Deutschland vs. USA: Warum die Provokationen zunehmen
Donald Trump: KI-Generiert / Grafik: TP
Die USA sind Deutschlands wichtigster Partner. Die historische Allianz steht jedoch auf der Kippe. Wird aus dem einstigen Freund bald sogar ein Gegner?
Noch sind die USA Deutschlands wichtigster Handelspartner und militärischer Verbündeter. Die transatlantische Partnerschaft galt jahrzehntelang als entscheidende Stütze für die Stabilität Deutschlands und Europas, aber nun droht diese Partnerschaft zu zerbrechen.
Aus den bisherigen Freunden könnten sogar Feinde werden, zumindest wenn man den Vorwurf ernst nimmt, US-Präsident Trump habe die Seiten gewechselt und sei jetzt Verbündeter des russischen Staatschefs Putin.
Genau das ist in jüngster Zeit immer öfter zu hören. George Weinberg ist Sprecher der Republicans Overseas in Deutschland. Das ist der deutsche Ableger der US-amerikanischen Republikaner, also der Trump-Partei. Er lebt schon lange in Deutschland und ist als Immobilien-Entwickler tätig. Dietmar Ringel hat mit ihm gesprochen.
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▶ Spüren Sie in Ihrem persönlichen Umfeld, dass sich im Verhältnis zwischen Deutschland und den USA etwas ändert?
George Weinberg: Ganz im Gegenteil. Ich habe in Berlin sehr viele Freunde, darunter eine Menge Deutsche. Man kommt auf mich zu und sagt, wie furchtbar, was da in Washington passiert ist mit Selenskyj. Vor allem die Berliner bewegt das, die noch die Erinnerung an die geteilte Stadt haben, als die Rosinenbomber aktiv waren und es hier die großen Paraden der US Army gab.
Aber Feindschaft spüre ich überhaupt keine. Es ist aus meiner Sicht sehr bedauerlich, was da an Provokationen aus Deutschland in Richtung Amerika passiert – hauptsächlich durch die öffentlich-rechtlichen Sender und manche Politiker, die meinen, sie müssten sich auf Kosten von Donald Trump profilieren. Und ich muss ganz offen sagen, dass das nicht erst jetzt passiert, nach den Auseinandersetzungen mit Selenskyj.
Ich erlebe das seit acht Jahren. Ich bin auch immer wieder in deutschen Talkshows, wo schon lange eine gewisse Feindschaft Donald Trump gegenüber zu spüren war.
▶ Sie sprechen über Provokationen von deutscher Seite. Aus deutscher Sicht ist eher die Rede davon, dass Trump provoziert. Ist das, was von Trump kommt, aus ihrer Sicht korrekt?
George Weinberg: Aus meiner Sicht ist das eine Reaktion. Da müsste man in die Details gehen, und ich bin gerne bereit, mit Ihnen jeden Einzelpunkt zu diskutieren. Nehmen wir die aktuellen Ereignisse beim Besuch von Selenskyj im Weißen Haus. Unsere Sicht wird übrigens von vielen Kommentatoren geteilt – nicht unbedingt in den öffentlich-rechtlichen Sendern, aber in vielen unabhängigen Medien.
Demnach ist Selenskyj im Weißen Haus mit großer Zuneigung empfangen worden. Es ging ja um eine Zeremonie, bei der ein Vertrag unterschrieben werden sollte. Dieser Vertrag war durch Selenskyjs Leute und Vertreter der Trump-Administration über mehrere Wochen ausgehandelt worden und galt als unterschriftsreif.
Deshalb wurde Selenskyj von Präsident Trump ins Weiße Haus eingeladen. Nach der öffentlichen Diskussion wollte man sich zum Mittagessen treffen und den Vertrag unterschreiben. Und was ist plötzlich passiert?
Ich habe mir das ganze Gespräch angeschaut, das etwa 40 Minuten gedauert hat, und nicht nur den kurzen Ausschnitt, der hier durch die Medien durchgeschleust wurde. Das war ein sehr freundliches und angenehmes Gespräch, bis zu dem Zeitpunkt, wo Selenskyj mehr oder weniger zu verstehen gab, dass er noch gar nicht bereit sei, diesen Vertrag zu unterschreiben, wenn er von Trump, also von den USA, keine Sicherheitsgarantien bekommt.
