Die Ukraine und das mächtige Wiederaufleben des US-Imperiums
Seite 2: Nato vollständig in die Hände der Europäer legen
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- Nato vollständig in die Hände der Europäer legen
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Für Washington, wie Anderson und Meaney betonen, geht der Einsatz in der Ukraine weit über die Frage hinaus, wessen Flagge über der Krim weht. Wenn die Ukraine ihren Krieg mit Russland "gewinnt" – wie auch immer der Begriff "gewinnen" definiert wird und wie hoch der Preis sein mag, den die Ukrainer dafür zahlen müssen –, wird die Nato selbst (und die Nato-Lobby in Washington) Anerkennung einfordern.
Seien Sie versichert, dass die großen europäischen Staaten dann ihre Versprechen, die Militärausgaben zu erhöhen, stillschweigend brechen werden, sodass die tatsächliche Verantwortung für die europäische Sicherheit wieder bei den Vereinigten Staaten liegen wird. Da der hundertste Jahrestag des Zweiten Weltkriegs nun in greifbarer Nähe liegt, werden die US-Truppen dauerhaft in Europa stationiert bleiben. Das wird für den gesamten militärisch-industriellen Komplex der USA ein Grund zum Feiern sein, denn er wird florieren.
Indem sie ihre Muskeln spielen lassen, werden die Vereinigten Staaten eine stark erweiterte Nato unweigerlich dazu veranlassen, ihre Aufmerksamkeit auf die Durchsetzung der "regelbasierten internationalen Ordnung" im asiatisch-pazifischen Raum zu richten, wobei China der auserwählte Gegner sein wird.
Die Ukraine wird dabei als eine Art Musterbeispiel dafür dienen, wie die USA und ihre Verbündeten viele tausend Kilometer von Europa entfernt ihr Gewicht in die Waagschale werfen.
Der globale militärische Fußabdruck der USA wird sich vergrößern. Die Bemühungen der USA, die Probleme im eigenen Land anzugehen, werden scheitern. Drängende globale Probleme wie die Klimakrise werden als Nebensächlichkeiten behandelt werden. Aber das Imperium, das keinen Namen hat, wird fortbestehen, und das ist letztlich der Sinn der Unternehmung.
Präsident Biden sagt gerne, dass die Welt an einem "Wendepunkt" angelangt ist, was bedeutet, dass wir die Richtung ändern müssen. Doch das übergreifende Thema seines außenpolitischen Ansatzes ist der Stillstand. Er hält an der geopolitischen Logik fest, die zur Gründung der Nato im Jahr 1949 führte.
Damals, als Europa schwach war und Stalin die Sowjetunion beherrschte, mag diese Logik durchaus ihre Berechtigung gehabt haben. Heute jedoch zeugt die Bedeutung, die der Nato beigemessen wird, in erster Linie vom Bankrott des amerikanischen strategischen Denkens und von der Unfähigkeit, den tatsächlich bestehenden nationalen Interessen der Vereinigten Staaten – sowohl im Ausland als auch im Inland – Vorrang einzuräumen.
Eine vernünftige Revision der nationalen Sicherheitsstrategie der USA würde mit der Ankündigung eines Zeitplans für den Rückzug aus der Nato beginnen und sie in eine Organisation umwandeln, die vollständig von Europa kontrolliert wird. Dass es nahezu unmöglich ist, sich ein solches Vorgehen der USA auch nur vorzustellen, zeugt von dem Mangel an Vorstellungskraft, der in Washington herrscht.
Das Interview erscheint in Kooperation mit dem US-Medium Responsible Statecraft. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.
Andrew Bacevich ist Präsident des Quincy Institute for Responsible Statecraft und schreibt regelmäßig für TomDispatch. Sein neues Buch, das er gemeinsam mit Danny Sjursen herausgegeben hat, heißt "Paths of Dissent: Soldiers Speak Out Against America's Misguided Wars". Sein neues Buch heißt "On Shedding an Obsolete Past: Bidding Farewell to the American Century".