Bundesgericht: Freiheitsentzug für Maskenverweigerer rechtens
Wiederholt landen Streitfragen zur Coronapandemie vor Gericht, weil politische Akteure bei der Aushandlung von Positionen versagen
Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag den Unterbindungsgewahrsam gegen einen Maskenverweigerer für rechtens erklärt. Das Gericht verwarf die Rechtsbeschwerde eines Mannes, der im Dezember 2020 in Köln an einer Versammlung von Gegnern der staatlichen Maßnahmen zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus teilgenommen und sich geweigert hatte, einen Mund-Nasen-Schutz anzulegen. Die Pflicht zum Tragen war am Versammlungsort in der Kölner Altstadt angeordnet gewesen.
Nachdem der Mann sich mit massivem körperlichem Widerstand einer Identitätsfeststellung entziehen wollte, nahm ihn die Polizei in Gewahrsam. Das Amtsgericht hat dies für zulässig erklärt und die Fortdauer des Freiheitsentzugs für weitere zwei Stunden bis zum Ende der Versammlung angeordnet. Dagegen hatte der Mann Beschwerde erhoben, die in alle Instanzen zurückgewiesen wurden. Mit seiner Rechtsbeschwerde wollte sich der Betroffene bescheinigen lassen, dass er durch die Entscheidungen von Amts- und Landgericht in seinen Rechten verletzt worden sei.
Die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Freiheitsentzug begründete der Bundesgerichtshof wie folgt:
Das Landgericht hat die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Freiheitsentziehung als gegeben erachtet. Das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Bundesgerichtshof
Maskenpflicht verletzt kein Verfassungsgericht
Das Gericht betont auch, dass mit der Coronaschutzverordnung, die die Maskenpflicht begründete, kein Verfassungsrecht verletzt worden. Es bezieht sich dabei auf eine konkrete Gefährdung der Gesundheit, mit der die Maßnahmen begründet wurden.
Ziel der Coronaschutzverordnung und der Allgemeinverfügung war es, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Sowohl der damit angestrebte Lebens- und Gesundheitsschutz als auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sind überragend wichtige Gemeinwohlbelange und daher verfassungsrechtlich legitime Regelungszwecke. Die Annahme, es habe eine Gefahrenlage für Leben und Gesundheit sowie für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems bestanden, beruhte auf tragfähigen Erkenntnissen. Gleiches gilt für die Beurteilung, dass eine Mund-Nase-Bedeckung geeignet ist, die Verbreitung des Virus zu verhindern oder zu verlangsamen. Insoweit genügt angesichts der gegebenen Gefährdung überragend wichtiger verfassungsrechtlicher Güter bereits die Möglichkeit, durch die Regelung ihren Schutz zu erreichen
Aus der Begründung des Bundesgerichtshofs
Das Gericht erklärt, dass die Normen des Infektionsschutzgesetzes "hinreichend bestimmt sind" und die Eingriffe in die Grundrechte der Bürger rechtfertigen. Ein Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt liege nach der Lesart des Bundesgerichtshofs ebenfalls nicht vor. Auch die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme hält das Gericht für gegeben.
Die Entscheidung stimmt mit bisherigen Urteilen deutscher Gerichte überein. Da aktuell die Coronaschutz-Maßnahmen massiv zurückgefahren werden, scheinen solche Urteile nicht mehr so große Aufmerksamkeit zu bekommen, wie noch vor einigen Monaten.
Da niemand weiß, wie sich das Pandemiegeschehen entwickelt, könnten solche Maßnahmen allerdings durchaus wieder erfolgen. Der Bundesgerichtshof hat mit der Entscheidung deutlich gemacht, dass es keine rechtlichen Hürden gibt.
Juristische Auseinandersetzung um den Begriff "Corona-Leugner"
Daneben beschäftigten auch andere Aspekte der Pandemie-Zeit die Gerichte. So klagt ein Redakteur der konservativen Welt gegen einen Bericht, in dem ihm vorgeworfen wurde, er verteidige in seinen Berichten Demonstrationen von Verschwörungsideologen.
Verschiedene Protagonisten der Bewegung der Maßnahmen-Kritiker wehren sich juristisch dagegen, als Corona-Leugner bezeichnet zu werden. Nachdem ein Gericht in ihrem Sinne entschieden hat, wird in diesen Kreisen nun zu weiteren Klagen aufgerufen.
Der Hintergrund: >Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat die Bezeichnung "Corona-Leugner" als Tatsachenbehauptung klassifiziert. Damit können so Bezeichnete sich auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen und klagen.
Tatsächlich kann man kritisch anmerken, dass in den letzten zwei Jahren mit dem Begriff "Corona-Leugner" sehr freigiebig umgegangen wurde. Das bestätigt auch Würzburger Anwalt Chan-jo Jun, der sich seit 2020 mit juristischen Fragen rund um die Coronapolitik befasst.
Er wird in dem taz-Artikel so kritisiert: "Ein bisschen was muss man in der Hand haben, um jemand als 'Corona-Leugner' zu bezeichnen. (…) Aber die Anforderungen sind extrem niedrig. Es könnte schon reichen, 'Pandemie' in Anführungszeichen zu setzen. Oder eine Abweichung von der wissenschaftlichen Tatsachenbasis hinsichtlich der Gefahren." Die Existenz des Virus müsse nicht in Gänze bestritten werden, um als "Corona-Leugner" zu gelten – es gehe auch um die Relativierung.
Da wäre tatsächlich eine Diskussion darüber notwendig, welchen Sinn eine solche Inflationierung des Begriffs hat. Doch weil politische Akteure wenig diskussionsbereit sind, landen diese eigentlich auch politischen Auseinandersetzung vor Gericht. Das ist das eigentliche Problem.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.