Die perfekte Ausgangslage für einen Atom-Blackout in Frankreich
Seite 2: Armutszeugnis für die französische Atomindustrie
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Es ist natürlich auch ein Armutszeugnis für die französische Atomindustrie, dass Clement den Design-Fehler der eigenen Industrie zuschreibt, nämlich dem Kraftwerksbauer Framatome. Der hatte nach der Pleite von Areva die Sparte übernommen. Deshalb macht Clement das Problem sogar im eigenen Haus aus, denn seit 2018 eine Tochterunternehmen der EDF-Gruppe.
Die Leitungen der 900-MW-Reaktoren, wo das Design vom US-Atomanlagenhersteller Westinghouse entwickelt wurde - seien "kürzer" und daher viel weniger von Problemen mit Spannungsrisskorrosion betroffen, meint Clement. Angemerkt sei hier, dass auch Westinghouse inzwischen von Toshiba in die Insolvenz geschickt wurde.
Clement behautet, dass bisher bei diesen Reaktoren "keine Korrosionsspuren an den sicherheitsrelevanten RIS-Kreisläufen" gefunden worden seien. Darüber die RIS-Kreisläufe soll die Kühlmitteleinspeisung in den Primärkreislauf bei Kühlmittelverluststörfällen gewährleistet werden.
Doch er bestätigte nun vorhergehende Berichte, die auf Gewerkschaftsangaben zurückgehen, dass sehr wohl Korrosionsprobleme auch in einem solchen kleineren Reaktor, nämlich Chinon 3, gefunden wurden. In diesem Fall im RRA-Kühlkreislauf, damit handelt es sich auch um ein Problem im Primärkreislauf. Es ist also klar, dass sich die Korrosionsproblematik immer weiter ausweitet.
Damit aber nicht genug, drohen weitere Abschaltungen von Atomkraftwerken sogar schon im Frühjahr, weil es an Kühlwasser mangelt. So musste die EDF kürzlich schon auf die ungewöhnlich hohen Flusstemperaturen aufmerksam machen, welche das Unternehmen wahrscheinlich dazu zwingen werde, die Kernkraftwerksleistung diverser Reaktoren zumindest zu reduzieren.
Im Atomkraftwerk Blayais wurde schon die Kapazität von einem Meiler am 9. Mai reduziert, um die Gironde nicht noch stärker aufzuheizen. Um das Atomkraftwerk zu kühlen, wurde stattdessen Wasser aus der Garonne hineingepumpt. Das Problem kommt, angesichts der Tatsache, dass ohnehin nur die Hälfte der Meiler am Netz sind, für Frankreich zur Unzeit und es zeigt erneut, was von der angeblichen Versorgungssicherheit über Atomkraftwerke zu halten ist.
Auch Abschaltungen vom Reaktoren wegen fehlendem Kühlwasser sind wahrlich nicht unbekannt in Frankreich. Das war bisher aber erst im Sommer der Fall. Doch Dürre und ungewöhnlich hohe Temperaturen, an diesem Wochenende sollen es im Südwesten wieder 33 Grad werden, führen zu einem unlösbaren Problem für Atomkraftwerke.
Der Klimawandel und die Erhöhung der Temperatur wird das zu einem enormen Problem machen. So stellen auch Medien in Frankreich fest, dass noch nie zuvor schon im Mai die Drosselung eines Atomkraftwerks wegen der Aufheizung der Flüsse nötig geworden sei.
Die Klimakrise zeigt, dass sie mit Atomkraftwerken nicht kompatibel ist. Eine Aufheizung der Flüsse würde für einen Super-Gau für das Ökosystem Fluss bedeuten. Die Flüsse werden sich aber schon wegen des Anstieges der Temperaturen über den Klimawandel immer weiter aufheizen, weshalb verstärkt mit Abschaltungen von Kraftwerken zu rechnen ist.
Dass Frankreich weiter auf Atomkraft setzt und mit etlichen Neubauten die Stromkrise beseitigen will, ist -diplomatisch ausgedrückt – unbegreiflich. 10 bis 15 Jahre gehen ins Land, bis ein Neubau vielleicht ans Netz gehen kann. Wie will Land bis dahin seinen Strom erzeugen? Die Laufzeiten der Atomkraftwerke sollen auf bis zu 60 Jahre erhöht werden. Doch das beseitigt die Korrosionsprobleme und die Versprödung der Materialien nicht, die schon jetzt zu den vielen Abschaltungen führen.
Die Erfahrungen mit dem Neubau in Flamanville machen deutlich, dass es sich um eine Atom-Sackgasse handelt. Seit zehn Jahren sollte der neue EPR dort schon Strom liefern, ob er es jemals tut, darf bezweifelt werden. Derweil haben sich die Baukosten von geplanten 3,3 auf über 19 Milliarden schon vervielfacht. Und auch beim EPR ist längst ein Konstruktionsfehler bekannt, der sich zu den vielen Problemen hinzugesellt, die in Flamanville bekannt sind, wie ein schadhafter Reaktorbehälter.
Hätte man das viele Geld in erneuerbare Energien gesteckt, könnte man heute schon billigen Strom liefern, hätte die Energieabhängigkeit gesenkt und für Versorgungssicherheit gesorgt.