Der Ukraine-Krieg als Menetekel

Seite 3: Steht die Welt vor einer Welle von Revolten?

Die Zahl der Unterernährten steigt seit 2015 wieder an, nachdem sie Jahrzehnte lang zurückgegangen war. Im Jahr 2021 hatten laut dem UN-Welternährungsprogramm 957 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Die kommende Teuerung von Energie und Nahrung trifft die ärmsten Menschen und Länder besonders hart, denn sie müssen einen größeren Teil ihrer Einkommen dafür ausgeben.

Die steigenden Weizenpreise machen die Kommentatoren nervös.

Die gegenwärtigen Marktreaktionen mit Preisnotierungen für Weizen von über 400 US-Dollar pro Tonne deuten eine Aufwärtsentwicklung an, die höher liegt als in der "Nahrungsmittelpreiskrise"

Das sagt Martin Banse. Als die Kosten für Lebensmittel 2007 und 2008 in die Höhe schossen, trug die entstehende Unzufriedenheit viel zu den Aufständen des Arabischen Frühlings bei, die scheinbar stabile Regime in Nordafrika und dem Nahen Osten in kurzer Zeit reihenweise zu Fall brachten.

Wird die gleiche Dynamik einsetzen, wenn im Sommer oder Herbst Brot und Diesel für viele unerschwinglich werden? In zahlreichen Ländern des Nahen Ostens, Afrikas und Asiens werden Grundnahrungsmittel und Treibstoff vom Staat stark subventioniert und so die Preise unter einer gewissen Schwelle gehalten.

Die Herrschenden wissen seit jeher, dass bei steigenden Brotpreisen der Umsturz droht. Aber die finanziellen Möglichkeiten der Staaten im Globalen Süden zu dieser Subventionierung sind begrenzt, schon deshalb, weil sie sich nur begrenzt auf den Finanzmärkten Kredit verschaffen können. Eine Erhöhung der Zinsen könnte ohnehin viele von ihnen zahlungsunfähig machen.

Trotzdem werden sie sich bemühen, die Teuerung abzufedern, aber Protest und Aufruhr sind zu erwarten, besonders in südamerikanischen, asiatischen und afrikanischen Krisenregionen mit urbanen Zentren. Bürgerkriege, zwischenstaatliche Konflikte und massenhafte Flucht könnten abermals zunehmen, so wie es nach dem Scheitern des Arabischen Frühling der Fall war.