CDU: Last Exit Merz

Friedrich Merz: Was kann er noch retten – und wer ihn? Bild: Olaf Kosinsky (kosinsky.eu), CC BY-SA 3.0-de

Klare Kante war gestern. Der neue CDU-Vorsitzende will und muss es allen rechtmachen. Es droht nichts weniger als ein historischer Absturz

Die 94,6 Prozent auf dem digitalen CDU-Parteitag für den neuen Vorsitzenden Friedrich Merz widerspiegeln die verzweifelte Hoffnung: Die abgestürzte und zerstrittene Partei soll endlich wieder zu alter Stärke zurückfinden! Doch die schönen guten alten Zeiten für "Volks"-Parteien – und schon gar für solche mit "christlicher" Tünche - sind im kapitalistischen Westen längst vorbei. Aber vor allem in Deutschland hat es noch nicht jeder und auch nicht jede gemerkt.

Gnadenloser Opportunismus

Merz, der für viele naive Vorgestrige ebenso wie für knallharte Unternehmer-Lobbyisten den Traum von der "harten Kante" und der "klaren Sprache" verkörpert – er erwies sich auf seinem Weg zum Vorsitzenden als gnadenloser Opportunist.

Seine langjährige "harte Kante" als in der Wolle gefärbter "Konservativer" warf er in den letzten beiden Jahren immer schneller über Bord. Er fraß Kreide ohne Ende. Zuerst trat er von seinem hoch bezahlten Posten als Vorsitzender des Aufsichtsrates der BlackRock Deutschland AG zurück. Er benannte dann neu ein Team, und zwar mit zwei jungen Leuten, die nicht aus "der Wirtschaft" kommen, sondern mit zwei Schwerpunkten, die ihm bisher fremd waren: Soziales und Kommunales. Sie sind jetzt die beiden CDU-Generalsekretäre.

Früher vertrat Merz die christlich-konservative Kritik an den Schwulen, jetzt macht er das Gegenteil. Früher forderte er: 132 Euro monatlich für Arbeitslose reichen! Jetzt gibt er sich nach der Wahl als "Anwalt der Schwachen". Das Präsidium wurde jünger und weiblicher, auch der Bundesvorstand, und da sitzen nun auch mehr Ostdeutsche, und ein Schwarzer gehört auch dazu.

An einem malerischen bayerischen See traf er den CSU-Chef Söder und hatte sich dafür zur Ausräumung der Unterschiede erstmalig ein Trachtenjopperl übergezogen. Merz eierte nach seiner Wahl freudig herum, zeigt sich gerührt, aber die so nachhaltig versprochene "klare Kante" fehlt. Irgendwann später solle eine Kommission mal ein neues Grundsatzprogramm vorlegen.

Seit 1990 und mit Merkel: schrittweiser Absturz

Die opportunistische Suche nach neuen Themen, Wählergruppen und unterstützenden Milieus ist ein hastiges Gestocher am Ende eines lang verleugneten Absturzes. Im Jahr der Übernahme der DDR 1990 hatte die CDU 789.609 Mitglieder, auch im Osten waren doch einige dazugekommen, in der ersten Begeisterung.

Doch diese Begeisterung schwand im Osten noch mehr als im Westen, denn im Osten ging der wirtschaftliche und soziale Kahlschlag mit Merkel noch heftiger weiter.

Als die CDU-Vorsitzende Merkel 2005 als Kanzlerin antrat, hatte die CDU schon 200.000 Mitglieder verloren, es waren noch 571.881. Und am Ende der langen "erfolgreichen" Merkel-Kanzlerschaft und ihres fast ebenso langen CDU-Vorsitzes waren es noch mal 200.000 weniger Mitglieder, 384.204 im Jahre 2021, mit Altersdurchschnitt 60,8.

In diesen drei Jahrzehnten gab es nie auch nur den minimalsten Ausschlag nach oben – es ging immer nur abwärts. Nur die extreme mediale Inszenierung der Merkel als Mutti der Nation hielt die Fiktion des Erfolges aufrecht – so geht fake production.