EU-UK-Deal: Gelingt beim Brexit doch die Quadratur des Kreises?

Vorerst mit sich zufrieden: Großbritanniens Premier Sunak und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. Foto: Pressedienst der Europäischen Kommission

Durchbruch mit Einigung zum Nordirland-Protokoll? Diese Frage ist ein gordischer Knoten. Drei britische Premiers konnten ihn nicht lösen.

Glücklich und mit sich selbst zufrieden wie die Katze, die das Zwitschervögelchen verspeist hat, traten am Nachmittag des 27. Februar 2023 der englische Premier Rishi Sunak und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gemeinsam vor die Presse. Die Inszenierung der Pressekonferenz in Schloss Windsor ging eindeutig in Richtung pompös.

Die prächtigen Gemälde und Vorhänge im Hintergrund und natürlich der englische König Charles III, der in einem Nebenzimmer wartete, um von der Leyen treffen zu können, nachdem Sunak nach London abgereist sein würde, um das Parlament über die Einigung zu informieren, untermalten die "historische Bedeutung", die mehr als einmal von beiden Seiten betont wurde.

Rishi Sunak spürt wohl, dass er die Einigung "groß" machen muss, um damit möglichst viel Druck auf die Skeptiker auszuüben. Die finden sich aufseiten der hartgesottenen Brexiteers in seiner eigenen konservativen Partei und natürlich in der protestantischen, nordirischen Democratic Unionist Party (DUP).

Richtig gelungen ist der Druckaufbau nach erstem Augenschein nicht. Baronin Arlene Foster, die ehemalige DUP-Vorsitzende kritisierte, dass der König hier in "krasser" Weise politisch instrumentalisiert worden wäre und dies würde "schlechte Folgen" haben.

Jacob Rees-Mogg, das frühere Kabinettsmitglied und einer der überzeugtesten Verfechter des harten Brexits, drohte: Indem der Premierminister den König in diese kontroverse Entscheidung mithineinzieht, würde er eben jene "gegen sich aufbringen" die er überzeugen wolle.

Es klingt also noch nicht ganz nach eitel Sonnenschein und dennoch ist die erzielte Einigung ein erstaunlicher Schritt und viel mehr, als sich die meisten von dem unglücklich agierenden Premierminister Rishi Sunak erwartet hätten.

Der unlösbare Konflikt

Mit dem Brexit hatten die Europäische Union und das Vereinigte Königreich in Bezug auf Irland die Wahl zwischen Pest und Cholera. Mit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der europäischen Freihandelszone hätte auch Nordirland diese verlassen müssen. Dies hätte eine "harte Grenze" zwischen der Republik Irland und Nordirland bedeutet, die viele als einen möglichen Grund für die Fortsetzung des irischen Bürgerkriegs erachten.

Nur mit großer Mühe konnte durch das "Karfreitagsabkommen" der Nordirlandkonflikt 1998 beruhigt werden. Unter anderem durch die Verständigung zu einer behördlichen Zusammenarbeit von Iren und Nordiren. Zwar wurde die Wiedervereinigung zunächst ausgeschlossen, bis zu dem Zeitpunkt, dass eine nordirische Mehrheit dies wünsche, aber durch die offene Grenze wuchs die irische Insel allmählich zusammen.

Wenn nun wiederum durch einen Sonderstatus für Nordirland dieser Status Quo beibehalten würde, dann müsste die Grenze zwischen der EU und dem UK folglich durch die irische See verlaufen. Dies wiederum können die London-treuen nordirischen Unionisten nicht zulassen, weil dies de facto einer Aufteilung Großbritanniens gleichkäme.

Die letzten Jahre brachten in dieser Frage vor allem eine gewisse Ermüdung zu Tage. Zwar behauptete der damalige Premier Boris Johnson gerne, eine befriedigende Einigung für beide Seiten sei in Griffweite, im Grunde aber wurde die Entscheidung lediglich vertagt. Das hochfrequente Austauschen der Premierminister trug das seine zur Ausweglosigkeit bei.

Die Europäische Union hat im Grunde nichts dagegen, dass Nordirland weiterhin in der europäischen Freihandelszone ist (man hätte die Briten ja alle gerne behalten), will dann aber auch, dass die eigenen Standards durchgesetzt werden. Genau dies können wiederum die freiheitsliebenden Brexiteers nicht dulden. Dem Joch der EU und der Gesetzgebung des Europäischen Gerichtshofs wollte man ja unbedingt entkommen.

Wenn dessen Entscheidungen weiterhin in Nordirland gelten würden, dann wäre entweder ein Teil des Landes von der Londoner Gesetzgebung abgespalten oder das Vereinigte Königreich würde Brüsseler Entscheidungen als Ganzes akzeptieren, womit der Brexit ad absurdum geführt wäre.

Sollen in Nordirland sowohl die Gesetze und Qualitätsstandards Londons als auch Brüssels gelten, dann ist die große Preisfrage, wie diese überprüft und durchgesetzt werden könnten, ohne eine harte Grenze durch die irische Insel zu ziehen, noch eine Seegrenzen mitten durch das UK zu errichten. Genau dafür wollen Sunak und von der Leyen nun eine Lösung gefunden haben.