Die Hetzkampagne der FPÖ gegen kritische Medien
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ORF und die rechtsnationalistische FPÖ haben einige Reibungen miteinander
Die letzten Tage haben leider wieder gezeigt, in welcher Gefahr die Pressefreiheit in Österreich steht. Seit die rechtsextreme Freiheitliche Partei im Dezember 2017 an die Regierung kam, nehmen Drohungen gegenüber Journalisten zu. In der Rangliste für Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen ist zu sehen, dass Österreich in diesem Jahr von Platz 11 auf Platz 16 gerutscht ist. Durch den Verlust dieser fünf Ränge verliert das Land die Einstufung einer guten Pressesituation, wie der Webseite der unabhängigen Organisation zu entnehmen ist.
Meldungen, die der FPÖ nicht zusagen, sind Anlässe für systematische Angriffe. Unabhängige Journalisten, die über Regierungsskandale berichten, werden als "Linksextremisten" gebrandmarkt und beschuldigt, die Regierungspolitik zu untergraben. Eines der bekanntesten Beispiele war der Angriff von Vizekanzler Heinz-Christian Strache auf den Fernsehmoderator des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Österreichs (ORF), Armin Wolf, den er im Februar 2018 als Lügner bezichtigte.
Strache postete ein Foto von Armin Wolf mit dem Text "Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF. Das Beste aus Fake News, Lügen und Propaganda, Pseudokultur und Zwangsgebühr. Regional und international. Im Fernsehen, im Radio und auf dem Facebook-Profil von Armin Wolf".
Der Vizekanzler musste sich nach einer Klage von Wolf, für diesen Post entschuldigen und betonte hierbei, dass er den Beitrag im Fasching verfasst habe und dieser als Satire gemeint war.
Eine rassistische Karikatur als weiterer "Einzelfall" von Seiten der FPÖ?
Es ist kein Geheimnis, dass der ORF und die FPÖ in der Vergangenheit einige Reibungen miteinander hatten. Nun hat die FPÖ erneut eine "Schmierkampagne" gegen Armin Wolf gestartet. Grund hierfür war der kritische Interviewstil des ORF-Moderators mit Harald Vilimsky, dem Spitzenkandidaten der Freiheitlichen Partei, für die bevorstehende Europawahl 2019.
Im Nachrichtenjournal "Zeit im Bild" konfrontiert Wolf Vilimsky mit einer offensichtlich rassistischen Karikatur, die im Rahmen einer Kampagne unter dem Titel "Tradition schlägt Migration" veröffentlicht wurde. Die Kampagne wurde vom Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), der Parteijugend der FPÖ, ins Leben gerufen.
Die Karikatur zeigt ein fröhliches blondes Paar in traditioneller Tracht, umgeben von dunklen und grinsenden Gestalten, die Migranten darstellen sollen. Wolf verglich die Karikatur mit einer antisemitischen Zeichnung der NS-Zeitschrift "Stürmer". Vilimsky war über einen solchen Vergleich empört, wobei er sich nicht von der Zeichnung distanzierte, sondern sogar verteidigte.
Er drohte Wolf während der Live-Übertragung außerdem mit entsprechenden "Konsequenzen". In einem weiteren Interview mit der Boulevardzeitung "heute" legte Vilimsky den Rücktritt von Herrn Wolf nahe. Parteichef Heinz-Christian Strache bezeichnete das Interview wiederholt als "widerlich" und verurteilte das Verhalten des Moderators im Laufe des Interviews.
Eine solche Reaktion der FPÖ-Politiker und die Tatsache, dass sie die Karikatur auch noch verteidigen, ist sehr unverständlich, da die Partei Schwierigkeiten damit hat, sich von weiteren dubiosen Ereignissen zu distanzieren, wie dem zutiefst fremdenfeindlichen und ekelhaften Gedicht, in dem Migranten mit Ratten verglichen werden oder der Tatsache, dass es Verflechtungen mit den rechtsextremen Identitären gibt.
Armin Wolf hinterfragt in seinem Blog, wie glaubwürdig die Distanzierung von dem rassistischen Rattengedicht sein kann, wenn die Parteijugend gleichzeitig eine solch rassistische Karikatur veröffentlicht. Auch Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), bezeichnete die Tatsache, dass dort Migranten als finstere Wesen dargestellt werden als einen eindeutig rassistischen Akt.