Und das war aus amerikanischer Sicht eine Provokation, denn es ist noch nicht die Zeit, um über solche Garantien zu sprechen, auch wenn beim Abbau von Mineralien die Sicherheitsfrage bereits eine Rolle spielt. Jetzt eine Forderung zu stellen und zu sagen, ich unterschreibe nur, wenn du, Trump oder Amerika, uns die absolute Sicherheit gibst, und sollte der Putin wieder Unsinn treiben, dann passiert das und das, und letzten Endes gibt es vielleicht den dritten Weltkrieg …
Das war nicht nur sehr undiplomatisch, sondern auch sehr arrogant vonseiten Selenskyjs. Wir haben auch die Reaktion der ukrainischen Botschafterin in diesem Moment gesehen, die sich an den Kopf gefasst hat. Sie hat sich darüber erschrocken, was Selenskyj da von sich gegeben hat. Deshalb war es eine ganz normale Reaktion von Trump, zu sagen: "you need two for tango" – und dann war das Gespräch zu Ende.
▶ Wir haben jetzt über die Begegnung im Weißen Haus zwischen Trump und Selenskyj gesprochen. Aber wenn es um Provokationen geht, würde ich auch gerne noch mal auf die Münchner Sicherheitskonferenz zurückkommen. Dort hat der US-Vizepräsident J.D. Vance die Europäer massiv angegriffen und ihnen vorgeworfen, grundlegende demokratische Regeln zu verletzen. Sie leben ja in Deutschland – teilen Sie die Einschätzung von Vance?
George Weinberg: Absolut. Zunächst einmal, ich lebe in beiden Ländern, bin oft in Amerika und auch dort politisch aktiv. Aber ja, natürlich, hauptsächlich lebe ich in Berlin. Vance hat während der Konferenz die Ängste oder Bedenken der Amerikaner in Bezug auf freie Meinungsäußerung angesprochen.
Anschließend gab es noch eine CBS-Reportage, in der drei Staatsanwälte mit Freude in den Augen von sich gaben, dass man in Deutschland die Leute am besten damit erschreckt, dass sechs Uhr morgens die Polizei an die Tür klopft und den Leuten Handys und Laptops wegnimmt. Und zwar nur deswegen, weil sie – ich sage mal – den Wirtschaftsminister als Schwachkopf oder sonst wen nicht besonders vorteilhaft bezeichnet haben.
Außerdem gibt es eine Initiative von Frau von der Leyen bzw. der EU, die sogenannten Social Media zu kontrollieren, vielleicht sogar zu verbieten, indem man eine Art Zensur einbaut, die darüber entscheidet, was gesagt werden darf und was nicht. Und da geht bei den Amerikanern natürlich die rote Lampe an.
Wir wissen, dass in sozialen Medien auch sehr viel Unsinn produziert oder veröffentlicht wird. Aber in den USA steht in der Verfassung, Paragraph 1, die freie Meinungsäußerung. Das ist ein sehr hohes Gut. Als Trump jetzt zurück ins Weiße Haus kam, hat sich Zuckerberg bei ihm für die Zeit entschuldigt, als Biden Präsident war. Es geht darum, dass das FBI zu ihm gekommen war und ihm gesagt hatte, pass mal auf, dies und jenes wird bitte nicht veröffentlicht, weil es Propaganda von Russland ist.
Da ging es um den Laptop von Hunter Biden, dem Sohn des Ex-Präsidenten, wo die Biden-Administration versucht hat, so zu tun, als ob dieser Laptop eine Fälschung von Putin gewesen sei. Jetzt wissen alle, dass das nicht der Fall war. Man hat also versucht, die Social Media, sowohl bei Facebook als auch bei X, durch die Einschaltung von Zensur zu filtern.
Und jetzt kommt der Punkt: Wer ist für diese Zensur zuständig? Es gibt keinen göttlichen Zensor, der vollkommen neutral ist und der wirklich anständig aufpasst. Das machen bestimmte Leute mit konkreten politischen oder persönlichen Erfahrungen. Und wenn die ihre Meinungen bei X einbauen, dann ist das nicht gut. Und noch ein Beispiel: Was ist mit dem Twitter-Account des Präsidenten der Vereinigten Staaten passiert?
Man hat Trump zensiert, X hat seinen Account gelöscht. So geht das nicht. Und das war der Punkt, den J.D. Vance, ich sag’s mal, ziemlich freundlich in der Münchner Konferenz angesprochen und klar und deutlich gesagt hat, wir sind für freie Meinungsäußerung. Vorher hat er noch in einem Interview gesagt, wenn in einem Land, in dem es keine Demokratie gibt, bestimmte Äußerungen in den Medien zensiert werden, dann können wir damit leben. Aber wenn das in Europa passiert, akzeptieren wir das nicht.
