Warum deutsche Stromkonzerne nicht zur Atomkraft zurückwollen

500-Euro-Schein mit AKW-Kühltürmen als Motiv

Deutsche Politiker fordern die Rückkehr zur Atomenergie. Energiekonzerne wiegeln aber ab. Warum die Kernenergie für sie kein Geschäft mehr ist.

Die Frage der Finanzierung ist bei Forderungen aus der Politik wie üblich vergleichsweise schnell gelöst. Nur den Steuerzahler kann man zu derartigen Abenteuern zwingen, wenn die Mehrheit die entsprechenden Parteien ankreuzt.

Und da schauen derzeit viele auf die Vorgaben der AfD, die schon seit Monaten mit einer Rückkehr zur Kernkraftnutzung durch die Lande zieht und schließen sich diesen Vorstellungen an, auch wenn der energiewirtschaftliche Sachverstand gegen eine solche Renaissance der Kernkraft spricht.

Deutlich schwieriger auf einem Rückweg in die Kernkraftnutzung dürfte die Beschaffung und Ausbildung der benötigten Fachkräfte werden. Die Mehrheit der ehemaligen Beschäftigten dürfte heute das Rentenalter erreicht haben oder in eine andere Branche gewechselt sein. Beim überall beklagten Fachkräftemangel ist eine Beschäftigung in einem Kernkraftwerk mit ihren politischen Unsicherheiten wohl kaum die erste Wahl.

Für die Stromkonzerne scheint das Kernkraftabenteuer heute keinen wirtschaftlichen Reiz mehr zu bieten. Wenn man die Stromwirtschaft erneut in die Kernkraft locken wollte, müsste man einem Kraftwerksbetreiber einen hohen Garantiepreis bieten und ihn wie früher von allen Betriebsrisiken freistellen.

Um im Markt mit Strom aus einem Kernkraftwerk bestehen zu können, müsste man dem Stromhandel auf der anderen Seite einen staatlich garantierten Einkaufspreis bieten, welcher dauerhaft niedriger liegen müsste, als bei den Erneuerbaren oder Strom aus PV-Speichern, deren Preise sich derzeit im Sinkflug befinden. Zusätzlich zum Betriebsrisiko müsste der Steuerzahler auch das wirtschaftliche Risiko dauerhaft übernehmen.

Deutsche Energiewirtschaft sieht in Kernkraft keine Option

Laut Bundeskartellamt ist RWE unverändert der größte Stromerzeuger in Deutschland und liegt klar über der Vermutungsschwelle zur Marktbeherrschung. Um die Marktmacht der inländischen Stromerzeuger zu begrenzen, hält das Kartellamt Stromimporte für immer wichtiger.

Wenn der RWE-Chef Markus Krebber nun erklärt, dass er ein Atom-Comeback in Deutschland für sehr unwahrscheinlich halte, nimmt er Friedrich Merz ganz klar den Wind aus den Segeln. Da hilft es auch nur wenig, dass dieser Windkraftanlagen für hässlich hält und sie als Übergangstechnologie bezeichnet, bis sich Deutschland auf die Kernfusion verlassen könne. Die Kernfusion dürfe nicht China überlassen werden.

Die Hoffnung von Merz auf eine Reaktivierung der alten deutschen Kernkraftwerke hatte nur eine kurze Halbwertszeit, weil der Rückbau schon begonnen hat. Dafür prüft er jetzt, kleine, modulare Kraftwerke zusammen mit Frankreich zu bauen.

Aber auch in Brüssel suchen die europäischen Verfechter von Atomkraftwerken inzwischen schon ziemlich verzweifelt nach Verbündeten. Da hilft es wenig, wenn die europäischen Kernkraftbefürworter jetzt der EU vorwerfen, sie würde die Atomkraft diskriminieren.

RWE sieht seine Zukunft inzwischen bei den Erneuerbaren

RWE gehört weltweit zu den größten Anbietern von Erneuerbaren Energien und will eine Schlüsselrolle bei der Energiewende einnehmen. Das Unternehmen treibt den Ausbau der Erneuerbaren Energien in mehr als 20 Ländern auf fünf Kontinenten voran und nähert sich damit einem großen Ziel: 2040 klimaneutral zu sein. Deutschland bietet dabei besonderes Wachstumspotenzial. Denn Deutschland gilt als einziges Industrieland, in dem Kohle und Kernenergie sehr schnell zu ersetzen sind.

RWE

Der Essener Versorger macht inzwischen einen Großteil seines Geschäfts mit erneuerbaren Energien und investierte zuletzt acht Milliarden Euro in diesen Bereich und schließt einen früheren Ausstieg aus der Braunkohle inzwischen auch nicht mehr aus. Die Kosten für den ehemals so billigen Braunkohlestrom sind inzwischen gegenüber den Erneuerbaren nicht mehr wettbewerbsfähig.

Mit dem erklärten Fokus auf den Erneuerbaren macht eine Rückkehr zur Kernkraft nicht wirklich Sinn.

Kernkraft hat hohe Investitionskosten und lässt sich nur schwer in Kombination mit Erneuerbaren in der Praxis einsetzen, weil Kernkraftwerke wirtschaftlich nur dann Sinn machen könnten, wenn sie wie ehedem vorrangig betrieben werden könnten. Die Investitionen in Erneuerbare, die preiswerteren Strom liefern als die Fossilen, würden dann entwertet.

Als Möglichkeit, Dunkelflauten zu vermeiden, sind Kernkraftwerke denkbar schlecht geeignet. Hier sind Speicher, die zudem immer preiswerter werden, die deutlich bessere Lösung.

Schon heute übersteigt die Kapazität aller privaten PV-Speicher die der Speicherkraftwerke der öffentlichen Stromversorgung. Die Energiewirtschaft leidet bei den Speichern bis heute unter der Politik, der es bislang nicht gelungen ist, Speicher bei den Abgaben nicht gleichzeitig als Stromverbraucher und als Stromerzeuger zu betrachten.

Die benötigten Speicher sind somit noch immer eine Herausforderung an die Politik und kein technisches oder allgemein wirtschaftliches Problem. Die Betriebsrisiken von Speichern liegen auch ganz offensichtlich niedriger als die von Kernkraftwerken, für deren Risiken kein gewerblicher Versicherer, sei er noch so groß, sein Gewicht in den Ring werfen wollte.