Die EU-Strategie gegen China: Zwischen kolonialem Blick und Hybris
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Europa folgt den USA und begibt sich zunehmend in Konfrontation mit Beijing. Ein fataler Schritt. Warum ein Wirtschaftskrieg mit China im eigenen Untergang enden könnte.
Die EU-China-Beziehungen stehen am Scheideweg. Darüber konnte auch der Empfang des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang und die Wiederaufnahme der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin am 20. Juni nicht darüber hinwegtäuschen. Auch was China angeht, scheinen Brüssel und Berlin wie in einer Echokammer die Entscheidungen aus Washington nachzuvollziehen.
Eine eigenständige europäische Außen- und Handelspolitik, wie sehr sie auch immer von Beijing herbei gewünscht wird, ist nicht in Sicht. Und was die Orientierung auf eine Konfrontationspolitik gegenüber China angeht, scheint sich die Europäische Union gar als Vorreiter positionieren zu wollen. Dabei steht viel auf dem Spiel.
Noch vor den USA ist China der größte Handelspartner der EU. Eine "kontrollierte Entkopplung" von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter dem Stichwort "Wirtschaftssicherheit" betrieben, würde in Europa Millionen Arbeitsplätze aufs Spiel setzen. Eine ökonomisch verheerende Selbstisolation Europas könnte das endgültige Ende des europäischen Wohlstandsmodells bedeuten und die massive Verarmung immer größerer Bevölkerungsteile in der EU weiter vorantreiben.
Deutschland – kaputtgesparter Staat und verfallende Infrastruktur
Bereits jetzt steht Deutschland quasi am Abgrund, alle Signa eines verfaulenden Kapitalismus tragend. Ein kaputtgesparter Staat, der auch noch immense Rüstungsausgaben und Investitionen in den Nato-Stellvertreterkrieg in der Ukraine tätigt, lässt die Infrastruktur regelrecht verfallen. Auch bei der Investition in Forschung, Entwicklung sowie bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften gerät Deutschland als Herz der EU-Ökonomie immer weiter ins Abseits.
Zugleich sind es neben dem Staat aber die Unternehmen, die nicht in die Steigerung der Produktivität investieren, die in Deutschland seit 2012 mit 0,3 Prozent Steigerung quasi stagniert.
Die Berliner Zeitung konstatierte am 18. Juni 2023:
Das Problem liegt auch daran, dass Unternehmen zu wenig investieren. Die großen 40 im Dax notierten Konzerne werden in diesem Jahr voraussichtlich so hohe Dividenden auszahlen wie nie zuvor. Aktionäre können sich über rund 75 Milliarden Euro freuen, schätzt die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund verweist vergeblich auf das immer größer werdende Investitionsdefizit, das sich in einer maroden Infrastruktur ausdrückt.
Und die Debatte um eine weitere Eskalation nimmt rasch an Fahrt auf. Im gerade verabschiedeten 11. EU-Sanktionspakets gegen Russland sind erstmals auch drei Unternehmen mit Sitz im chinesischen Hongkong gelistet.
Wirtschaftskrieg mit China könnte primär Europa treffen
Die internen Diskussionen im Vorfeld lesen sich aber wie Protokolle der Angst der Verantwortlichen im EU-Rat vor einer Sanktionsspirale. Noch ist man nicht auf einen Wirtschaftskrieg gegen China vorbereitet.
Zu groß ist die Sorge, dass die Sache noch selbstschädigender als bei den Sanktionen gegen Russland ausgehen könnte. Denn während Deutschland infolge des Wirtschaftskrieges und der hohen Inflation bei Energie und Lebensmittel in eine Rezession taumelt, rechnet Russland 2023 mit über zwei Prozent Wirtschaftswachstum.
Der Wirtschaftskrieg hat sich zum regelrechten Bumerang entwickelt. Das will man im Falle Chinas auf jeden Fall vermeiden. Nur so lassen sich die diplomatischen Avancen der USA, wie beim jüngsten Besuch von US-Außenminister Blinken in China erklären. Vor den US-Präsidentschaftswahlen 2024 kann man keinen wirtschaftlichen Konflikt mit Beijing gebrauchen, der am Ende die Beschäftigten in den USA trifft und das Land in eine Rezession stürzt.
Es gehört zu den Gegebenheiten dieser Strategie, die Europäer ins Feuer schicken zu wollen und zum Wirtschaftskrieg mit China zu ermutigen, wohl wissend, was dies für die Verbündeten in Europa bedeutet, und mit US-Präsident Joe Biden einen Akteur auf der Kapitänsbrücke zu haben, der nicht immer seiner Worte mächtig scheint. Mit seinen "Diktator"-Äußerungen hat er nur zwei Tage nach Blinkens Besuch das eingerissen, was der Außenminister an diplomatischer Camouflage aufzubauen versucht hat.
Mit einem gigantischen Aufrüstungsprogramm von über 1,1 Billionen US-Dollar versuchen die USA mit ihren europäischen und pazifischen Verbündeten im Schlepptau China herauszufordern. Besonders augenfällig ist dabei die ätzende Doppelmoral, mit der man dabei zu Werke geht.
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