Elektronische Patientenakte: Sind unsere Daten sicher?

Den Überblick über die eigenen Daten zu behalten, wird zunehmend schwierig. Symbolbild: Gerd Altmann / Pixabay Licence

Kabinett beschließt Digitalgesetze – und ignoriert zentralen Kritikpunkt von Ärztekammer und Patientenschutz-Stiftung. Was daraus folgen könnte.

Was die heute vom Bundeskabinett beschlossenen Digitalgesetze für ein zunehmend kommerzialisiertes Gesundheitswesen bedeuten, war und bleibt Thema vieler Diskussionen. Als Ziel wird unter anderem genannt, dass durch Zusammenführung von Daten schwere und seltene Erkrankungen schneller erkannt werden sollen und nicht erst nach Jahren der "diagnostischen Odyssee", wie es in der Vorlage für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz heißt.

Könnten Gesundheitsdaten, die offiziell zum Wohl der Versicherten gesammelt und gebündelt wurden, auch eines Tages gegen sie verwendet werden? – Befürchtungen dieser Art werden mit dem Stichwort "Eigenverantwortung" zumindest von neoliberalen Ökonomen geschürt.

Gesetzlich Versicherte sollen im Krankheitsfall stärker zur Kasse gebeten werden, wenn sie beispielsweise geraucht haben, übergewichtig sind oder sogenannte Risikosportarten betrieben haben, meint etwa Prof. Bernd Raffelhüschen, der von der Bild als "Deutschlands führender Finanzexperte" bezeichnet wird. Den Geist seines "Reformplans" atmet auch mancher CDU-Abgeordnete.

Mit dem Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens soll ab dem 15. Januar 2025 die elektronische Patientenakte (ePA) als allgemeiner Standard kommen – das elektronische Rezept (E-Rezept) soll bereits 2024 flächendeckend eingeführt werden. Letzteres klingt auf den ersten Blick nach einer Erleichterung – zumindest für jüngere Menschen, die digitale Endgeräte auch für zahlreiche andere Zwecke nutzen.

An ältere Menschen wurde im Ressort von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aber nach Meinung der Bundesärztekammer und der Deutschen Stiftung Patientenschutz zu wenig gedacht – vor allem beim zweiten Gesetz, dass die Kabinettsmitglieder heute auf Schloss Meseburg auf den Weg brachten.

Widerspruch nur mit geeignetem Endgerät

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) soll nach Aussage der Bundesregierung den Versorgungsalltag und die Forschungsmöglichkeiten verbessern – es regelt aber auch die Widerspruchsrechte der Betroffenen gegen die Datenübermittlung.

Bisher hat erst rund ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA). 2025 soll sie zum Standard werden – ausgenommen wird nur, wer aktiv widerspricht. Der Widerspruch soll jedoch laut Gesetzentwurf "über die Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts erklärt" werden. Ob und wie ein Widerspruchsverfahren auch in Papierform ermöglicht wird, bleibt den Krankenkassen überlassen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz betont in diesem Zusammenhang, dass Schweigen keine Zustimmung bedeutet – und dass ältere Menschen ohne Internetzugang hier "vollkommen abgehängt" würden. Dies war auch ein zentraler Kritikpunkt der Bundesärztekammer, als ihr der Referentenentwurf des Gesetzes vorlag. Nachgebessert wurde jedoch nicht.

"Deswegen haben die Abgeordneten im gesetzgeberischen Verfahren auch dafür zu sorgen, dass die oft betagten Betroffenen nicht im Regen stehen gelassen werden", erklärte an diesem Mittwoch Eugen Brysch vom Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Ebenso müssten Forschende verpflichtet werden, alle Ergebnisse transparent zu machen. Viel zu schnell verschwänden sonst unliebsame Erkenntnisse in der Schublade, meint Brysch.

Wird der Gesetzentwurf in diesen zentralen Fragen nicht nachgebessert, scheitert das notwendige Vorhaben vor Gerichten.


Eugen Brysch, Deutsche Stiftung Patientenschutz

Das darf als Ankündigung einer gerichtlichen Klage gelesen werden. Dabei lehnt Brysch die ePa nicht grundsätzlich ab, sondern vielmehr die Art und Weise, Bedenken wegzuwischen. "Ohne Not wird so die Skepsis in der Bevölkerung bei der elektronischen Patientenakte befeuert, obwohl die Einführung für Patientinnen und Patienten wichtig ist", erklärte er am Mittwoch.