Baschar al-Assad: Wiederwahl im Juli?
"Er ist in einer stärkeren Position als jemals zuvor, um den Widerstand niederzuschlagen"; Syrische Armee erobert Rebellenhochburg
Die Nachschublinien aus dem Libanon über die Kalamun-Berge sind unterbrochen, die Rebellenhochburg Yabrud, "Durchgangsstation für Kämpfer, Waffen und Munition", wurde am Wochende von der syrischen Armee eingenommen. Die syrische Flagge weht über Yabrud, meldete die syrische Nachrichtenagentur Sana heute Morgen.
Ob die syrische Armee auch Ras al Ma'ara, ebenfalls in der Nähe zur libanesischen Grenze gelegen, kontrolliert, ist unklar. Dazu gibt es widersprüchliche Meldungen. Laut der arabischen Zeitung al-Akhbar ist die Offensive der syrischen Armee noch im Gange. Sicher ist, wie auch die US-Publikation Syria:direct bestätigt, dass die militärische Kontrolle über das Gebiet strategisch von größerer Bedeutung ist. Damit sind die militärischen Gegner der Regierung im Hintertreffen.
"Nach drei Jahren Aufstand gegen seine Regierung ist Syriens Präsident Baschar al-Assad in einer stärkeren Position als jemals zuvor, um den Widerstand niederzuschlagen", beschreibt die Washington Post die Situation und zitiert den russischen Botschafter im Libanon, wonach der Kriegsverlauf zugunsten der syrischen Armee nicht mehr zurückgedreht werden könne.
Dem halten Assad-kritische Beobachter entgegen, dass das größere Bild noch immer eine Pattsituation beschreibe. Auch Patrick Cockburn vom britischen Independent, der sich im Irak-Krieg als unabhängiger Berichterstatter auszeichnete, bleibt bei dieser Einschätzung.
Aber einig ist man sich darin, dass die syrische Armee große Vorteile aus den internen Kämpfen zwischen den verschiedenen Rebellengruppen zieht. Hinzukommt, dass sich mit Saudi-Arabien und Katar auch zwei Unterstützerstaaten der bewaffneten Opposition, in Konflikt geraten sind (Zerwürfnis zwischen Saudi-Arabien und Katar).
Präsidentschaftswahlen für Juli anberaumt
Die Bedrohung der Hauptstadt Damaskus habe deutlich abgenommen, wird diagnostiziert. Kleine Wahlkampftouren, die Assad seit Anfang dieses Jahres unternommen hat, zeugen jedenfalls von einer gewissen Sicherheit.
Nach Lage der Dinge könne sich Assad a-Baschar im Juli wieder wählen lassen, für weitere sieben Jahre. Auch Oppositionelle seien zugelassen, freilich nicht die, die mit Waffengewalt die Regierung absetzen wollen. Im US-Außenministerium findet man die Aussichten, Assad könne wiedergewählt werden, "disgusting".
Für den UN-Vermittler Lakhdar Brahimi verschlechtern sich mit der Wahl die Aussichten, dass Gesprächsrunden, wie man sie - erfolglos - mit der Konferenz Genf II versucht hatte, überhaupt noch zustandekommen. Die Opposition werde nach den Wahlen überhaupt nicht mehr zu Gesprächen bereit sein.
Die einzige Teilung der Macht, die machbar sei, so Cockburn, sei territorial. Je nach den Fakten, wie sie militärisch geschaffen wurde, nach den jeweiligen Herrschaftsgebieten.
Aus dieser Sicht, die nicht davon ausgeht, dass es der syrischen Armee gelingen kann, das gesamte Staatsgebiet zurückzuerobern, bleibt das infame Moment der Situation im Land weiter bestimmend: Es gibt keine militärische Lösung, aber der Konflikt zwischen Assad und den Gegner bleibt militärisch. Die Bevölkerung bleibt brutalen Angriffen und Bedrohungen ausgesetzt.
Schätzungen der UN sehen die Zahl der Toten im syrischen Krieg auf über 100.000. 6,5 Millionen Syrer gelten als Binnenflüchtlinge und 9,3 Millionen mangelt es am Notwendigsten, Essen, Medikamente etc., so Marc Lynch, der die Hlatung der US-Amerikaner zu Syrien über einen längeren Zeitraum verfolgt hat.
US-Umfragen: seit längerer Zeit große Mehrheit gegen Intervention
Seine Beobachtungen aus dem Vergleich mehrerer Umfragen zu Syrien seit 2011: das Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit an Syrien ist größer, als man annehmen mag. Im September letzten Jahres, als eine militärische Intervention seitens der USA diskutiert wurde, stellten Umfragen fest, dass sich 70 Prozent der US-Bürger für das Thema interessierten. Doch auch für andere Zeiträume gab es einen durchgängigen Aufmerksamkeitslevel, so Lynch, etwa bei 40 Prozent. In der letzten Zeit dürfte aber die Ukraine-Krise Syrien mehr verdrängt haben.
Die Einschätzung habe sich im Laufe des dreijährigen Krieges in Syrien verändert; der Großteil der befragten US-Amerikaner sehe den Konflikt längst nicht mehr als demokratischen Aufstand in der überkommenen Lesart des arabischen Frühlings, die Unterstützung für den bewaffneten Widerstand liege in den Umfragen des letzten Jahres bei unter 30 Prozent.
Die USA sollten sich hüten in einer Situation einzugreifen und den Extremisten dabei Vorteile zu verschaffen, gäben die Umfragen zu verstehen. Große Einigkeit herrsche darüber, dass man nichts unternehmen sollte, was irgendeine militärische Konsequenz impliziere. Erklärt wird dies mit den Erfahrungen aus dem Irak-Krieg. Darunter fällt nicht nur die Erfahrung des Scheiterns einer militärischen Lösung, sondern auch ein geschärftes Misstrauen gegenüber der Regierungsrethorik.