Deep-Fake-Fail: Ein Video, Olaf Scholz und eine gefährliche Wendung
Ein ernster Appell von Olaf Scholz? Nein, ein Video zum Verbot der AfD entpuppt sich als KI-generierte Inszenierung. Nutzt oder schadet das dem Kampf gegen rechts? Eine Polit- und Medienkritik.
"Ich wende mich heute an Sie, weil unser Land einer schweren Bedrohung ausgesetzt ist" – Mit diesem ernsten Satz richtet sich ein Mann an die Bevölkerung, der nicht nur wie Olaf Scholz aussieht, sondern auch dessen Stimme hat.
Es handelt sich jedoch um ein Video, das mithilfe Künstlicher Intelligenz vom Zentrum für Politische Schönheit erstellt wurde, um die Kampagne für ein Verbot der AfD zu unterstützen.
In dem Video erklärt das Scholz-Double, dass zum Jahrestag des Mords an dem CDU-Politiker Walter Lübke ein Verbotsantrag gestellt werden soll.
Diese neueste Aktion des Zentrums sorgte erwartungsgemäß für Widerspruch.
Ein Sprecher der Bundesregierung zeigte sich empört über diese Scholz-Imitation.
Es ist jedoch bereits länger bekannt, dass technische Möglichkeiten für solche KI-Imitationen existieren.
Autoritär und entpolitisierend
Bisher wurde weniger darüber diskutiert, ob die Aktion zumindest dem angestrebten Ziel, den Kampf gegen rechts, dienlich ist.
Das ist jedoch keineswegs der Fall. Vielmehr fördert die Aktion den Weg in eine autoritäre Staatlichkeit.
Dies zeigt sich bereits in der Präsentation des Bundeskanzlers, der mit ernster Miene vor den Gefahren warnt, die durch die AfD im Bundestag entstünden.
Der Höhepunkt dieser Staatsverherrlichung besteht darin, dass sich das KI-Scholz entschuldigt, die AfD so lange im Bundestag geduldet zu haben.
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Die Macher des Videos scheinen die Gewaltenteilung zu ignorieren. Man muss sich fragen, ob hier Anhänger von Putin oder Orbán am Skript beteiligt waren.
Denn in illiberalen Demokratien ist es normal, dass die Regierung entscheidet, welche Opposition sie dulden möchte.
Das Zentrum für Politische Schönheit, ein künstlerischer Arm der imaginären deutschen Mitte, ist bekannt dafür, dass es sich im Laufe der Zeit immer weiter nach rechts bewegt hat.
In einer Aktion im Dezember 2022 wurde sogar darüber diskutiert, ob Putin getötet werden sollte oder ob ein Aufenthalt in Guantánamo dem deutschen Strafbedürfnis genügen würde.
Mit dieser jüngsten Aktion zeigt das Zentrum wider Willen, wie der vermeintliche Kampf gegen rechts restriktiv und autoritär geführt wird.
Die zusammengestellten Bilder, die die Gefährlichkeit der AfD belegen sollen, würden vor keinem Gericht Bestand haben.
Dämonisierung der AfD und Entlastung der bürgerlichen Gesellschaft
Die Verbindung von rechten Aktionen, dem NS-Regime und schließlich der Aufruf zur Denunziation von AfD-Mitgliedern hat nichts mit antifaschistischer Arbeit zu tun. Im Gegensatz dazu dämonisiert die Aktion des Zentrums für Politische Schönheit die AfD und setzt sie mit dem NS gleich.
Kritische antifaschistische Arbeit zeigt hingegen auf, wie stark die AfD Teil der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland ist.
Die Novemberausgabe der libertären Zeitschrift Graswurzelrevolution bietet eine sinnvolle Auseinandersetzung mit der AfD und ihrem Umfeld.
Dort werden Geschichte und Militarismus der rechten Partei beleuchtet sowie ihre Verankerung im rechten Milieu aufgezeigt.
Niemand käme jedoch auf die Idee, die Staatsautorität anzurufen, um die Partei durch ein Verbot aus dem Parlament zu verbannen. Stattdessen betont Connie Lutz:
Eine Gegenöffentlichkeit gegen die rassistische Hetze und eine starke antifaschistische Bewegung und Zivilgesellschaft sind heute wichtiger denn je, um diese menschenfeindliche Partei und den Neonazismus zurückzudrängen.
Ein aktuelles Beispiel, das die rechte Gesinnung der AfD verdeutlicht, vergleicht Bernd Drücke in derselben Ausgabe mit einem flüchtlingsfeindlichen Spiegeltitelbild von 2002, auf dem der antisemitische Bürgermeister von Wien, Karl Lueger, abgebildet ist.
