Die USA nur noch den US-Bürgern

Arabisch aussehende illegale Einwanderer wurden wie Schwerstkriminelle behandelt und verschiedentlich misshandelt, Studenten aus arabischen Ländern, die zum Urlaub nach Hause gefahren sind, wissen nicht, ob sie zurück dürfen

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Illegal in die USA einzureisen, ist bekanntermaßen ein krimineller Delikt. Seitdem Terroristen zum Freiwild geworden sind und die US-Regierung bestimmt, wer Terrorist ist, sind illegale Einwanderer zum Spielball zwischen der Einwanderungsbehörde und dem FBI geworden.

"Evil must be caught by name," sagte Georges W. Bush bei seinem Besuch in Old Europe. Da lag schon der Bericht vom Generalinspekteurs des Justizministerium, Glenn A. Fine, auf dem Tisch. 760 Männer und Frauen mit arabischer Nase oder arabischer Sprache, die nach dem 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten als illegale Immigranten aufgegriffen wurden, erlebten die US-Justiz fern von demokratischen Spielregeln.

Dem FBI wird vorgeworfen, dass die Behörde bei der Rasterfahndung keinen Unterschied machte zwischen mutmaßlichen Terroristen und Personen, die über die zuvor von den US Behörden erteilte Erlaubnis hinaus im Land angetroffen wurden. In den Gefängnissen, nachweislich in Brooklyn New York, wurden sie Tag und Nacht unter künstlichem Dauerlicht gehalten. Viele wussten nicht einmal, weswegen sie ins Gefängnis gesteckt wurden. Das Recht, Angehörige oder Anwälte zu informieren, wurde nach dem Motto "Arbeit nach Vorschrift" aus Überlastung vergessen oder über Tage und Wochen in die Länge gezogen. Die Einwanderungsbehörde wollte erst nach der Freigabe durch das FBI tätig werden. Das FBI wiederum brauchte durchschnittlich 80 Tage, um einen Fall zu bearbeiten. 500 Personen sind mittlerweile sang- und klanglos abgeschoben worden. In keinem Fall war ein Terrorist ins Netz der Verdächtigungen gegangen.

Barbara Comstock, die Pressesprecherin des Justizministeriums, erklärte nach Vorlage der von außen erzwungen internen Untersuchung:

Der Bericht des Generalinspekteurs steht in Übereinstimmung mit dem, was Gerichte immer und immer wieder entschieden haben - dass unser Vorgehen in voller Übereinstimmung mit dem Gesetz erfolgt und notwendig ist, die US-Bevölkerung zu schützen. Wir sehen keinen Grund uns für legale Wege zu entschuldigen, solange sie die amerikanische Öffentlichkeit vor weiteren terroristischen Anschlägen schützt.

In einem Editorial der Washington Post heißt es dazu:

Man könnte annehmen, die Ausführungen von Frau Comstock zeigen, dass Herr Fine eine Rechtfertigung geliefert hat. Das wirft die Frage auf, ob sie denselben Bericht meint, den wir bekommen haben. Den Bericht nämlich, der ein erschreckende Bild zeigt von den Entscheidungen des Justizministeriums, die das Leben und die Freiheit vieler Menschen unnötig belastet haben und in einem Staatsgefängnis zu einer Reihe von Misshandlungen führten.

Die New York Times veröffentlichte eine Zusammenfassung des Fine-Reports. In seinem begleitenden Artikel stellt Eric Lichtblau die Begleitumstände der Rasterfahndung heraus: "Einige illegale Einwanderer wurden zufällig an den Haltestellen öffentlicher Verkehrmittel aufgegriffen, andere wurden anonym angezeigt, weil sie Moslems waren." Anthony D. Romero von der American Civil Liberties Union (ACLU) wird nicht müde zu kritisieren: "Die Immmigranten sind nicht die Feinde. Aber: Der Kampf gegen der Terrorismus wurde zum Kampf gegen die Immigration."

Selbst die American Association for the Advancement of Science (AAAS) verschickte am Wochenende eine Pressemitteilung, in der auf die Schwierigkeiten hingewiesen werden, die unerwünschte ethnische Gruppen bei der Wiedereinreise in die USA erwarten. Studenten, die bisher in den USA studiert und ihre Ausbildung nicht abgeschlossen, sondern urlaubshalber unterbrochen haben, müssten damit rechnen, kein Visum mehr zu bekommen oder am Flughafen zurückgewiesen zu werden. Das ist ein weiteres Hemmnis, nachdem durch SARS von vielen Universitäten schon die Rückkehr asiatischer Studenten behindert und vielfach eingeschränkt wurde.

Die Entscheidungskriterien sind nicht mehr transparent, so die AAAS und Anthony D. Romero von der American Civil Liberties Union. Das gilt nicht nur für bisherige, sondern ebenso für neue Sicherheitsbestimmungen, die mutmaßlich zum Januar nächsten Jahres greifen. Wahrscheinlich will die Regierung ihre Verordnung erst auf den Tisch legen, nachdem auch der letzte Kontrolleur für den Personencheck in den Flughäfen seine persönliche Sicherheitsprüfung durchgestanden hat.

Georges W. Bush beteuerte anfänglich, der Kampf gegen Terroristen sei kein mittelalterlicher Kreuzzug. Heute muss er sich fragen lassen, ob das ein Lippenbekenntnis war und warum sein Justizminister einen undemokratischen Weg geht.