Israelischer Historiker kritisiert geplante Bundestagsresolution zu Antisemitismus

Moshe Zimmermann. Bild: Marvins21

Moshe Zimmermann übt Kritik an der geplanten Bundestagsresolution. Historiker sieht Differenzierungsbedarf. Seine Argumente könnten die Debatte beeinflussen.

Der israelische Historiker Moshe Zimmermann sieht den 7. Oktober, an dem vor einem Jahr ein Angriff der Hamas auf Israel stattfand, auch als Ausdruck einer Krise des politischen Zionismus in Israel. "Es war ein Schock. Es war ein Trauma. Es war ein Massaker", sagte Zimmermann im Deutschlandfunk.

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Er stellt die Frage, ob nicht nur Militär und Politik, sondern auch "die Idee irgendwie versagt" habe. Der Zionismus habe sein Versprechen nicht eingehalten, Juden in Israel mehr Sicherheit als in der Diaspora zu ermöglichen.

Zionismus heute nationalistisch und auf Kampf gegen Araber ausgerichtet

Laut Zimmermann ist der Zionismus in der Gegenwart "eine sehr nationalistische, nationale Bewegung, nicht eine liberale Nationalbewegung". Er sei auf Kampf gegen die Araber, mindestens gegen die Palästinenser eingestellt. Das entspreche aber nicht der ursprünglichen Vorstellung des Zionismus.

Im Zuge des aktuellen Konfliktes stehen immer wieder auch radikale israelische Siedler im Visier. Die Siedler beanspruchen unter Berufung auf einen nationalen Zionismus die gesamte Region für Israel. Sie begründen diesen Anspruch mit religiösen Motiven und gegen oft gewaltsam gegen Angehörige anderer Religionen und Ethnien vor.

Die EU hat Sanktionen gegen einige dieser Akteure unter anderem wegen Folter, Erniedrigungen oder Verstößen gegen das Eigentumsrecht erlassen; ebenso wie die US-Regierung.

Gegenbewegung der Neuen Israelischen Historiker

In Israel gibt es unter anderem mit den "Neuen Israelischen Historikern" wie Benny Morris, Ilan Pappé, Avi Shlaim und Tom Segev – einige von ihnen Kinder von Holocaustopfern – allerdings auch eine Gegenbewegung. Sie fordern eine kritische Revision des politischen Zionismus und betonen die koloniale Gewalt durch den israelischen Staat.

Einige von ihnen treten für eine Ein-Staaten-Lösung ein, der allen Ethnien und Religionen Raum bietet. Zimmermann hingegen plädiert für eine Zwei-Staaten-Lösung.

Radikalisierung auf beiden Seiten

Der Historiker sieht den aktuellen Nahostkonflikt als Ergebnis einer Radikalisierung sowohl auf palästinensischer als auch auf israelischer Seite. Nach dem Scheitern der Verträge von Oslo hätten "Hamas und andere Terroristen auf der palästinensischen Seite" sowie "Siedler und rechtsgerichtete Israelis" zum Scheitern des Friedensprozesses beigetragen.

Beide Seiten hätten Chancen verpasst, so Zimmermann. Als Beispiel nannte er die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin durch einen rechtsgerichteten Israeli.

Kritik an Plänen für Bundestagsresolution gegen Antisemitismus

Zimmermann kritisierte im Interview mit dem Deutschlandfunk auch Pläne für eine Resolution des Deutschen Bundestages gegen Antisemitismus, über die seit knapp einem Jahr kontrovers diskutiert wird.

Die darin vorgesehene Definition des Antisemitismus berücksichtige nicht die Unterschiede zwischen antisemitischen Haltungen und Aussagen zur israelischen Politik. "Man muss hier sehr weit differenzieren", sagte der Historiker. Er plädiert dafür, dass sich die Politik nicht einmischt und man hellhörig für die Forschung zu dem Thema ist.