Computerspiele-Museum Berlin geschlossen
Eine einzigartige Ausstellung verschwindet im Keller
Bis zum Jahresende konnte man in Berlin tatsächlich noch einen repräsentativen Querschnitt der Geschichte von Computer- und Videospielen bestaunen. Es war ein Computerspiel-Museum zum Anfassen und Ausprobieren, doch jetzt wurde die ständige Ausstellung geschlossen. Trotz weltweiter Anerkennung der Bemühungen, ein so wichtiges Museum aufzubauen, konnte sich der Berliner Senat auch nach dreijährigem Bestehen nicht durchringen, Mittel zum Erhalt zur Verfügung zu stellen.
So neu, wie die "Neuen Medien" manchmal umschrieben werden, sind sie inzwischen längst nicht mehr. Auch die Video- und Computerspiele haben einen langen Weg hinter sich, vom einfachen Klötzchen-Ping-Pong-Spiel bis zu den anspruchsvollen Spielen unserer Zeit.
Um dies zu dokumentieren, hat im Frühjahr 1997 das erste Computerspiel-Museum der Welt seine Pforten in Berlin geöffnet. Die ständige Ausstellung "30 Years of digital Gaming" zeigte wichtige Entwicklungsschritte und lieferte interessante Hintergrundinformationen. Doch das Computerspielmuseum war nie ein Ort von Ruhe und Besinnlichkeit, an dem man die wertvollen Ausstellungsstücke und zum Teil echten Raritäten nur hinter Glasvitrinen bestaunen durfte. Fünfzehn zeitgeschichtlich wichtige Spiele konnten sogar ausprobiert werden.
Einen besonderen Reiz übte das Museum auch wegen seiner umfassenden Ausstellungstücke aus der DDR-Produktion aus. Besonders "Westdeutsche" kamen hier aus dem Staunen regelrecht nicht heraus. Unter anderem wurde das erste in der DDR produzierte Videospiel von 1980 gezeigt.
Viele weitere Software-Klassiker der Computerspielgeschichte befanden sich unter den Ausstellungsstücken. Manch einer mag sich beispielsweise noch an das Midi-Spiel "Midimaze" erinnern. Es war eines der ersten Midi-Netzspiele, in dem dicke runde Smileys in einem Labyrinth Jagd auf die gegnerischen Artgenossen machten und sie abschossen. Selbst Jugendeinrichtungen hielten das Spiel für pädagogisch wertvoll und luden die jugendlichen Atari ST-Besitzer zum gemeinsamen Spiel ein. Auch im Jahr 2001 finden sich immer noch spielbegeisterte Verrückte, die sich regelmäßig zu Midimaze-Sessions zusammenfinden.
Den Liebhabern von Textadventures war eine Sonderausstellung im Computerspielmuseum gewidmet. Eine besinnliche Rückerinnerung führte in die Kindertage des "wahren" Adventures. So wurde die Ausstellung geprägt von den ersten Textadventures bis zur heutigen Entwicklung. Einer der Schwerpunkte lag bei dem Spitzenreiter der Adventure-Produktion Infocom. Ähnlich wie heute DOOM einen Kultcharakter erlangte, sammelten echte Adventurefans alle Games von Infocom wie "Hitchhiker's Guide to the Galaxy". Das Computerspielmuseum konnte sogar einige Originalspiele aufweisen.
Initiiert und getragen war das Computerspiel-Museum bislang vom Förderverein für Jugend und Sozialarbeit e.V. (fjs) in Berlin, doch nach fast drei Jahren erfolgreicher Arbeit wurde das Museum am 11. Dezember 2000 geschlossen. Obwohl das Museum weltweite Anerkennung besaß und viele berühmte Persönlichkeiten (siehe u.a. Interview mit Nolan Bushnell, Erfinder von Pong und Atari-Gründer: Interview mit Nolan Bushnell, Erfinder von Pong und Atari-Gründer) aus der Zeitgeschichte des Computerspiels persönlich begrüßen durfte, fand sich keine Dauerfinanzierung für die Räumlichkeiten und die pädagogischen Mitarbeiter. Nicht ohne Stolz verweist Andreas Lange, der bisherige Leiter des einzigartigen Museums, auf die Zehntausende von Besuchern aus aller Welt. "Stolz sind wir auch auf den Anklang, den wir bei Schulklassen fanden. So dürfte es wohl kaum eine Schule in Berlin geben, deren Schüler nicht unser spezielles Angebot wahrgenommen haben."
Zwar habe man sich von Anfang an um eine Finanzierung durch den Berliner Senat bemüht, doch dort berief man sich auf die allgemeine Mittelknappheit. Bitter klingt es, wenn Lange schreibt: "Ohne ein klares Bekenntnis Berlins, uns in der Stadt halten zu wollen, war es uns auch nur im geringen Umfang möglich, Sponsoren aus der Wirtschaft zu gewinnen."
Dennoch will man nicht aufgeben und sich weiterhin auf die Suche nach Partnern und Förderern machen, um das Museum und die Dauerausstellung an einem festen Ort zugänglich zu machen. Ein kleiner Teil der Ausstellung wird im neuen Bildungszentrum des fjs in der Gubener Strasse 47 in Berlin Friedrichshain zu sehen sein. Ebenso wird man versuchen, die Arbeit in Form von Wanderausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und anderen Veranstaltungen fortzusetzen.
Andreas Lange verabschiedet sich standesgemäß: "Wir danken all unseren Besuchern und treuen Fans ganz herzlich für ihre Unterstützung und hoffen recht bald auf ein Wiedersehen im nächsten Level."