"Der Diesel gehört zu Deutschland"

Seite 2: Trucker aller Länder vereinigt Euch – oder wie können linke Inhalte in Kämpfe getragen werden?

Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier an vier urbanen Konflikten exemplarisch herausarbeiten, wirft auch Fragen für weitere aktuelle und künftige Konflikte auf.

Neben den weltweiten Protesten gegen die Corona-Maßnahmen deutet sich schon längst an, dass die Umwelt- und Klimamaßnahmen bald ein umkämpftes Feld sein werden. Mit den beschriebenen Protesten gegen die Diesel-Fahrverbote in Stuttgart zeigt sich, dass es hier viele Anknüpfungspunkte für Rechte gibt.

Aber sind diese Bewegungen und Kämpfe damit für linke und emanzipatorische Ansätze verloren?

Diese Frage kann aktuell an den von der kanadischen Regierung mit massiver Repression verfolgten Truckerproteste gestellt werden.

Schließlich ist der kanadische Ministerpräsident Trudeau ein Aushängeschild jenes progressiven Neoliberalismus, der wie auch der rechtsliberale französische Präsident Macron mit massiver Gewalt gegen Proteste vorgeht und sich dabei auf Notstandsgesetzte stützt. Die kanadische Regierung setzt nicht nur Knüppel gegen die Protestierenden ein, sie kann auch Konten einfrieren und Crowdfunding-Plattformen blockieren.

Solche Maßnahmen können zu einem Sturm der Entrüstung führen, wenn sie von Trump, Putin oder Erdogan ins Werk gesetzt werden. Wenn sie wie in Kanada von einem Protagonisten des progressiven Neoliberalismus umgesetzt werden, gibt es aber wenig Protest. Dafür gibt es erfreulicherweise in der Taz Kritik:

Linke, die nun den Knüppeleinsatz gegen den selbsternannten Freiheitskonvoi fordern, sollten sich überlegen, was sie sich da wünschen: Dieselbe militarisierte Sprache und ähnliche Maßnahmen wurden in der Geschichte regelmäßig gegen streikende Arbeiter angewendet. Wer die Polizei gegen die Trucker anstachelt, könnte sich beim nächsten Streik um bessere Arbeitsbedingungen wundern. Es bedarf jetzt einer politischen Lösung. Die repressiven Maßnahmen der kanadischen Regierung müssen aufhören.

Jan Schröder, Taz

Der Taz-Kommentator erinnert auch daran, dass die Trucker das Kooperationsangebot der kanadischen Konservativen zurückgewiesen haben und sich auch linke Gruppen daran beteiligen.

Heute ist schon fast vergessen, dass es 2014 auch in Berlin unter dem Motto Trucker aller Länder vereinigt Euch Solidaritätsaktionen mit Truckern gab, die damals gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen mobilisierten. Hätten sich solche Aktionen verstetigt, wäre es nicht so leicht, die Kämpfe der Trucker von rechts zu instrumentalisieren.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts zeigen auf, dass Rechte von urbanen Konflikten profitieren, wenn es linken und emanzipatorischen Kräften nicht gelingt, selber Alternativen aufzuzeigen oder gar zum linke Flügel des progressiven Neoliberalismus werden.