Auf in die nächste Runde
Der Prozess gegen Kazaa, Grokster und Morpheus geht weiter
Ohne eine Entscheidung ist gestern in Los Angeles eine Anhörung zur Zukunft von Kazaa, Grokster und Morpheus zu Ende gegangen. Richter Wilson erklärte, er brauche wegen der Komplexität der Zusammenhänge noch mehr Zeit. Als nächstes will er eine Art mündliche Vorab-Entscheidung bekannt geben.
Eigentlich hätte Richter Stephen Wilson am Montag darüber entscheiden sollen, wie es in dem Prozess der Musik- und Filmwirtschaft gegen die drei Tauschbörsen-Betreiber weitergeht. Beide Seiten wollten erreichen, dass das Verfahren vor der Einleitung des eigentlichen Prozesses abgeschlossen wird. Plattenfirmen und Hollywood-Studios wollten ein schnelles Urteil erreichen, dass die Anbieter zum Installieren von Filtern oder dem Schließen ihrer Dienste verpflichtet.
Die Anwälte der Tauschbörsen-Anbieter argumentierten dagegen, ihre Klienten wären nicht in der Lage, Einfluss auf das Handeln ihrer Nutzer zu nehmen, und betonten die legalen Nutzungsmöglichkeiten der P2P-Technologie. Sie versuchten, den Richter mit Verweis auf die so genannte Betamax-Entscheidung zum Einstellen des Verfahrens zu bewegen. 1982 hatte der Oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass der Vertrieb des Betamax-Videorecorders nicht gegen das Copyright verstößt, da das Gerät auch zu legalen Zwecken genutzt werden kann.
Kazaa ist nicht Napster
Auch Napster hatte versucht, seine Verteidigung auf der Betamax-Entscheidung aufzubauen, war damit aber vor Gericht gescheitert. Deshalb versuchten die Kläger am Montag, Kazaa, Grokster und Morpheus praktisch mit Napster gleichzusetzen. Richter Wilson machte jedoch deutlich, dass ihm die Unterschiede zwischen den Technologien bewusst sind. Insgesamt stellte Wilson wenige Fragen, zeigte sich aber sehr informiert über die Zusammenhänge.
Ein Beobachter erklärte im Anschluss an die Anhörung, auf ihn habe es so gewirkt, als hätte sich Wilson eigentlich bereits ein Urteil gebildet gehabt, sich von den vorgebrachten Argumenten aber noch einmal umstimmen lassen. Besonders beeindruckt sollen ihn die Beweisstücke der Kläger haben. Die Anwälte der Musik- und Filmindustrie präsentierten am Montag einige E-Mails, die nahe legen, dass die Betreiber von Kazaa, Morpheus und Grokster über Copyright-Verletzungen ihrer Nutzer informiert sind und diese tolerieren.
Morpheus bekommt Unterstützung der Gnutella-Gemeinde
Dennoch ließ Wilson vorerst nicht erkennen, wie er zu entscheiden gedenkt. Er kündigte lediglich an, eine mündliche Vorab-Entscheidung folgen zu lassen. Mit solch einer unverbindlichen Meinungsbekundung will Wilson offenbar nochmals Einwände der beteiligten Parteien provozieren, um dann seine endgültige Entscheidung hieb- und stichfest fällen zu können. Wann es zu dieser eher ungewöhnlichen Anhörung kommt, ist noch nicht bekannt. Vermutlich wird sich Wilson aber mindestens noch einmal einen Monat Zeit nehmen.
Wilson muss sich dabei mit einer ganzen Reihe kniffliger Details abgeben: Die Musik- und Filmindustrie will von ihm ein Urteil gegen Grokster, Kazaa und Morpheus erreichen, obwohl die drei Programme in zwei unterschiedlichen Netzwerken operieren. Kazaa und Grokster bilden zusammen das schwer durchschaubare Fasttrack-Netzwerk, Morpheus ist seit seinem Rauswurf aus Fasttrack Teil des offenen Gnutella-Netzes. Außerdem muss Wilson in einem separaten Teil des Verfahrens darüber entscheiden, ob Kazaa-Betreiber Sharman Networks als australische Firma vor einem kalifornischen Gericht verklagt werden kann.
Morpheus hat unterdessen Unterstützung von der Gnutella-Gemeinde bekommen. In einer gemeinsamen Einlassung an das Gericht erklärten die Entwickler der Gnutella-Programme Limewire, Bearshare und GTK-Gnutella, das Gnutella-Netz sei nicht mit Napster zu vergleichen. Sie warfen der Entertainment-Industrie außerdem vor, die Fakten zu verfälschen und vom Gericht praktisch ein Verbot des Gnutella-Netzes zu fordern.