Mars-Generator läuft nur mit Kälte und Wärme
Durchbruch für Mars-Besiedlung? Neuer Reaktor wandelt CO2 in Treibstoff um – ganz ohne externe Stromquelle. Was der Generator dafür braucht, klingt fast zu einfach.
Viele Menschen träumen davon, dass es der Menschheit eines Tages gelingen könnte, den Mars zu besiedeln. Elon Musk ist wohl der prominenteste Vertreter dieser Gruppe. Aber auch Forscher entwickeln längst Ideen und Konzepte, wie eine Besiedlung des Mars praktisch umgesetzt werden könnte.
Wissenschaftler der University of British Columbia (UBC) in Kanada sind nun einen Schritt weiter gekommen. Ihnen ist ein technischer Durchbruch gelungen, der es eines Tages ermöglichen könnte, auf relativ einfache Weise Treibstoff auf dem Mars zu produzieren.
Sie entwickelten einen neuartigen Reaktor, der allein mithilfe von Temperaturunterschieden das auf dem Mars reichlich vorhandene Kohlendioxid in Treibstoff, Kunststoffe und sogar Sauerstoff umwandeln kann.
Temperaturdifferenz von 40 Grad reicht aus
Laut Abhishek Soni, Chemiker und Hauptautor der Studie, benötigt der sogenannte CO2-Elektrolyseur lediglich einen Temperaturunterschied von mindestens 40 Grad Celsius, um die chemischen Reaktionen in Gang zu setzen.
"Angenommen, es gäbe eines Tages eine Kuppel für menschliche Besiedlung auf dem Mars", erklärt Soni, "drinnen herrscht Raumtemperatur, draußen zwischen minus 15 und minus 120 Grad Celsius. Das reicht aus, um diese CO2-Elektrolyseure zu betreiben."
Entscheidend ist, dass der Reaktor vollkommen autark arbeitet und keine externe Stromversorgung benötigt. Er nutzt thermoelektrische Generatoren, die allein durch den Temperaturunterschied zwischen ihrer heißen und kalten Seite Strom erzeugen. Dieser Strom treibt dann die Umwandlung des Kohlendioxids an.
Vier Stunden Testlauf mit marsähnlichen Bedingungen
Im Labor simulierten die Forscher mit Eiswasser und Heizplatten Temperaturbedingungen, wie sie die Marskolonisten außerhalb ihrer Behausungen vorfinden würden. In diesem Temperaturgradienten produzierte der Reaktor vier Stunden lang Kohlenmonoxid aus CO2 – und zwar in einer Menge, die industriellen Anwendungen nahekommt.
Die Atmosphäre des Mars besteht zu 95 Prozent aus CO2. Ein ausgereifter und industriell betriebener CO2-Elektrolyseur hätte dort das Potenzial, eine Vielzahl von Ressourcen zu generieren, betonen die Wissenschaftler.
"Eines Tages werden wir auf dem Mars Kunststoffe brauchen, und diese Technologie zeigt uns einen Weg, wie wir sie dort herstellen können", sagt Curtis Berlinguette, Studienleiter an der UBC.
Anwendungsmöglichkeiten auch auf der Erde
Aber auch auf der Erde könnte die Technologie Anwendung finden, glauben die Forscher. In geothermischen Kraftwerken ließe sich der Temperaturunterschied zwischen den heißen Rohren, die aus der Tiefe zurückkommen, und der relativ kühleren Erdoberfläche nutzen.
Soni sieht noch weitere Anwendungsmöglichkeiten: Da schon ein Temperaturunterschied von zwei Grad Celsius ausreicht, um eine Last zu erzeugen, die Licht oder Strom für die Heizung liefert, könnten die günstigen und leisen thermoelektrischen Generatoren auch abgelegenen Gemeinden als leistungsstarke Energiequelle dienen.
Die Vision für den Mars geht noch einen Schritt weiter: An der Außenseite einer Kuppel angebracht, könnten die Generatoren den Temperaturunterschied zwischen der behaglich warmen Innenluft und der eisigen Marsatmosphäre nutzen. Mit dem so erzeugten Strom ließe sich das allgegenwärtige CO2 in nützliche Produkte wie Treibstoff und Chemikalien umwandeln.
Im nächsten Schritt wollen die Forscher die thermoelektrischen Generatoren mit dem Elektrolyseur unter realen Bedingungen auf der Erde testen. Die Ergebnisse könnten nicht nur den Weg für eine Besiedlung des Mars ebnen, sondern auch neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Produktion von Treibstoffen und Chemikalien eröffnen.