EZB warnt vor Beschlagnahme russischer Gelder: Euro könnte unter Druck geraten
Wenn EU-Staaten diesen Weg gehen, könnte es ein fatales Signal an die Finanzmärkte sein. Dennoch drängen einige Staaten darauf. Warum das nicht immer uneigennützig ist.
Am Montag kamen die Außenminister der EU-Staaten in Luxemburg zusammen und berieten etwa über die aktuelle Situation in Russland und über weitere Hilfen für die Ukraine. Ihr wurden weitere 3,5 Milliarden Euro zugesagt.
Bei dem Treffen strebte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis danach, sich einmal mehr als Hardliner im Umgang mit Russland zu profilieren. An den Grenzen zu Russland und Weißrussland müsse weiter aufgerüstet werden, forderte er. Außerdem müsse die Ukraine unbedingt unterstützt werden in ihrem Bestreben, sowohl der Nato als auch der Europäische Union beizutreten.
Gemeinsam mit seinem estnischen Amtskollegen Margus Tsahkna sprach sich Landsbergis dafür aus, die eingefrorenen Reserven der russischen Zentralbank zu beschlagnahmen. Ihrer Vorstellung nach sollen sie für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden, heißt es im Handelsblatt.
Estland werde einen juristisch sauberen Vorschlag vorlegen, kündigte Tsahkna an und versprach, dass sich die EU auch an dem Vorschlag orientieren könne. Und seitens der EU-Kommission wurde ebenfalls versprochen, bis zur Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
EZB warnt vor Schaden für den Euro
Der Zugriff auf die russischen Gelder ist in der EU umstritten. Während die baltischen Länder und Polen auf eine Beschlagnahme drängen, warnen die meisten anderen vor einem Rechtsbruch. Deutschland gehört zur letzteren Gruppe; aber auch die Europäische Zentralbank (EZB) warnte kürzlich vor diesem Schritt.
Zuvor hatte die EU-Kommission verschiedene Möglichkeiten geprüft, um die russischen Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine nutzbar zu machen. Alle Möglichkeiten bergen rechtliche Risiken und könnten die Währungsstabilität gefährden. Von einer direkten Beschlagnahmung hatten die Beamten in Brüssel bereits Abstand genommen.
Eine mögliche Idee war dagegen, die eingefrorenen Mittel an einen Fonds zu übertragen, dessen Erträge dann Kiew zur Verfügung gestellt werden.
Vor diesem Vorgehen warnte die EZB kürzlich, berichtete die Financial Times. Dies würde ein falsches Signal an die globalen Märkte senden. Andere Zentralbanken, die große Geldreserven hielten, könnten dadurch ermutigt werden, dem Euro den Rücken zu kehren.
"Die Auswirkungen könnten beträchtlich sein: Es könnte zu einer Diversifizierung der Reserven weg von auf Euro lautenden Vermögenswerten führen, die Finanzierungskosten für europäische Staaten erhöhen und zu einer Diversifizierung des Handels führen", heißt es in einem internen EU-Vermerk, aus dem die Financial Times zitierte.
Bundesregierung fürchtet Präzedenzfall
Nachdem die EZB Bedenken geäußert hat, forderte die deutsche Bundesregierung weitere Überlegungen zu diesem Thema. Im Außenministerium ist man sich nach Informationen der Financial Times weitgehend einig darüber, dass Moskau für den Schaden in der Ukraine aufkommen müsse. Aber die Idee, russische Gelder für den Wiederaufbau zu verwenden, werfe "komplexe finanzielle und rechtliche Fragen auf".
Das deutsche Justizministerium habe die EU-Vorschläge geprüft, sagte ein deutscher Beamter der Financial Times. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass sie rechtlich nicht umsetzbar seien.
Dabei spielt auch die Befürchtung eine Rolle, mit dem Vorgehen einen Präzedenzfall zu schaffen, der Deutschland auf die Füße fallen könnte. Denn Polen könnte dann auch bestrebt sein, seine Reparationsforderungen an Berlin für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg auf demselben Weg zu befriedigen.
In Kiew hofft man dagegen, dass sich die Europäische Union schnell einigen wird. Man rechnet dort damit, dass die eingefrorenen Gelder jedes Jahr rund drei Milliarden Euro einbringen könnten.
Laut Financial Times prüft die ukrainische Regierung noch eine Alternative: Beschlagnahmte russische Vermögenswerte könnten als Sicherheiten dienen für Kredite, welche Kiew aufnehmen könnte. Und diese Gelder sollen dann investiert werden, wobei die erhoffte Rendite der Ukraine zur Verfügung steht.
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