Bundeswehr soll im Home-Office bleiben
Außerdem will die neue Wehrbeauftragte Eva Högl den Afghanistaneinsatz "aufarbeiten", aber nicht die "politische Verantwortung" ermitteln lassen
Heute Mittag stellte Eva Högl, die seit Mai 2020 Wehrbeauftragte der Bundesrepublik Deutschland ist, ihren ersten Jahresbericht vor. Diese Vorstellung unterschied sich in ihren Teilen zum Zustand von Ausrüstung und Material nicht sehr von jenen, die ihr Vorgänger Hans-Peter Bartels in den letzten Jahren abgeliefert hatte. Einer der in der Pressekonferenz anwesenden Journalisten fasste das mit der rhetorischen Frage zusammen: "Jährliches Wehklagen der Wehrbeauftragten, Ablage P wie Papierkorb?"
"Komfortabler ausgestatteter" Verteidigungshaushalts
Högl meinte dazu, sie erwarte, dass es nun auch aufgrund des "komfortabler ausgestatteteren" Verteidigungshaushalts doch einmal Fortschritte gebe. Auf die Verantwortung für die im letzten Jahrzehnt ausgebliebenen Fortschritte ging sie nicht ein. Auch Fragen dazu blieben aus. Vielleicht auch deshalb, weil man die Antwort darauf auf beiden Seiten der Kameras und Mikrofone als feststehend erachtet (vgl. Sehr, sehr bedingt abwehrbereit).
Beim Afghanistan-Einsatz, den Högl nach 20 Jahren Dauer "aufarbeiten" lassen will, soll die "politische Verantwortung" dafür nicht Teil dieser Aufarbeitung werden. Hier unterscheidet sich das Vorhaben ihren Worten nach von der Chilcot-Kommission, die die britische Beteiligung am Irakkrieg aufgearbeitet hat. Diese Untersuchungskommission kam zum Ergebnis, dass dem damaligen sozialdemokratischen Premierminister Anthony Blair eine Hauptlast an der Beteiligung trifft, die er unter heute als unzutreffend enttarnten Behauptungen durchsetzte (vgl. Chilcot-Bericht setzt Blair unter Druck). Statt um diese Verantwortung soll es der SPD-Politikerin zufolge unter anderem darum gehen, was man in Afghanistan "erreicht hat" und was man bei zukünftigen Auslandseinsätzen "besser machen könnte".
"Auf Erfolge hinweisen"
Überhaupt, so Högl, wolle sie als Wehrbeauftragte in ihren Jahresberichten nicht nur auf Mängel, sondern auch auf Erfolge hinweisen. Ein "großer Erfolg" sei es zum Beispiel, dass die "Einsatzbereitschaft" der Bundeswehr trotz der Corona-Pandemie "aufrechterhalten" wurde und dass man in den Einsatzgebieten niemanden mit Sars-CoV-2-Viren angesteckt habe. Außerdem habe sich in der Coronakrise gezeigt, was in Sachen Digitalisierung bei der Bundeswehr alles möglich sei. Das sehe man an den zahlreichen Soldaten, die ihre Arbeit nun vom Home Office aus erledigen. Solche Verlagerungen wolle sie auch für die Zeit nach der Pandemie erhalten.
Auf Reportereinwände dazu, dass diese Verlagerung in sehr unterschiedlichem Ausmaß stattfand und es Soldaten gibt, die darüber klagen, jede Woche quer durch die Bundesrepublik fahren zu müssen, nur um mit 30 anderen Bundeswehrangehörigen in engen Räumen an Schreibtischen und Bildschirmen zu sitzen, meinte Högl, sie sei zwar "ein großer Fan von Vereinheitlichung", aber was bei der Bundeswehr in Sachen Home Office möglich ist, und was nicht, könnten letztlich nur die Führungskräfte vor Ort entscheiden. Höheren Ebenen würden hierzu die Informationen fehlen. Was man auf der Ebene des Gesetzgebers verbessern könne, das seien die unnötig bürokratisch aufgeblähten Vergabeverfahren, die viel zu lange dauerten.
Militärkapellen in Altersheimen sollen vor "Einsamkeit" schützen
Ein weiterer Erfolg ist Högls Ansicht nach die durch Artikel 35 des Grundgesetzes mögliche Coronakrisen-Amtshilfe der Bundeswehr. In diesem Zusammenhang erwähnte sie nicht nur die Unterstützung der Truppe beim eher schleppend laufenden Impfen (vgl. Corona-Impfdesaster: Es liegt nicht nur am Mangel), sondern auch die Hilfe bei der Verfolgung der Kontakte von Angesteckten und die Auftritte von Militärkapellen in Altersheimen, die vor "Einsamkeit" schützen sollen.
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