Die Nato macht uns nicht sicherer, sondern unsicherer

Bild: StuckInLagToad / CC BY-SA 4.0 Deed

Trump provoziert mit Nato-Bashing, die Europäer sind aufgeregt. Dabei zeigt ein Blick auf die Allianz, dass sie den Kontinent immer mehr destabilisiert. Ein Kommentar.

Trumps Bemerkungen, er würde Nato-Staaten nicht zur Hilfe kommen, wenn die nicht die geforderten zwei Prozent des BIP an Militärausgaben erreichen, haben Europa aufgeschreckt.

Man kann Trumps Nato-Bashing, seine impliziten Drohungen, die Nato im Zweifelsfall zu verlassen, sicherlich als unipolare Rhetorik, ausgerichtet auf seine Wählerschaft, abhaken.

Warum hängen die Europäer an der Nato?

Denn Trump und seine Berater wissen sehr wohl, dass das westliche Militärbündnis ein sehr effektives Instrument ist, um Europa an sich zu binden. Warum sollte ein US-Präsident es aus der Hand geben?

Die Frage ist vielmehr, warum die Europäer so an der Nato hängen.

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat die Nato eine starke Aufwertung in den EU-Ländern erfahren. Ihr Ansehen und ihre Strahlkraft dringen heute selbst in gesellschaftliche Schichten vor, in denen "militärische Lösungen" und Aufrüstung früher strikt abgelehnt wurden.

Insofern funktionierte der Ukraine-Krieg wie ein intellektueller Durchlauferhitzer: Das Militärische, die Nato stehen heute hoch im Kurs.

Russland: Militärischer Koloss oder "Papiertiger"?

Aber das ist falsch, während die Annahmen, auf denen das positive Bild der Nato fußt, infrage gestellt werden sollten.

Eine Kernprämisse, mit der die Existenz der Nato, ihr Sinn, gerechtfertigt wird, ist, dass das atlantische Bündnis für Sicherheit und Verteidigung steht und sie garantiert.

Doch die Frage ist: Gegen wen benötigen die EU-Staaten, der reichste und wehrhafte Kontinent der Welt, den Schutz von den USA? Wer würde sich trauen, sie anzugreifen?

Russland hat es nicht einmal geschafft, das an der eigenen Grenze gelegene Kiew unter Kontrolle zu bringen. Im Vergleich zu den Nato-Staaten ist das Land eher "Papiertiger" als der heraufbeschworene militärische Koloss, der den Westen abräumen kann. In Europa gibt es Atomwaffen. Und so weiter.

Nato ist kein Verteidigungsbündnis

Wir brauchen die Nato nicht, um sicher in Europa zu leben. Die Militärallianz ist auch kein Verteidigungsbündnis, das auf die Sicherheit der Bevölkerungen in Europa ausgerichtet ist.

Sie wurde deswegen nicht gegründet und betrieben. Das wurde den Menschen zwar über Jahrzehnte erzählt. Aber dadurch wird es nicht wahrer.

Offiziell hieß es nach dem Zweiten Weltkrieg, die USA wollten damit der Gefahr aus der Sowjetunion begegnen.

Doch erst die Wiederbewaffnung der BRD innerhalb der Nato führte zur Gegenreaktion, dem Warschauer Pakt. Die Russen und Osteuropäer konnten sich nämlich noch gut an die Zeit zwischen 1933 und 1945 erinnern.

Als die UdSSR der Nato beitreten wollten

Zuvor hatte die UdSSR versucht, der Nato beizutreten, da man eine erneute Militarisierung Deutschlands befürchtete. Auf der sogenannten Berlin Konferenz im Februar 1954 hatte der russische Außenminister Molotow zudem eine Alternative vorgeschlagen: eine pan-europäische, kollektive Sicherheitsarchitektur.

(Der französische Präsident Charles de Gaulles sollte einen ähnlichen Vorschlag machen, eine gemeinsame Sicherheitszone vom Atlantik bis zum Ural. Putin schloss vor der Ukraine-Krise immer wieder im Sinne der KSZE daran an, um ebenfalls eine pan-europäische Lösung politisch zu forcieren.)

Zugleich sollte dabei Deutschland wiedervereinigt und neutralisiert werden.

Es gab vor und nachher weitere Vorschläge vonseiten Moskaus, eine unabhängige europäische Lösung zu finden. Die USA lehnten alle ab, weil sie davon ausgeschlossen worden wären.