Es gibt viele weitere Beispiele, die zeigen, dass die AfD lediglich die rechteste Stimme der bürgerlichen Gesellschaft ist.
Wenn rechts von der CDU nur die Wand sein soll
Die bürgerliche Rechte wird von vielen ungern angesprochen, auch nicht vom CDU-Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz, der sich für ein Verbot der AfD einsetzt. In einem Streitgespräch mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Fiedler bringt er Argumente vor, nur eben keine antifaschistischen.
Verständlich, denn unter diesem Gesichtspunkt müsste er wohl auch Teile seiner Partei unter Verbotsverdacht stellen. Immerhin hat die CDU 1999 unter Roland Koch in Hessen mit einer Unterschriftenkampagne Stimmung gegen sogenannte Ausländer gemacht.
Und unlängst haben die Freien Wähler in Bayern bei den Landtagswahlen Stimmen gewonnen, weil ihr Chef Hubert Aiwanger nicht wegen seines antisemitischen Pamphlets zurückgetreten ist, das er als 17-Jähriger wohl nicht nur im Schulranzen trug.
Wanderwitz macht an mehreren Stellen deutlich, dass er die CDU mit dem Verbot einen lästigen rechten Konkurrenten loswerden will. Es ist bemerkenswert ehrlich, wenn er als Argument für ein Verbot vorbringt, dass die AfD zu erfolgreich ist.
Ohne Verbotsverfahren werden wir die AfD nicht mehr los. Jetzt haben sie nur einen Landrat und einen Bürgermeister. Aber ich fürchte, der erste Ministerpräsident in einem ostdeutschen Bundesland ist nicht mehr fern. Zu einer absoluten Mehrheit könnten zum Beispiel in Thüringen gut 40 Prozent reichen, wenn SPD, FDP und Grüne an der Fünfprozenthürde scheitern. Ich höre jetzt oft, bei diesen Zustimmungswerten für die AfD kann man ein Verbot nicht mehr machen. Vorher aber hieß es, das ist alles noch beherrschbar. Ich befürchte nur, die Zeit dazwischen hat es nie gegeben.
Marco Wanderwitz in der taz
Es gibt jedoch auch das Problem, dass das Bundesverfassungsgericht hohe juristische Maßstäbe anlegen muss, und diese müssen noch durch die Europäischen Gerichte bestätigt werden.
Doch auch hier sieht Wanderwitz kein Problem, und seine Antwort ist aufschlussreich.
Wir wissen, dass Rechtsprechung änderungsfähig ist. Insofern geht es auch um eine Einschätzungsfrage des Bundesverfassungsgerichts. Es ist eben schwer zu sagen, ob es reicht oder nicht. Aber jeder Tag und jede Stunde, die wir hier im Bundestag Debatten führen, bestehen daraus, dass die AfD unsere Demokratie und ihre Institutionen verächtlich macht. Das ist genau das planvolle Vorgehen. Ich schieße die Demokratie so lange sturmreif, bis die Wählerinnen und Wähler mich mit solch großen Mehrheiten wählen, dass ich sie dann von innen zerstören kann.
Marco Wanderwitz in der taz
Ein Abgeordneter einer konservativen Partei befürchtet, dass seine rechte Konkurrenz möglicherweise noch größer wird. Daher wäre es ihm lieber, die Partei schnell zu verbieten, in der Hoffnung, dass mangels einer rechten Alternative die Stimmen wieder der Union zufließen.
Ganz neu ist das nicht. Schon CSU-Rechtsausleger Franz Josef Strauß wünschte sich, dass rechts von den Unionsparteien nur noch die Wand stehen solle.
Man darf Wanderwitz durchaus Kalkül bei seinen Überlegungen unterstellen. Wenn die Verbotsinitiative erfolgreich wäre, könnte die Union wieder rechte Politik machen, ohne immer mühselig begründen zu müssen, dass sie keine gemeinsame Sache mit der AfD machen will.
In vielen ostdeutschen Bundesländern zeigt sich, welche Verrenkungen die CDU machen muss. Wanderwitz will seine Partei wieder zur wichtigsten Kraft im rechten Lager machen.
Sollte das Verbotsverfahren jedoch vor Gericht scheitern, hätte die Union die Handhabe, auch mit der AfD zu kooperieren. Denn dann wäre höchstrichterlich bescheinigt worden, dass sie im Rahmen der Verfassung agiert.
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