▶ Nun hat Trump gerade angekündigt, die US-Militärhilfen für die Ukraine zu stoppen, angeblich um Kiew zu Friedensverhandlungen mit Russland zu bewegen. Führende deutsche und EU-Politiker nennen das Verrat und Wechsel Trumps auf die Seite von Putin. Wie sehen sie es?
George Weinberg: Ich kann nur vor solchen Äußerungen warnen. Es gibt auch ganz andere Stimmen. Zum Beispiel vom Nato-Chef und ehemaligen Ministerpräsidenten der Niederlande, Rutte. Oder von Orban oder Meloni. Und dann gibt es Leute, gerade in Deutschland, die sehr aggressiv sind. Aber es gibt dieses deutsche Sprichwort, das besagt, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Das Anliegen von Trump ist, die Einstellung der Kampfaktivitäten in Europa durchzusetzen. Es geht um das Töten, die Zerstörung, das menschliche Leid. Das Verhalten von Selenskyj nach dem Termin in Washington war sehr zweideutig. Er ist nach Europa weitergeflogen, nach England. Das sah für mich ein wenig so aus wie: Der kleine Junge geht zur Mami, weil ihn der Papi angeschrien hat. Und da ist er in Europa als großer Held empfangen worden.
Nur, wenn man schaut, was ihm Europa bieten kann, dann ist das nicht viel. Selenskyj wäre besser beraten – und so ist es auch gekommen – den Rückzieher zu machen. Soweit ich informiert bin, hat er sich vielleicht nicht förmlich entschuldigt, aber er hat sich noch einmal dafür bedankt, was Amerika für die Ukraine getan hat und ist jetzt bereit, den Vertrag zu unterschreiben.
▶ Sie haben eben gesagt, Europa habe nicht viel zu bieten. Aber überall wird gerade über gigantische Rüstungspläne diskutiert, um anstelle der USA Waffen an die Ukraine zu liefern und auch selbst massiv aufzurüsten. Ist das nicht viel?
George Weinberg: Bis diese 800 Milliarden, um die es geht, in Bewegung gesetzt werden, würde es weitere vier, fünf Jahre Krieg in der Ukraine geben. Sie wissen ja, die Bundeswehr ist nicht mal fähig, die eigene Verteidigung zu sichern. Ich möchte betonen, ich kritisiere nicht die Soldaten der Bundeswehr.
Ich habe großen Respekt und Anerkennung vor jedem uniformierten Mann, ob in der Bundeswehr, bei der Feuerwehr, den Rettungskräften oder der Polizei. Die haben die Misere nicht zu verantworten, sondern sie riskieren Tag für Tag ihr Leben.
Die Politiker haben Europa in diese Situation gebracht, wo sich die Verteidigung in einem desolaten Zustand befindet. Jetzt gibt es den großen Aufschrei, und jetzt redet man von 800 Milliarden Dollar für die Aufrüstung. Es weiß aber noch keiner, woher diese gigantischen Summen kommen sollen. Eine große Frage ist auch, ob sich alle europäischen Führer dazu bekennen werden.
Aber auch wenn das funktionieren sollte, reden wir über einen Zeitraum von vier, fünf Jahren, bis die Güter angeschafft werden. Momentan ist die Situation so, dass Russland in drei Monaten mehr Munition produziert als ganz Europa in einem Jahr. So sieht es aus. Und was will man denn erreichen?
Will man noch fünf Jahre Krieg in der Ukraine führen, bis Europa aufgerüstet hat? Also, da muss man wirklich realistisch sein. Die einzige Möglichkeit ist, jetzt den Krieg zu stoppen. Das erste Mal ist Putin bereit, über Verhandlungen zu reden. Und nur deshalb, weil Trump die Bühne betreten hat und von Putin als ebenbürtiger Partner betrachtet wird. Und wir brauchen Putin.
Man kann ihn bezeichnen, wie man will. Auf der Skala von eins bis zehn würde ich sagen – zehn. Aber es bringt uns nichts, Putin mit verschiedenen Namen zu beglücken oder womit auch immer. Die Situation ist leider so, wie sie ist. Und da muss man Lösungen suchen. Deswegen meine Äußerung: Europa hat gegenwärtig nichts wirklich zu bieten.
