CIA versus Überwachung
US-Geheimdienste und Foltervorwürfe: Jetzt wacht auch die Vorsitzende des Ausschusses für die Überwachung der Dienste, Senatorin Feinstein, auf und beklagt Verfassungsbruch
"Das hier ist verbotenes Land" - dass sich die CIA nicht in ihre Karten schauen lässt, ist bekannt. Schon gar nicht, wenn es um Berichte geht, die offenlegen, mit welchen Methoden die Agency in polnischen Folterkellern Geständnisse erzwungen hat.
Der US-Senatsausschuss zur Überwachung der Geheimdienste hat sich bislang nicht dadurch hervorgetan, die Umlaufbahnen der Geheimdienste zu stören. Dessen Vorsitzende Dianne Feinstein war vor allem für unterstützende Worte bekannt. Jetzt protestiert sie. Sie nehme es nicht auf die leichte Schulter, mit welchen Methoden die CIA versucht habe, die Arbeit des Untersuchungsausschuss zu untergraben, sagte sie in einer Rede, in der sie der CIA Verfassungsbruch vorhält.
Im Mittelpunkt der Vorwürfe, die allesamt vom CIA-Chef John O. Brennan bestritten werden, steht ein Bericht über das sogenannte Detention-Program. Terrorverdächtige wurden in CIA-Gefängnisse außerhalb der USA verbracht, wo sie unter Umgehung rechtsstaatlicher Vorgaben auf eine Weise behandelt wurden, die Dianne Feinstein und ihre Mitarbeiter schockiert haben. Das Programm datiert aus der Präsidentschaft George W. Bushs. Obama versprach im Wahlkampf 2008, dass er diese Methoden beenden würde. Ob er dieses Versprechen eingelöst hat, ist sehr strittig. Der zweite Teil des Versprechens bestand darin, dass Obama vollständige Aufklärung ankündigte, zumal Medien von verschwundenen Dokumenten berichtet hatten.
Der Auftrag für den Geheimdienstausschuss bestand nun darin, für die Aufklärung zu sorgen und Fragen zu beantworten: Was wurde im Rahmen des Detention-Programms tatsächlich gemacht? Bei der Durchführung stellten sich den Rechercheuren, die im Auftrag des Ausschusses ermittelten, einige Hindernisse in den Weg, die im Einzelnen in einem Bericht der New York Times dargestellt und in Feinsteins Rede ausführlich angesprochen werden.
CIA entfernt Dokumente
Zunächst stellte die CIA das Material nicht auf Computern des Ausschusses in Washington zur Verfügung, sondern auf CIA-Rechnern in Nord-Virginia: Millionen von Daten, die mühsam mit Hilfe einer Suchmaschine bearbeitet wurden. Man wurde fündig und gelangte an Material, das "thrilling" war, so Feinstein, was man nach ihren Andeutungen mit "erschreckend" übersetzen könnte. Doch eines Tages waren Daten verschwunden bzw. Zugänge versperrt.
After a series of meetings, I learned that on two occasions CIA personnel electronically removed committee access to CIA documents after providing them to the committee. This included roughly 870 documents or page of documents that were removed in February 2010; and secondly, roughly another 50 that were removed in mid-May 2010. This was done without the knowledge or approval of committee members or staff, and in violation of our written agreements. Further, this type of behavior would not have been possible had the CIA allowed the committee to conduct the review of documents here in the Senate. In short, this was the exact sort of CIA interference in our investigation that we sought to avoid at the outset.
Dianne Feinstein
Nach längerem Hin-und Her gestand die CIA ein, dass man im Namen des "Top Secret" einige Daten entfernt habe und entschuldigte sich gar. Überraschenderweise stießen die Rechercheure jedoch später wieder auf interne Berichte mit interessanten Einblicken, denen man den Sammelnamen "Panetta-Report" gab.
Einschüchterung der Aufklärer
Aus Erfahrung klug geworden, fertigten die Ausschussmitarbeiter Print-Kopien an und brachten sie in einen Safe im Senat. Dagegen protestierte die CIA-Führung vehement - und drohte damit, die Sache vors Justizministerium zu bringen, um die Mitarbeiter wegen Verstoßes gegen Geheimhaltungsvorschriften zu belangen.
Bemerkenswert ist, dass der CIA-Mann, der dieses laut New Yorkt Times veranlasst haben soll, "Mr. Eatinger", einer der Schlüsselfiguren der Affäre von 2007 war, in der es darum ging, dass Videoaufzeichnungen über Verhöre zur Seite geschafft oder zerstört wurden.
Für Feinstein ist die Drohung, die Sache fürs Justizministerium zu bringen und die Mitarbeiter mit einer möglichen Klage wegen Verstoß gegen Geheimvorschriften zu konfrontieren, ein klarer Einschüchterungsversuch, zumal der Ausschuss mit der ausdrücklichen Unterstützung des Weißen Hauses in dieser Sache arbeitete. Nach Anfragen bestätigte das Weiße Haus die Einwilligung, die auch für den Panetta-Report gelte.
Welche Art der Aufsicht über Geheimdienste ist noch möglich?
Das Politikum, das hinter dem Streit zwischen Feinstein und der CIA steht, ist offensichtlich: Welche tatsächlichen Befugnisse haben die Aufsichtsbehörden gegenüber Geheimdiensten, die, wie dies in den letzten Monaten die Snowden-Enthüllungen noch weiter erhellt haben, sich einen immensen Macht-und Wirkungsbereich aufgebaut haben, der mit verfassungsmäßigen Grundlagen nicht mehr in Einklang zu bringen ist und sich als abgeschottete eigene Sphäre etabliert hat? Wer kann die Überwacher und daran angeschlossene Exekutivorgane, die aufgrund ihrer Verdachtsmomente handeln, noch kontrollieren? Wieviel Aufsicht über Geheimdienste ist noch möglich?
Für Feinstein ist die Angelegenheit rechtlich eindeutig. Der Kongress, in diesem Fall ein Ausschuss, der in seinem Auftrag handelt, hat ein von der Verfassung garantiertes und für ein demokratisches System vitales Recht auf Kontrolle. Wer dies unterwandere oder auszuhebeln versuche, begehe einen Verfassungsbruch.