen dem Publizisten und Mitbegründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, Hacking vor. Die Anklage der US-Behörden gegen den 47-Jährigen lautet aber auch "Erhalt und Verbreitung geheimer Informationen". Das geht aus einem Brief des US-Justizministeriums hervor, den zuerst das Onlineportal netzpolitik.org veröffentlichte.
Die USA hatten unmittelbar nach der Festnahme von Assange am 11. April in der Botschaft Ecuadors in London dessen Auslieferung gefordert - was lange geleugnet worden war. Laut der Anklageschrift vom März 2018 werfen die US-Behörden ihm Verschwörung zum Eindringen in Computer vor. Dieses Vergehen kann höchstens mit fünf Jahre Freiheitsentzug geahndet werden. "Doch dabei dürfte es nicht bleiben", schreibt netzpolitik.org. Denn nur einen Tag nach Verfassen der Anklageschrift habe die US-Staatsanwaltschaft zugegeben, auch wegen "unerlaubten Erhalts und der Verbreitung geheimer Informationen" zu ermitteln. Das schreibt das US-Justizministerium in einem Brief an die Anwälte des ehemaligen WikiLeaks-Sprechers Daniel Domscheit-Berg. Dieser Vorwurf kann nach dem Espionage Act von 1917 zur Anklage führen. Die Höchststrafe für Verurteilungen nach dem Espionage Act ist die Todesstrafe.
Nach tagelanger Isolation in britischer Haft steht Assange nun aber offenbar mit seinen Anwälten in Kontakt, wie die Enthüllungsplattform via Twitter bestätigte. Nach seiner Verhaftung am 11. April konnte er zunächst keinen Besuch empfangen. Deutsche Abgeordnete der Linkspartei und eine spanische Europaabgeordnete wurden nicht zu ihm vorgelassen. Seine Mutter Christine Assange sprach noch am Montag von "Isolationshaft". Ihr Sohn habe "noch keine Besuche empfangen (dürfen), noch nicht einmal von seinen Anwälten". Der Umgang mit Julian Assange durch die britischen Behörden sei "ungeheuerlich und offenbar als Strafe gedacht, um ihn weiterhin zu isolieren".
Assange sitzt im berüchtigten Belmarsh-Gefängnis im Südosten von London ein, das in der Presse in Anspielung auf das US-Gefangenenlager auf Kuba mehrfach als "britisches Guantánamo Bay" bezeichnet wurde. Die Besuchsregeln in der Haftanstalt sind äußerst strikt. Assange darf nach vorheriger Anmeldung nur dienstags für wenige Stunden Besuch empfangen.
Die drohende Auslieferung an die USA sorgt indes weiter für Proteste. Führende lateinamerikanische Politiker, Aktivisten und Intellektuelle haben in einer gemeinsamen Erklärung ihre Solidarität mit Assange bekräftigt. Sie wandten sich zugleich gegen eine Auslieferung an die USA, wo dem Mitbegründer von WikiLeaks eine langjährige Haftstrafe oder gar die Todesstrafe droht. Die USA wollen Assanges habhaft werden, weil er Dokumente über Kriegsverbrechen von US-Truppen im Irak und in Afghanistan publik gemacht hat.
Zu den Unterzeichnern der Protestresolution zählen der argentinische Nobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, die ehemaligen Präsidenten Manuel Zelaya (Honduras) und Fernando Lugo (Paraguay), die kolumbianische Senatorin Piedad Córdoba, der ehemalige ecuadorianische Außenminister Ricardo Patiño, Nora Cortiñas und María Adela Antokoletz von der argentinischen Menschenrechtsorganisation Madres de Plaza de Mayo.
Der US-Ökonom und Whistleblower Daniel Ellsberg bezeichnete den 11. April indes als "keinen guten Tag für die (US-)amerikanische Presse oder für die (US-)amerikanische Demokratie". Vor 48 Jahren sei er als erste journalistische Quelle in den USA angeklagt worden. "Seitdem gab es vielleicht ein Dutzend Anklagen, neun davon unter Präsident (Barack) Obama." Aber Julian Assange sei der erste Journalist, der angeklagt wurde. "Wenn er in die USA ausgeliefert und verurteilt wird, wird er nicht der Letzte sein", so Ellsbergs Prognose.
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