Christian Lindner scheitert mit Putschversuch gegen Scholz

Scholz, Lindner

Immer Vorsicht, wer im Rücken steht! Bild: Heide Pinkall / Shutterstock.com

Bundeskanzler Scholz hat Finanzminister Lindner entlassen. Der FDP-Chef forderte zuvor Neuwahlen und wollte de facto das Ruder übernehmen. Ein Kommentar.

Paukenschlag in Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner von der FDP entlassen und damit offenbar das Ende der Ampel-Koalition eingeläutet. Endlich, muss man hinzufügen. Denn diese Dreierkoalition wird als eine der schlechtesten Regierungen in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen.

Sie ist ein Haufen politischer Nichtskönner und eitler Fatzkes, mit schwacher Führung und noch schwächeren Ergebnissen. Man möchte es als höflicher Mensch netter formulieren, aber fast alle Kennzahlen dieser sogenannten Ampel-Koalition sprechen gegen sie.

Eskalation im Koalitionsausschuss

Der Konflikt soll nun bei einem Treffen des Koalitionsausschusses in Berlin eskaliert sein. Dort habe Lindner vom Kanzler Neuwahlen gefordert. Teilnehmer der Sitzung berichteten, Lindner strebe Neuwahlen für Anfang 2025 an und sei bereit, bis dahin eine geschäftsführende Regierung zu "tragen". Ein offener Angriff auf Kanzler Scholz, dem nichts anderes übrigblieb, als den neoliberalen Minister zu entlassen.

Vielleicht fehlte Scholz aber auch nur der Anlass. In der SPD-Fraktion war ein möglicher Koalitionsbruch mit Neuwahlen im kommenden Frühjahr schon seit Wochen Thema von Flurgesprächen. Dabei ging man noch davon aus, dass der Dissens in der Rentenfrage das Ende der Zusammenarbeit einläuten würde. Doch ob bei diesem oder einem anderen Thema: Beteiligten war klar, dass es so nicht weitergehen konnte.

Unterschiede und wirtschaftliche Herausforderungen

Als zentraler Streitpunkt zwischen den Koalitionspartnern gilt jetzt der Umgang mit dem Defizit im Haushalt 2025 und die Stärkung der angeschlagenen deutschen Wirtschaft.

Lindner habe betont, dass angesichts des Wahlsiegs von Donald Trump in den USA eine wirtschaftliche Wende in Deutschland noch dringlicher geworden sei. Ziel müsse es sein, "geordnet und in Würde" eine neue Regierung zu bilden. Wie soll man das anders interpretieren als einen Putschversuch von innen. Und zwar vom schwächsten Glied des Regierungsbündnisses. Chuzpe oder Größenwahn?

SPD beruft Krisensitzung ein

Als Reaktion auf die Entlassung Lindners und die damit verbundene Regierungskrise hat die SPD für 22.30 Uhr eine Fraktionssitzung einberufen. Vor der Sitzung wurde eine Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz angekündigt.

Nun also der große Bruch. Immerhin begleitet von ehrlichen Worten. Scholz: "Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden."

Trümmer von drei Jahren Ampel-Politik

Was bleibt, ist ein sozial- und wirtschaftspolitischer Trümmerhaufen. Die Zahl der armutsgefährdeten Menschen in Deutschland ist im Jahr 2023 auf 17,7 Millionen Menschen gestiegen, das entspricht 21,2 Prozent der Bevölkerung. Und das unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung.

Unzureichende Anpassung des Bürgergeldes

Die Erhöhung des Bürgergeldes um zwölf Prozent auf 563 Euro im Januar 2024 wird von Sozialverbänden und vor allem von Betroffenen immer wieder als unzureichend kritisiert, da sie die steigenden Lebenshaltungskosten nicht ausreichend ausgleicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält 813 Euro für angemessen. Dies führt zu wachsender Unzufriedenheit bei Arbeitnehmern und Leistungsempfängern.

Mit anderen Worten: Die sozialpolitischen Brosamen dieser Regierung wurden von außen- und parteipolitisch motivierten Irrwegen wie der forcierten Eskalation des russischen Krieges in der Ukraine und der Abkopplung von russischen Energielieferungen aufgefressen.

Tatsächlich waren Deutschland und vor allem die deutschen Wählerinnen und Wähler hier nie "bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen", wie die gescheiterte Kanzlerkandidatin der Grünen aus dem Jahr 2021, Annalena Baerbock, einst kühn behauptete.

Probleme bei Umsetzung der Kindergrundsicherung

Und so geht es weiter: Die für 2025 geplante Kindergrundsicherung, die nun wieder völlig offen ist, stößt auf Kritik wegen ihrer komplizierten Umsetzung und unklaren Finanzierung. Es bestehen Zweifel, ob sie Kinderarmut überhaupt wirksam bekämpfen kann.

Mangelnde Fortschritte bei der Rentenreform

Mit Blick auf das andere, größere Ende der Alterspyramide hat es die Regierung bisher versäumt, eine umfassende Rentenreform vorzulegen, um das System angesichts des demografischen Wandels zukunftsfähig zu machen.

Auch die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre verunsichert die Menschen, zumal die Debatte erst danach stattfand.

Steigende Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosenquote ist von 5,1 Prozent im November 2021 auf sechs Prozent im Oktober 2024 gestiegen. Dies deutet auf Schwierigkeiten bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze und der Integration von Arbeitssuchenden hin.

Das Schlimmste an der ganzen Situation ist nicht, dass drei verschiedene Parteien bei der Führung des Landes gescheitert sind. Das Schlimmste ist, dass ihre verantwortlichen Vertreter, ob sie nun Habeck, Baerbock oder Lindner heißen, sich immer noch für kompetente Politiker halten.

Wohin eine solch eklatant falsche Selbsteinschätzung führt, haben wir in der vergangenen Nacht in den USA gesehen.