Dimona: Vom Prestigeprojekt zum Sicherheitsrisiko
![Kartenausschnitt mit dem Ort Dimona im Zentrum](https://heise.cloudimg.io/width/700/q75.png-lossy-75.webp-lossy-75.foil1/_www-heise-de_/imgs/18/4/7/6/3/6/5/7/shutterstock_1699780306-1f835496250637d0.jpeg)
(Bild: SevenMaps / Shutterstock.com)
Israels wichtigstes Atomkraftwerk Dimona altert. Der in den 1960er Jahren gebaute Reaktor sollte nur 40 Jahre laufen. Experten warnen vor wachsenden Sicherheitsrisiken.
Der Aufbau nuklearer Kapazitäten in Israel begann kurz nach der Staatsgründung mit französischer Hilfe im Jahr 1950 und führte zunächst zum Kernkraftwerk Dimona im Negev, das schließlich 1963 in Betrieb ging.
Die Lebensdauer wurde damals mit 40 Jahren angegeben. Der mit Beton ummantelte Metallkern altert durch die extreme Hitze und Strahlung, der er ständig ausgesetzt ist, stark.
Heute steht das Kraftwerk im „Nuclear Research Center Negev“ (NRCN) und ist nicht gegen Raketeneinschläge geschützt, da man dies zum Zeitpunkt des Baus nicht für wichtig hielt. Die zivile Nutzung der Kernenergie wurde mangels Interesses und Kapazitäten im Land nicht entwickelt.
Auch beim Bau des Forschungsreaktors Nahal-Soreq 1953 kam die Hilfe aus dem Ausland. Hier waren die USA am Bau beteiligt. 1967 wurde bekannt, dass Israel in Dimona genügend Plutonium für den Bau einer Atombombe produziert hatte. Nach dem Sechstagekrieg stellt Frankreich die Uranlieferungen an die Anlage in Dimona ein. Südafrika und Israel beginnen daraufhin eine jahrzehntelange nukleare Zusammenarbeit.
Der 1954 in Marrakesch geborene und 1963 mit seinen Eltern nach Israel eingewanderte Mordechai Vanunu arbeitete als Techniker im Atomkraftwerk bei Dimona und hatte der britischen Zeitung „The Sunday Times“ Details über das Atomprogramm der israelischen Regierung zugespielt. 1986 wurde er in Rom von Angehörigen des Geheimdienstes Mossad entführt und zu 18 Jahren Haft verurteilt.
Mögliche iranische Kernwaffenproduktionsstätten sind mit Waffen nicht brechen
Während Israel im Jahre 2007 mit seiner Luftwaffe noch den Neubau des Kernkraftwerks Al-Kibar am Euphrat, auch bekannt als Deir al-Sor 450 Kilometer nordöstlich von Damaskus zerstören konnte, stand die Stadt 2018 im Zentrum eines US-amerikanischen Angriffs, der nur deswegen knapp an einer direkten Konfrontation mit russischen Einheiten vorbeiging, weil die russische Seite nicht reagiert hatte.
Lange Zeit kämpften in der Region um Deir al-Sor, das zeitweilig vom IS erobert war, die mit den USA verbündeten, kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDK) gegen Damaskus. Unweit von Deir al-Sor in der Nähe der größten Ölreserven Syriens befindet sich im Al-Omar-Feld der größte der 24 US-Stützpunkte in Syrien. Ob die Türkei sich damit abfindet, dass kurdische Truppen Deir al-Sor beherrschen, ist derzeit noch nicht absehbar.
Dass der Reaktor Al-Kibar für die Produktion von waffenfähigem Plutonium vorgesehen war, scheint nur durch Informationen von CIA und Mossad belegt. Er soll auf einer Zusammenarbeit mit den vom Westen schon damals sanktionierten Staaten Iran und Nordkorea basiert haben.
Israel hatte vor dem Reaktor in Syrien schon im Juni 1981 im irakischen Osirak einen mit französischer Hilfe im Bau befindlichen Atomreaktor zerstört. Da ist es nicht verwunderlich, dass der Iran seine nukleare Anreicherungsanlage bei Fordo in ein unterirdisches Felsmassiv gelegt, das schon aus rein physikalischen Gründen mit bunkerbrechenden Waffen nicht zu knacken ist, weil die Energie der Bombe in Wärme umgewandelt ist, bevor sie die Anreicherungsanlage erreicht hat.
Im Iran konnte Israel daher gegen die Atomanlagen nicht erfolgreich militärisch vorgehen und musste sich darauf beschränken, einerseits mit Hilfe des Computerwurms Stuxnet die Anreicherungsanlagen auszubremsen und andererseits hochrangige Wissenschaftler des Landes zu liquidieren.
Trump fordert Israel auf, die iranischen Atomanlagen zu bombardieren
Joe Biden betonte, dass Israel das Recht habe, sich zu verteidigen, merkte aber auch an: „Die Israelis müssen viel vorsichtiger sein, was den Umgang mit zivilen Opfern angeht.“ Donald Trump hat sich laut Medienberichten für einen israelischen Angriff auf iranische Atomanlagen ausgesprochen. In der hieß es dazu:
Als US-Präsident Joe Biden diesbezüglich gefragt worden sei, hätte "seine Antwort sein sollen: Zielt zuerst auf die Atomanlagen und macht euch über den Rest später Gedanken", sagte der Republikaner bei einer Wahlkampfveranstaltung in Fayetteville im US-Bundesstaat North Carolina. Er bezog sich damit auf eine Antwort Bidens zur Möglichkeit eines israelischen Angriffs auf die nuklearen Einrichtungen im Iran.
Was Israel im Zusammenhang mit dem Thema Kernkraft im Iran bombardieren könnte, wären das derzeit einzige zivile Kernkraftwerk im Land in Bushehr, das 2013 ans Netz ging. Es war ursprünglich ein Projekt der deutschen Kraftwerk Union, wurde dann nach dem Ende der Shah-Herrschaft von Russland fertiggestellt. Derzeit sind vier neue Kernkraftwerke ebenfalls im Süden des Landes in Vorbereitung.
Die im Iran bestehenden Rüstungsanlagen sind zumeist an gehärteten Standorten untergebracht, die sich zwar angreifen, aber kaum zerstören lassen. Daher ist derzeit eine Bombardierung der Raketenfertigung im Iran in der Diskussion, die sich in jüngster Zeit verdreifacht haben soll, zwar möglich, aber langfristig wenig Erfolg versprechend.
Möglicherweise will Israel, wie der Angriff auf die Villa von Maher Al-Assad, dem Bruder des ehemaligen syrischen Präsidenten, in einem Vorort von Damaskus am Sonntag, dem 29. September, zeigt, jetzt weitere Verbündete des Irans ausschalten, die weniger geschützt sind.
Was schon lange fehlt, ist ein israelischer Plan für eine Zeit nach dem Krieg, der zumindest große Teile der Bevölkerung hinter der Regierung versammelt. Die militärischen Ambitionen Israels arbeiten ganz offensichtlich nicht an einer Auflösung des Konflikts, sondern streben lediglich einen Zeitgewinn an.
Der Staat am östlichen Rand des Mittelmeers scheint ohne äußere Bedrohung seinen Zusammenhalt zu verlieren, was die Entwicklungsperspektiven der Region nicht verbessert. Ohne massive wirtschaftliche Unterstützung aus dem Westen besteht die reale Gefahr, dass das Land kollabiert und nicht mehr in der Lage ist, seine Anlagen wie in Dimona aktiv zu schützen.