Die FED lenkt doch gegenüber Trump ein
Wie vom US-Präsident gefordert, wird statt einer weiteren Zinserhöhung bald eine Senkung kommen
"Notenbank-Chef Jerome Powell kuscht nicht vor Donald Trump", titelt das Handelsblatt zu der neuen geldpolitischen Entscheidung der US-Notenbank (FED), weil sie den Leitzins (noch) in der Spanne zwischen 2,25 und 2,5% belassen hat. Die Welt meint sogar, FED-Chef Jerome Powell lasse mit einem Satz "Trump auflaufen". So schreibt die Zeitung: "Er lässt sich nicht einschüchtern."
Doch ist das tatsächlich der Fall? Geht nicht Powell längst vor den Warnungen und Drohungen in die Knie, mit denen Trump den FED-Chef unter Druck setzt, um ihn zu Zugeständnissen in der Geldpolitik zu bringen? Der US-Präsident meint nun zum Beispiel, er habe grundsätzlich das Recht, Powell abzulösen. Trump sagt, er könne ihn zu einem gewöhnlichen Notenbank-Direktor im Führungsgremium herabstufen, hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch unter Berufung auf informierte Kreise vor der Zinsentscheidung berichtet. Vor der Sitzung schob er mit Blick auf Powell nach: "Schauen wir mal, was er tut.
Nach der Sitzung des geldpolitischen Ausschusses erklärte Powell auf der Pressekonferenz nur, dass er anderer Ansicht als Trump ist. "Ich denke, das Gesetz ist da ganz klar, meine Amtszeit dauert vier Jahre und ich plane, sie voll abzuleisten." Trotz allem will er liefern. Der Mann, den Trump erst vor einem Jahr ernannt hatte, zeigte seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Zinssenkung noch in diesem Jahr. Trump will die Zinsen senken, um die Wirtschaft und das Wachstum zu befeuern. Beobachter gehen nun sogar davon aus, dass Powell und die FED schon im Juli die Zinsen senken wird. "Es könnte daher gleich zu einem aggressiveren Zinsschritt kommen."
Das FED-Führungsgremium ist gespalten. Fast die Hälfte seiner Kollegen hatten sich schon für eine Senkung ausgesprochen. James Bullard von der Federal Reserve Bank of St. Louis stimmte deshalb gegen die Entschließung, da er eine sofortige Zinssenkung um 25 Basispunkte gefordert hatte.
Lange waren Beobachter davon ausgegangen, dass es in diesem Jahr in den USA eher im Rahmen der zaghaften Zinsnormalisierung einen weiteren zaghaften Zinsschritt um 25 Basispunkte nach oben geben würde. Das fällt definitiv aus. Auch das hatte Telepolis schon nach der letzten Zinssitzung der FED erklärt. So sieht real alles danach aus, dass Powell Trump nicht die Stirn bieten, sondern bald auf seinen Kurs einschwenken wird. Der Schwenk ist eingeleitet. Trump ist zufrieden.
Der US-Präsident hatte noch im Mai argumentiert, dass die Wirtschaft mit niedrigeren Zinsen wie eine "Rakete" abgehen würde und führte für eine Zinssenkung eine "wundervoll niedrige Inflation" an. Das ist völliger Unfug, denn sie lag zuletzt mit 1,8% an der Zielmarke und die Kerninflation sogar auf 2%. Und im Vormonat lag auch die allgemeine Preissteigerung mit 2% sogar über der Zielmarke, da eine Inflation leicht unter 2% angestrebt wird. Das ist kein Umfeld für eine Zinssenkung, die die Inflation antreibt.
Trump fordert sogar eine Neuauflage des "quantitativ easing", will also die Notenpresse wieder anwerfen, was ebenfalls die Inflation treibt. Zudem solle die FED die ausufernde Staatsverschuldung in die Bücher nehmen. Denn Trump schafft es tatsächlich, die Verschuldung trotz eines starken Wachstums weiter explodieren zu lassen, wegen hoher Ausgaben (wie für das Militär) und der vielen Steuergeschenke, vor allem für seine reichen Freunde. Damit weiß man, woher zu einem guten Teil der Aufschwung kommt.
Europäische Zentralbank als treibende Kraft
Getrieben wird die FED bei ihrem Schwenk allerdings auch von der Europäischen Zentralbank. Von einer Zinsnormalisierung ist bisher in Europa nichts zu sehen. Da Mario Draghi die Leitzinsen schon auf null heruntergefahren hat, ist im Euroraum angesichts der schwächelnden Konjunktur nicht einmal eine Senkung des Leitzinses möglich. Deshalb denkt Draghi, auch das hatte Telepolis vorausgesagt, erneut über neue Lockerungsübungen der Notenbank nach.
Draghi hatte am Dienstag im portugiesischen Sintra zusätzlichen geldpolitischen Anschub in Aussicht gestellt, was er offiziell mit der Inflation begründet. Dabei hatte er Glück, denn die Preissteigerung ging zuletzt im Mai auf 1,2% zurück, lag dagegen im Vormonat mit 1,7% nur knapp unter der Zielmarke. Das gilt weiter für die jährliche Inflationsrate.
Als mögliche Schritte deutet Draghi an, das gerade zum Jahresbeginn offiziell ausgelaufene Anleihekaufprogramm wieder aufzunehmen. Real ist es ohnehin nicht ausgelaufen, denn Gelder aus fällig gewordenen Anleihen werden wieder in neue Anleihen gesteckt, womit sich die Bilanzsumme der EZB nicht verringert. Draghi, der demnächst ersetzt wird, habe offensichtlich seine Kollegen überrascht, war aus Notenbankkreisen zu vernehmen. Obwohl doch offiziell die Krise seit Jahren vorbei sein soll, fährt die EZB noch immer im Notfallmodus und es stimmt bedenklich, dass sogar die sehr zaghafte eingeschlagene Normalisierung wieder rückgängig gemacht und die Notfallmaßnahmen sogar wieder ausgeweitet werden sollen.
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