Bergbaukatastrophe: "Nie wieder Brumhadino!"

Seite 3: Verfahren gegen den TÜV Süd

In München wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren und ein Zivilprozess für Entschädigungen geführt.

Auch in Brasilien sind Gerichtsprozesse anhängig, die Staatsanwaltschaft wirft dem TÜV Süd vor, wider besseres Wissen vor allem seine wirtschaftlichen Interessen verfolgt zu haben. Zum Bergbaukonzern Vale habe ein "kriminelles Verhältnis" bestanden, bestimmt von "Druck, Absprachen, Belohnungen und Interessenkonflikten". Die Anklageschrift umfasst 460 Seiten.

Solche Verfahren dauern allerdings erfahrungsgemäß in Brasilien sehr lange und versanden oft letztlich nach Jahrzehnten oder werden eingestellt.

Rechtsanwältin Bruna Ficklscherer von der Kanzlei PGMBM (rechts) mit Künstlerin Thaís Paiva Machado. Foto: A. Naica-Loebell

Den drei Künstlerinnen ist der vertiefte Einblick in den Prozess gegen den TÜV Süd sehr wichtig, deswegen luden sie zur Eröffnung ihrer Ausstellung eine Anwältin der internationalen Kanzlei PGMBM ein, die zusammen mit der Kanzlei Manner Spangenberg seit Herbst 2019 vor dem Landgericht München die Gemeinde Brumhadino und viele Opfer gegen den TÜV Süd vertreten.

Die in London lebende brasilianische Rechtsanwältin Bruna Ficklscherer berichtete im Ebenböckhaus, dass strukturelle Probleme am Rückhaltebeckens der Mine in Brumhadino bereits seit Jahren bekannt waren. Kontrollsysteme waren beschädigt, Abflussrohre verstopft, Wasser sickerte überall hervor, der Druck durch den Schlick aus verflüssigtem Abraum auf den Damm war sehr groß.

Staatsanwälte in Brasilien fanden heraus, dass der TÜV Süd bei seiner Zertifizierung nicht seine üblichen internationalen Sicherheitsstandards ansetzte, sondern deutliche niedrigere, lokale "Anpassungen an den Markt".

Bruna Ficklscherer findet klare Worte:

Das deutsche Unternehmen TÜV Süd zertifizierte einige Monate vor dem Bersten die Sicherheit des Brumhadino-Damms, und ließ damit den Betrieb des Rückhaltebeckens zu, obwohl sie von der Instabilität des Damms wussten. Das Damm-Desaster war eine Mischung aus betrieblicher Korruption und vorsätzliche Handlungen oder Unterlassungen, die direkt zum Tod von 272 Menschen und zur Zerstörung von Gemeinden, Familien, Lebensgrundlagen und der Umwelt führten.

Bruna Ficklscherer

Vor Gericht

Seit 2019 wird nun vor Gericht verhandelt. 2020 lehnte der TÜV Süd eine vom Gericht vorgeschlagene Schlichtung ab. Im September 2021 fanden die ersten Prozesstage statt. Im Februar dieses Jahres wurden dann mehr als 1.100 neue Kläger zugelassen, damit erreicht der geforderte Schadensersatz für die humanitäre und ökologische Katastrophe nun eine Höhe von mehr als 400 Millionen Euro.

Nun stehen juristische Stellungsnahmen des TÜV Süd an, die in zwei Schritten Mitte Juli und im September vorgelegt werden sollen. Die Kläger hoffen auf ein Urteil noch in diesem Jahr.

Bruna Ficklscherer ist zuversichtlich:

Mit dieser Klage in Deutschland wollen wir zunächst erreichen, dass die betroffenen Menschen eine faire Entschädigung und Gerechtigkeit erhalten. Indem wir das Unternehmen für sein Fehlverhalten zur Rechenschaft ziehen, weisen wir Regierungen und verantwortlichen Stellen auf die Notwendigkeit strengerer Vorschriften hin, auf die Notwendigkeit der Rechenschaftspflicht sowie die Notwendigkeit, Leben über Gewinne zu stellen.

Wir wollen sicherstellen, dass internationale Sicherheitsstandards im Bergbau angewendet werden, auch wenn die Aktivitäten in Entwicklungsländern stattfinden. Die Zeiten, in denen Großkonzerne am anderen Ende der Welt machen, was sie wollen, und dabei die Auswirkungen ihres Handelns auf die Nachbarländer und lokale Gemeinden ignorieren, sollten nun vorbei sein. – Nie wieder Brumhadino!

Bruna Ficklscherer