Botschafter der Angst – The Manchurian Candidate

Filmische Paranoia im Kalten Krieg und heute

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Der Film “The Manchurian Candidate“ von 1962 wurde nach der Ermordung John F. Kennedys auf Wunsch von Frank Sinatra über 25 Jahre unter Verschluss gehalten. 2004 gab es ein Remake und auch das Original ist inzwischen wieder verfügbar – auf DVD und im Rahmen eines Arte-Themenabendes auch im Fernsehen.

George Axelrod und John Frankenheimer waren eigentlich als Autor und Regisseur des berühmten Films „Frühstück bei Tiffany“ vorgesehen. Doch John Frankenheimer zog sich nach drei Monaten aus dem Projekt zurück. Offensichtlich hatte George Axelrod aber noch nicht genug von ihm, denn er fragte Frankenheimer kurz darauf, ob er mit ihm den Bestseller „Botschafter der Angst“ von Richard Condon von 1959 verfilmen wolle. Obwohl bis dahin bereits alle Filmstudios in Hollywood das Thema abgelehnt hatten.

Filmplakat (Alle Bilder: Arte France / MGM)

“The Manchurian Candidate“ – deutscher Filmtitel „Botschafter der Angst“ – wurde ein erfolgreicher Politthriller, der erste Hollywoods, der auf satirische Weise den Kalten Krieg und die McCarthy-Ära aufs Korn nahm. Sowohl die konservativen Kräfte als auch die Kommunisten waren empört. Doch sah er die hohe Zahl politischer Morde der nächsten Jahre voraus. Als ein Jahr später John F. Kennedy erschossen wurde, bewirkte Frank Sinatra, dass der Film aus moralischen Gründen nicht mehr gezeigt werden durfte – bis 1987.

Der Infanteriesoldat Raymond Shaw (Laurence Harvey) gerät während des Koreakrieges mit seiner gesamten Einheit in Gefangenschaft und wird einer Gehirnwäsche unterzogen. Nach seiner Freilassung ist er ein willenloser Roboter im Dienste kommunistischer Agenten, die das Staatssystem der USA zerstören wollen.

Shaw kehrt zusammen mit seinem Vorgesetzten Major Bennett Marco (Frank Sinatra) in die Vereinigten Staaten zurück und arbeitet dort nun als Journalist. Doch sein früherer Vorgesetzter in der Armee findet Shaws Verhalten suspekt und will mehr über seinen ehemaligen Schützling wissen. Als er erfährt, dass Shaws Mutter in zweiter Ehe einen antikommunistischen Senator geheiratet hat, der für die Präsidentschaftswahlen kandidiert, begreift Marco die von Shaw ausgehende Gefahr. Doch es kommt zu einer Katastrophe.

Ganz darauf bedacht, dem Zuschauer die komplizierte Handlung verständlich zu machen, drehte Regisseur John Frankenheimer erklärtermaßen "jede Szene mit einem Höchstmaß an Klarheit und Glaubwürdigkeit". Die geniale Kameraführung mit der neuartigen Verwendung von Weitwinkeleinstelungen und die raffinierten visuellen Allegorien stellen Frankenheimers meisterhafte Beherrschung des Mediums Kino unter Beweis. Angela Lansbury erhielt für ihre Rolle in "Botschafter der Angst" 1963 einen Golden Globe als beste Nachwuchsschauspielerin und wurde in dieser Kategorie auch für einen Oscar nominiert.

2004 wurde das Thema von Jonathan Demme mit Denzel Washington in der Rolle Sinatras noch einmal verfilmt, die Handlung allerdings vom Kalten Krieg in die Zeit nach dem Golfkrieg, in die Welt der Medien und skrupellosen Großkonzerne verlegt. Das Remake wurde auch hoch gelobt und ist inzwischen auf DVD erschienen.

