Bedrohung durch Russland: Nato will mehr Tempo, mehr Soldaten, mehr Waffen
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Der Ukraine-Krieg geht an die Substanz. Im nordatlantischen Bündnis macht man sich laut eines Medienberichts Sorgen, dass die Mitgliedsländer an der Grenze zu Russland nicht genügend gerüstet sind.
Eine Überraschung ist im Krieg immer möglich, damit endet der aktuelle Lagebericht des französischen Militäranalytikers Michel Goya.
Nach einer ausführlichen Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Zermürbungskriegs mit festgefahrenen Fronten, zieht er das Fazit, "dass die wahrscheinlichsten Szenarien für diesen Sommer ein langanhaltender Krieg an einer statischen Front sind, die sich nur wenig von der aktuellen Front unterscheidet, oder ein Aufbrechen derselben Front zugunsten der Ukrainer, allerdings um den Preis von Turbulenzen in Russland und großer Unsicherheit".
Jederzeit bestehe aber die Möglichkeit, "dass ein außergewöhnliches Ereignis - der Tod eines großen Führers, ein politischer Umschwung, eine Intervention Chinas etc. - unter dem Druck der gewöhnlichen Ereignisse eintritt".
Dann würden Prognosen neu aufgerollt. Es wäre nicht das erste Mal.
Goya, der seine Unterstützung für die Ukraine nicht verhehlt, gehört gleichwohl nicht zu den Experten, für die der Sieg der angegriffenen Ukraine nach bisherigen Bedingungen ein wahrscheinliches Ergebnis des Krieges ist. Er hält dieses Ergebnis für "unwahrscheinlich", ohne damit allerdings den Sieg Russlands zu prognostizieren. Den hält er für "unmöglich".
Ukraine-Krieg: Große Opferzahlen unter Soldaten
Der in Frankreich angesehene Spezialist für moderne Kriege steht mit der Einschätzung, dass der Krieg in der Ukraine Russland wie der Ukraine stark an die Substanz geht, nicht alleine. In den letzten Monaten häufen sich die Berichte über große Opferzahlen unter den eingesetzten Soldaten, auch wenn die realen Zahlen aus offensichtlichen Gründen der Kriegsmoral und der Propaganda Geheimsache sind.
In einem vergangene Woche erschienenen Bericht der US-Zeitung Washington Post heißt es dazu:
Nach Schätzungen US-amerikanischer und europäischer Vertreter sind seit Beginn der russischen Invasion Anfang letzten Jahres bis zu 120.000 ukrainische Soldaten getötet oder verwundet worden, verglichen mit etwa 200.000 auf russischer Seite, wo man über ein viel größeres Militär und etwa die dreifache Bevölkerungszahl verfügt, aus der Wehrpflichtige rekrutiert werden können. Die Ukraine hält ihre laufenden Opferzahlen geheim, selbst vor ihren treuesten westlichen Unterstützern.
Washington Post
Der Washington Post-Artikel benennt ein Problem, das auch Michel Goya in seiner Analyse herausstellt: der offensichtlicher werdende Mangel an gut ausgebildeten Soldaten. Allerdings bereiten die Verluste und der Einsatz unausgebildeter oder schlecht ausgebildeter Soldaten in Goyas Sicht der russischen Armee mehr Probleme, da der politische Druck auf den Angreifer höher sei und die Kampfmoral schlechter. Die von der Führung verlangte Schnelligkeit mache der russischen Armee zu schaffen. Dort würden Kämpfer ohne große Ausbildung an die Front geworfen.
Auch in der Washington Post heißt es, dass die Lage, was ausgebildete Soldaten betrifft, für Russland schlimmer sein könnte. Die Zeitungsreporter zitieren allerdings auch einen ukrainischen Bataillonskommandeur, der beklagt "Es gibt nur wenige Soldaten mit Kampferfahrung (…) Leider sind sie alle schon tot oder verwundet."
Nachschubschwierigkeiten
Nicht zu übersehen waren auch die Meldungen über Nachschubschwierigkeiten bei der Munition für die Ukraine, die in den letzten Wochen auch in deutschen Medien erschienen sind.
Nun zeigen sich, wie es ein aktueller Artikel der Springer-Publikation Politico beschreibt, die Militärplaner der Nato besorgt darüber, dass die Mitgliedsländer nicht genug Munition haben, weder für die Verteidigung der Ukraine noch für die Verteidigungsbereitschaft der Mitgliedsländer.
"Kann die Nato genug Waffen aufbringen, um seine Grenzen gegen Russland zu verteidigen?", lautet die aufmerksamkeitsheischende Frage im Artikel-Titel.
Die Sorge wird, wie ersichtlich, hoch angesetzt; die Militärplaner gehen davon aus, dass Russland zu "einem dauerhaften Problem für das westliche Bündnis werden könnte, da sich der russische Krieg in ein zweites Jahr hineinzieht".
Man fürchtet nach Informationen der Zeitung in der Nato um die Sicherheit der Nato-Staaten in der Nachbarschaft Russlands.
Die militärischen Führer werden in diesem Frühjahr aktualisierte regionale Verteidigungspläne vorlegen, die dazu beitragen sollen, die Art und Weise, wie das Bündnis seine eine Milliarde Bürger schützt, neu zu definieren.
Es geht um große Zahlen: Offizielle Stellen sprechen von bis zu 300.000 Nato-Streitkräften, die für die Umsetzung des neuen Modells benötigt werden. Das bedeutet viel Koordinierung und Überredungskunst.
"Ich denke, man braucht Streitkräfte, um einem Russland, wie es sich in der Wirklichkeit zeigt (im Original "a realistic Russia") entgegenzutreten", sagte ein hochrangiger NATO-Militärbeamter und betonte, dass man deutlich "mehr Truppen" und vor allem mehr Streitkräfte in "Bereitschaft" brauche.
Politico
Es gehe darum, die Anhäufung von Kriegsmaterial entlang der Ostgrenze des Bündnisses zu beschleunigen und" Zehntausende von Streitkräften benennen, die den Verbündeten kurzfristig zu Hilfe eilen können", heißt es im Artikel weiter.
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