Energiesparen: Habecks Nebelkerze

Habeck ruft zum Energiesparen auf. Das bringt wenig und übergeht die eigentlichen Probleme, sagen Umweltverbände. Bild: Pixabay

Energie und Klima – kompakt: Von falschen Prioritäten, einem gescheiterten Tankrabatt und von einem Wirtschaftsminister, der lieber Eulen nach Athen trägt, als seine Hausaufgaben zu machen

Diese Wochenschau war so gut wie fertig, da kommt noch eine wirklich gute Nachricht rein: Die Ausschüsse für Wirtschaft und Umwelt des Europaparlaments haben mit jeweils sehr deutlicher Mehrheit am Dienstag den Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt, Atomkraft und Erdgas in die sogenannte Taxonomie aufzunehmen.

Diese soll Kapitalströme in den Aufbau umweltfreundlicher und das Klima schonende Technologien leiten. Sparten die von der EU das entsprechende Label bekommen, gelten damit als nachhaltig. Damit kommen sie einfacher an Geldgeber, vor allem an solche, die ihr Geld umweltfreundlich anlegen wollen.

Würde sich die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag durchsetzen, könnten Bankberater künftig Menschen, die ihr Erspartes halbwegs sinnvoll anlegen wollen, Investitionen in neue Atomkraftwerke und Flüssiggasterminals als grüne Anlagen verkaufen.

Nach den Ausschüssen muss in drei Wochen noch das EU-Parlament über die Taxonomie abstimmen und danach der Ministerrat, das heißt, die Regierungen der Mitgliedsländer. Sollte eine der beiden Seiten dem gestrigen Ausschussvotum nicht folgen, müsste nachverhandelt werden.

Vielleicht kann das, was Klimaschützerinnen und Klimaschützer gerne Greenwashing nennen, also noch abgewendet werden. Weniger Erfreuliches gibt es allerdings aus Deutschland über geplante Kapitalströme zu berichten.

Gefährlich falsche Prioritäten

100 Milliarden Euro. Eine gewaltige Summe, die da eine ganz große Koalition von Unionsparteien, Sozialdemokraten und Grünen künftig in die Aufrüstung stecken will. Am 3. Juni hatte der Bundestag, wie berichtet, eine entsprechende Grundgesetzänderung beschlossen, und am vergangenen Freitag gab es nun auch das Okay des Bundesrats.

Damit kann das Parlament nunmehr mit einfacher Mehrheit ein kreditfinanziertes Sondervermögen von bis zu 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung einrichten. Willem Zwo, also Kaiser Wilhelm II., dessen massive Aufrüstung und dessen Russophobie einst viel zum Ausbruch des ersten Weltkriegs beitrugen, lässt grüßen.

Man stelle sich vor, dieses Geld würde in den Klimaschutz gesteckt, in den Umbau von Energieversorgung, Industrie und Verkehrssysteme. Oder auch in die Krisenprävention. Statt die total verarmte, von Oligarchen ausgeplünderte Ukraine seit rund 20 Jahren oder mehr in eine Position zu drängen, in der sie sich zwischen der EU und Russland entscheiden musste, hätte man ihr ja auch Kredite anbieten können, um der desolaten Wirtschaft auf die Beine zu helfen.

Frieden und Umwelt

Wie dem auch sei. Die Tatsache, dass nun für zerstörerische Aufrüstung auf einmal quasi über Nacht Geld aus dem Hut gezaubert wird, dass für so vieles andere nötiger gebraucht würde, zum Beispiel auch für die Linderung der auf uns zurollenden globalen Katastrophe aus epischen Hungerkatastrophen, zerstörerischen Extremwettern, steigenden Meeresspiegeln und sich durch verschobene Klimazonen ausbreitende Krankheiten, brachte am Freitag vor dem Bundesrat ein Bündnis von Friedens- und Umweltinitiativen auf die Beine.

Die katholische Friedensorganisation pax christi demonstrierte gemeinsam mit der Deutschen Friedensgesellschaft, den Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW), den klima-bewegten Parents for Future und anderen, um die Länderkammer doch noch in letzter Minute zum Umdenken zu bewegen.

Die Mittel für die massive Erhöhung des Rüstungsetats fehlen bei der finanziellen Bewältigung der Bedrohung von Nahrungsmittel- und Energiesicherheit, der Klimaverwerfungen und der globalen Ungerechtigkeit. Sie drohen zur Quelle neuer Kriege zu werden.

Christine Hoffmann, pax-christi-Generalsekretärin

Für rund 400 Millionen könnte man zum Beispiel 500.000 Klassenräume mit je zwei Luftfiltern ausstatten. Für zehn Milliarden Euro könnten 100.000 dringend benötigte Pflegekräfte ein Jahr lang halbwegs angemessen entlohnt werden.

Und für 12,8 Milliarden Euro könnten die zusätzlichen Wasserstoff-Speicher gebaut werden, die nach einer neuen Studie ergänzend zu den bestehenden Erdgasspeichern geschaffen werden müssen, um rasch auf eine Wasserstoffwirtschaft umzustellen.

Tankrabatt

Doch nichts von dem geschieht. Nur für ein gigantisches Rüstungsprogramm ist Geld vorhanden. Und für einen Tankrabatt, der nicht bei den Autofahrer sondern bei den Energiekonzernen ankommt. Das legen zumindest die weiter hohen Preise an den Tankstellen nahe.

Letzte Woche mussten noch immer durchschnittlich 1,95 Euro für den Liter Benzin und fast Zwei Euro für einen Liter Diesel bezahlt werden. Marcel Fratzscher Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung fordert daher gegenüber dem ARD-Nachrichtenprogramm Bericht aus Berlin, den Tankrabatt, das heißt, die befristete Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe, sofort zu beenden.

Asien kauft in Russland

China hat inzwischen Deutschland als wichtigsten Abnehmer russischer Kohle-, Öl- und Gasexporte übernommen, berichtet die indische Economic Times. Vor allem Rohöl und seit jüngerem auch Gas kauft das Land der Mitte beim nördlichen Nachbarn ein.

Demnach sind während der ersten 100 Tage des Ukraine-Kriegs insgesamt noch immer 61 Prozent der russischen Energieexporte – im Wert von 57 Milliarden Euro – in die Europäische Union gegangen. Nicht-EU-Abnehmer würden aber an Bedeutung gewinnen. Da diese oftmals nicht über Pipelines aus Russland versorgt werden könnten, gebe es auf dem Weltmarkt derzeit eine große Nachfrage nach Tankern.

An anderer Stelle berichtet die gleiche Zeitung, dass Indien und andere asiatische Länder trotz erheblichen Drucks der US-Regierung ein zunehmend wichtigere Rolle für Russland spielen würden. Indien habe im Mai 18 Prozent der russischen Ölexporte aufgekauft. Damit hätten die dortigen Raffinerien 27 Prozent ihres Bedarfs gedeckt. Vor dem Ukraine-Krieg wären lediglich ein Prozent der russischen Ölausfuhren nach Indien gegangen.