Auch das Original von John Frankenheimer ist inzwischen auf DVD erschienen, wird jedoch im Rahmen eines Frank-Sinatra-Themenabends auf Arte TV gezeigt, gefolgt von dem Dokumentarfilm "Das Doppelleben des Frank Sinatra". Auf den Kommentar des Regisseurs und die Interviews mit Frank Sinatra, George Axelrod und John Frankenheimer der DVD muss man hier zwar verzichten. Ebenso ist die in einigen Szenen bei den Wortwechseln stark abweichende englische Originalfassung nicht bzw. bei der DVD nur über die Untertitel verfügbar. Dafür wird Frank Sinatra aber anschließend noch detaillierter und durchaus kritisch gewürdigt.

Sinatra war einer der größten Entertainer, die je gelebt haben. Er war cool wie kein anderer. Er war das erste Pop-Idol und der erste Sänger, der Massenhysterien auslöste. Er lebte den Rock 'n' Roll schon, als es ihn noch gar nicht gab, und verführte die hinreißendsten Frauen. 1963 erhielt er den Oskar für die beste Nebenrolle in "Verdammt für alle Ewigkeit". Sowohl demokratische als auch republikanische Präsidenten verehrten ihn. Er war zweifellos eine amerikanische Ikone.

Seine Karriere wurde allerdings durch seine Beziehungen zur Mafia gefördert, aber auch beinahe zerstört. Der Film deckt auf, dass Frank Sinatra den Mafiabossen näher stand, als bislang vermutet. Womöglich dachte die Mafia sogar ernsthaft über seine Ermordung nach, als es ihm nicht gelang, Präsident John F. Kennedy zu einer nachgiebigeren Haltung gegenüber dem organisierten Verbrechen zu bewegen.

Aber war ein so außergewöhnliches Talent wirklich auf die Mafia angewiesen? Sinatra tat alles, um die Presse zum Schweigen zu bringen. So hätte auch diese Geschichte zu seinen Lebzeiten nicht erzählt werden können. Das 90-minütige Special wurde in den USA, Kuba und Italien gedreht und beruht zum Teil auf einer in nächster Zeit erscheinenden ausführlichen Biografie Frank Sinatras.

(Bild: Arte France / Sands Hotel, Las Vegas / BBC)

In der den Abend abschließenden Dokumentation „Die Könige von Las Vegas“ wird schließlich das Umfeld von Frank Sinatra beleuchtet, das „Rat Pack“. Fünf glorreiche Jahre lang gebärdete sich eine Handvoll von Hollywood-Stars um Frank Sinatra als "Bad Boys des Ruhms". Sie waren eine Art heimliche Herrscher über Amerika und nannten sich selbst "Rattenpack". Jeder von ihnen galt bereits als ein Star, doch zusammen waren Sammy Davis Jr., Dean Martin, Peter Lawford, Joey Bishop und Sinatra unschlagbar. Ob auf der Bühne, in den Bars von Las Vegas oder bei den Dreharbeiten zu Filmen wie Ocean's Eleven, "Rat Pack" wurde zu einem Synonym für alles, was im Amerika der 50er-Jahre gut, vor allem aber auch für das, was damals schlecht war.

Der Film zeigt die Gruppe in ihrer Glanzzeit, von Partys mit John F. Kennedy bis hin zu ihren Machenschaften mit der Mafia. In Interviews berichten Film- und Musikstars wie Angie Dickinson, Janet Leigh und Buddy Greco über Vergnügungen, Ruhm und Ausschweifungen in den Goldenen Jahren des "Rat Pack".

Arte TV Themenabend „Sinatra and friends“ , Sonntag 17. Juli 2005

Botschafter der Angst, Spielfilm von John Frankenheimer, Drehbuch: George Axelrod, USA 1962, 121 Min., 20.40 Uhr (Wiederholung 4. August 2005, 0.50)

Das Doppelleben des Frank Sinatra , Dokumentarfilm von Christopher Olgiati, Frankreich / Deutschland / Großbritannien 2005, 90 Min., Erstausstrahlung 22.45 Uhr

Die Könige von Las Vegas, Dokumentation von Steve Grandison, Großbritannien 2000, 50 Min., 00.15 Uhr