Ursula Stenzel zieht Nazi-Parallele mit ORF-Moderators Interviewstil
Der Streit zwischen der FPÖ und dem ORF erreichte durch eine Aussage der Wiener FPÖ-Politikerin Ursula Stenzel einen Höhepunkt der Absurdität, indem sie Wolf mit Nazi-Richtern im Volksgerichtshof verglich. Wolf könne laut Stenzel, die selbst vor ihrer politischen Karriere fast 30 Jahre lang Redakteurin und Moderatorin beim ORF war, auch vor einem Volksgericht auftreten, um seine Interviewpartner zu "verhören".
Der Volksgerichtshof wurde 1934 in Berlin als Sondergerichtshof eingerichtet und war im NS-Staat für die Verurteilung von Hoch- und Landesverrat zuständig. Der frühere Bundespräsident Heinz Fischer kritisierte Stenzels absurden Vergleich und verurteilte die rassistische Karikatur. Er erklärte, dass niemand, der etwas aus der Geschichte gelernt habe, eine solche Illustration akzeptieren könne und sie folglich abzulehnen sei.
Strache möchte "wie ein Löwe" gegen ORF-Gebühren kämpfen
Der Vorsitzende des Stiftungsrates, Norbert Steger, schloss sich Wolfs Kritikern an und plädierte in der Tageszeitung "Österreich" für eine Pause des ORF-Moderators. Stegers Vorschlag verwundert nicht, da er von 1980 bis 1986 selbst Bundesparteiobmann der FPÖ war. Armin Wolf hat sich gegen die Hetzkampagne in seinem Blog verteidigt und erklärte unter anderem, dass er keine Auszeit nehmen werde.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat Vilimskys Forderung nach einem Rauswurf Wolfs eindeutig abgelehnt. Allerdings haben sich ÖVP und FPÖ bereits eine Zweidrittelmehrheit im Stiftungsrat des ORF zugesichert, was bedeutet, dass Wrabetz hierdurch theoretisch abgesetzt werden könnte. Weiters möchte Strache "wie ein Löwe dafür kämpfen, dass noch in dieser Regierungsperiode die ORF-Zwangsgebühren abgeschafft werden", wie er in einer Rede im Rahmen des Wahlkampfauftakt für den EU-Wahlkampf schilderte.
Im Rahmen der Romy-Verleihung im April meldete sich Armin Wolf auch zu diesem Vorgehen der Regierung zu Wort und warnte vor der Finanzierung des ORF aus dem Staatsbudget: "Bitte bezahlen Sie weiter, solange man Sie noch lässt. Wenn man Sie nämlich nicht mehr lässt, dann haben wir einen Staatsfunk."
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärt zum internationalen Tag der Pressefreiheit am dritten Mai auf seiner Webseite: "Wer die Pressefreiheit angreift, gefährdet einen Wesenskern unserer Demokratie. Wenn versucht wird, Journalistinnen und Journalisten einzuschüchtern oder gar das Recht auf Kritik grundsätzlich einzuschränken, dann werden Grenzen überschritten. Wir als Demokratinnen und Demokraten wollen und müssen wissen, was bei uns, in Europa und der Welt los ist. Und die Berichterstattung darüber darf, nein, sie soll sogar auch kritisch sein. Verboten ist nicht Kritik, sondern jeder Versuch politischer Zensur."
Der Versuch, kritische Medien und Berichterstatter einzuschränken, zeigt aber auch, dass es auch außerhalb Österreichs viele Anhänger gibt, die sich mit den gefährdeten Journalisten solidarisieren. So hat beispielsweise Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, Wolf verteidigt und gesagt, dass ein Politiker kritische Fragen eines Moderators aushalten muss, ohne dabei auszurasten.
Wenn es jedoch der Freiheitlichen Partei gelingen sollte die Gebühren abzuschaffen, würde dies einen großen Verlust von unabhängiger Berichterstattung zur Folge haben und somit den Einfluss der Rechten in der österreichischen Medienlandschaft verstärken.