China startet weltweit erstes 6G-Testnetzwerk

Versuchsraum für den 6G-Testbetrieb in Peking

Versuchsraum für den 6G-Testbetrieb in Peking

(Bild: Beijing University of Posts and Telecommunications)

6G könnte die Informationsübermittlung "grundlegend verändern". Deutschland plant Einführung bis 2030. Experten warnen vor weltweiter Fragmentierung des Markts.

China ist es offenbar erstmals gelungen, ein Testnetzwerk mit 6G-Übertragungstechnik zu starten. Ein Team der Beijing University of Posts and Telecommunication gab am 10. Juli den Abschluss eines erfolgreichen Feldtests des zukünftigen Mobilfunkstandards bekannt. Dabei sei die Leistung bei wichtigen Indikatoren wie Kapazität, Abdeckung und Effizienz "um das Zehnfache" gesteigert worden. Zugleich konnte demonstriert werden, dass Übertragungsmöglichkeiten von 6G bereits auf 4G und 5G-Technologien möglich sind.

Voraussetzung für Internet der Dinge und KI

Die 6G-Technologie, welche auf der aktuellen 5G-Technik aufbaut, verspricht nicht nur schnellere Datenübertragungsgeschwindigkeiten, sondern auch geringere Latenzzeiten und die Fähigkeit, eine große Anzahl von Geräten gleichzeitig zu handhaben – eine entscheidende Voraussetzung für das Internet der Dinge (IoT) und smarte Städte. Wie die Forscher schreiben, könnte die Technologie "das Potenzial haben, die Art und Weise, wie wir Informationen übermitteln und verarbeiten, grundlegend zu verändern".

Der Feldtest an der Pekinger Universität konzentrierte sich auf semantische Kommunikation, einem theoretischen Modell, das über die reine Datenübertragung hinausgeht. Anstatt ein Bild einer Katze zu übertragen, würde nur der Begriff "Katze" gesendet werden. Laut Zhang Ping, Professor an der Beijing University, ist die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in die Kommunikation entscheidend, um die Potenziale von 6G voll auszuschöpfen.

China will Vorreiter bleiben

Mit dem ersten 6G-Testnetz ist ein wichtiger Meilenstein erreicht, um wichtige Schlüsseltechnologien der sechsten Mobilfunkgeneration bereits in einem frühen Stadium gründlich zu erforschen und zu verifizieren. Noch ist die Technik nicht einheitlich standardisiert. China versucht deshalb – wie bereits bei 5G – Vorreiter bei der Gestaltung der Spezifikationen zu bleiben.

Im November 2019 gründete die Volksrepublik durch das Ministerium für Wissenschaft und Technologie eine Arbeitsgruppe für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu 6G. China plant, den 6G-Standard bis 2025 fertig zu entwickeln und den kommerziellen Betrieb im Jahr 2030 zu starten.

Das Interesse an der neuen Technologie ist weltweit groß. Auf der Berlin 6G Konferenz betonte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) im Juni die Bedeutung des neuen Übertragungsstandards und kündigte an, dass 6G voraussichtlich "gegen Ende dieses Jahrzehnts" in Deutschland eingeführt werden soll.

Experten warnen vor Fragmentierung des Mobilfunkmarkts

Während sich die Welt bei LTE (4G) und 5G auf einheitliche Standards verständigen konnte, könnte dies bei der Einführung von 6G erstmals anders laufen.

Die USA, Großbritannien, Australien, Kanada und Japan haben vergangenen Oktober die Gründung einer neuen Global Coalition on Telecommunications (GCOT) angekündigt, mit denen die "technologischen Lieferketten diversifiziert" und "offene Standards" gefördert werden sollen.

Im Kontext von Handelskrieg und Technologiesanktionen gegen chinesische Mobilfunkfirmen wie Huawei warnen Experten vor einer Zersplitterung des Marktes mit verschiedenen Standards unterschiedlicher Hersteller. Dies könne zu einem "großen Hindernis" für Mobilfunknetzbetreiber und Ausrüstungslieferanten werden.

Adrian Scrase, Leiter des Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen (ETS), stellte fest, dass im Telekommunikationsbereich "bestimmte Länder, Regionen und Unternehmen" im Mittelpunkt der weltweiten Spannungen stünden. Wenn diese "das Gefühl hätten, vom Spiel ausgeschlossen zu sein, würden sie wahrscheinlich ausbrechen und ihr eigenes Ding machen", sagte Scrase.