▶ Zum Stichwort Lösung. Trump will mit Macht versuchen, diesen Krieg zu stoppen. Aber was soll dann kommen? Gibt es auch einen Plan für danach? Würde sich Trump für ein neues europäisches Sicherheitssystem einsetzen?
George Weinberg: Das muss sich entwickeln. Wir werden es sehen. Napoleon hatte auch einen Plan. Und ein anderer, dessen Namen ich gar nicht erwähnen will, hatte 1939 auch einen. Aber gegen Russland hat weder der eine noch der andere gewonnen. Russland muss man schon ernst nehmen, es ist ein gigantisches Land, hat eine große Bevölkerung, auch eine starke Wirtschaftskraft.
Pläne hat man zum Beispiel auch in der DDR-Wirtschaft gemacht, jeweils für fünf Jahre. Und wir wissen, dass das nicht so ganz geklappt hat. Man muss hier Schritt für Schritt vorgehen. Und der erste Plan und der erste Schritt sind die Einstellung der Kampfhandlungen. Amerika geht mit einer wirtschaftlichen Strategie in die Ukraine, mit einem Fonds, um dort die Mineralien abzubauen.
Natürlich auch, um die amerikanischen Steuerzahler über die vielen Gelder zu informieren, die dort von Biden verschossen worden sind. Und wir wissen ja, dass die Ukraine nicht gerade das am wenigsten korrupte Land der Welt ist. Eines Tages wird vermutlich herauskommen, wohin die ganzen Mittel wirklich gegangen sind. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, die Kriegshandlungen zu stoppen. Amerika geht also rein mit den Finanzmitteln, mit der eigenen Industrie und baut diese Mineralien ab.
Nach meinem Kenntnisstand bleiben 50 Prozent der Erträge in der Ukraine, um das Land wieder aufzubauen. 50 Prozent gehen als Return of Investments in die USA. Und dann werden wir sehen, wie es sich weiterentwickelt – mit der Hoffnung, dass zwischenzeitlich auch Europa bzw. die Nato aufrüsten. Putin wird sich dann überlegen, wieder einen Unsinn anzufangen.
▶ In knapp vier Jahren wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Trump kann bei dieser Wahl nicht erneut antreten. Wird dann in den Beziehungen zwischen den USA und Europa möglicherweise alles auf Anfang gestellt?
George Weinberg: Also, ich oder wir schätzen, dass der neue Präsident J.D. Vance sein wird. Und da weiß ich nicht, mit wem sie es lieber zu tun haben. Mit dem aktuellen Präsidenten oder mit Vance. Ich finde, es wäre verheerend, wenn sich die deutschen und europäischen Politiker nicht mit Trump vertragen und ihm keinen Respekt bekunden würden.
Die meisten Sätze, die ich aus Deutschland vernommen habe, waren persönliche Beleidigungen und Angriffe auf Trump. Natürlich hat Europa eigene Interessen. Und natürlich muss man miteinander sprechen, wenn es eine Kontroverse zwischen ökonomischen Interessen Europas und der USA gibt.
Aber es ist meines Erachtens nicht besonders produktiv, den Präsidenten, der mit einer immensen Mehrheit ins Amt gewählt wurde, persönlich zu beleidigen, ihn anzugreifen, mit bestimmten Namen zu versehen, wie es auf breiter Front geschieht. Das geht meines Erachtens nicht.
Und ich habe auch nichts dergleichen von der amerikanischen Administration gehört, dass man Merkel oder den ehemaligen und noch amtierenden Bundeskanzler Scholz beleidigt hätte. So was ist mir nicht zu Ohren gekommen. Und das, was man hier an die große Glocke hängt – Einmischung in die Wahlen und so weiter und so fort. Mein Gott, Europa mischt sich sehr stark überall in die Wahlen ein, inklusive der Nichtanerkennung der Wahlergebnisse in Rumänien.
Frau Baerbock fliegt durch die ganze Welt und erteilt Ratschläge, ohne danach gefragt worden zu sein. Und die Öffentlich-Rechtlichen und manche Politiker in Deutschland haben voll auf Biden und danach auf Harris gesetzt …
Dass jetzt Elon Musk, der kein politisches Amt hat, sich mit Frau Weidel über den Mars und sonstige Sachen ausgetauscht und seine Empfehlungen abgegeben hat – ja, mein Gott, Don't take everything personally!
Dietmar Ringel sprach mit George Weinberg, Sprecher der Republicans Overseas in Deutschland.