Erdogans Arm reicht bis in deutsche Schulen
Seite 2: Berlin geht neue Wege
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Dass es in der nächsten Zeit einen größeren Nachschub an Erdogan-Treuen geben wird, damit rechnet selbst die Berliner Verwaltung. Die Konsulatslehrer sind nur für 5 Jahre abgeordnet. Alle Lehrer, die für das Konsulat arbeiten, müssen im Konsulat einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie Auskunft über Anschauungen und Herkunft geben müssen.
Die Berliner Schulverwaltung hatte bislang den Türkischunterricht durch Konsulatslehrer unhinterfragt genehmigt, Kostengründe dürften ein wesentlicher Faktor gewesen sein, warum weggeschaut wurde. Der Grünen-Politiker Özcan Mutlu brachte das Problem auf den Punkt:
Es ist ein Irrglaube, dass sich so Geld sparen lässt: Die späteren Reparaturkosten werden höher sein. Wenn die Kinder indoktriniert werden, ist es umso schwieriger, diese Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren. Die Gefahr der Einflussnahme ist gegeben, daher dürfen und können wir nicht zulassen, dass integrationshemmende politische Propaganda in unseren Schulen betrieben wird, von niemanden.
Özcan Mutlu
Er schlägt vor, die im Moment tätigen Konsulatslehrer in die Lehrerkollegien zu integrieren. Falls die Integration des Türkisch-Unterrichts in die Alltagspraxis des Schulunterrichts mit dem Fokus auf demokratische Werte abgelehnt werde, sei Vorsicht geboten, so der Bundestagsabgeordnete Mutlu.
Für den Übergang zu mehr staatlich ausgebildetem Lehrpersonal könne man einen Lehramtsstudenten für 90 Minuten pro Woche bezahlen, das sei nicht unerschwinglich. Und es wäre zumindest eine Möglichkeit für den Übergang, bis mehr ausgebildete Türkischlehrerinnen und -lehrer die deutschen Universitäten verlassen.
Die Berliner Bildungsverwaltung hat in den nächsten 4 Jahren in dieser Frage große Aufgaben zu bewältigen. Der Berliner Koalitionsvertrag sieht vor, die Auswahl an ersten und zweiten Fremdsprachen zu erweitern. Neben osteuropäischen Sprachen soll ein besonderes Augenmerk auf den Sprachen Türkisch, Arabisch und Kurdisch liegen.
Der Berliner Senat muss nun Kontrollmechanismen erarbeiten, wie verhindert werden kann, dass nationalistische, rassistische und sexistische Unterrichtsmaterialien aus den Herkunftsländern zum Einsatz an staatlichen Schulen kommen können. Die Förderung der Muttersprachen großer Migrantengruppen an Schulen ist ein gutes Zeichen in Berlin.
Berlin ist mit der Festschreibung im Koalitionsvertrag Vorreiter darin, die vielen kurdischen Familien, die hier bislang mit dem Label "Türken" bedacht wurden, aus ihrer Stigmatisierung als "Bergtürken" herauszuholen. Wenn nun, nach über 40 Jahren, die kurdischen "Gastarbeiter" - und das waren die meisten türkischen Gastarbeiter - endlich hier ohne Diskriminierung ihre Sprache beruhigt an ihre Kinder und Enkel weitergeben können, und sie diese Sprache auch an den Schulen lernen können, dann ist das ein großer Schritt.
Es ist aber auch ein mutiger Schritt, denn die kurdische Sprache ist in der Türkei mittlerweile wieder geächtet, ja, mittlerweile quasi wieder verboten. So wurden zum Beispiel alle Schilder der Bürgermeisterämter in kurdischer oder aramäischer Sprache am Eingang der Ämter entfernt.
Die Anstalt für Presseanzeigen in der Türkei hat angeordnet, dass nur noch in rein türkischsprachigen Zeitungen Regierungserklärungen und Gesetzesänderungen abgedruckt werden dürfen. Die staatlichen Anzeigen sind für verschiedene lokale Zeitungen meist die Haupteinnahmequelle.
Mit dieser Maßnahme zwingt die Anstalt kleinere Zeitungen im kurdischen Teil der Türkei, die kurdischen Seiten ihrer Zeitung abzuschaffen, um die Existenz der kompletten Zeitungen nicht zu gefährden. Die Zeitungen Özgür Gün und Tigris reagierten umgehend und strichen ihre kurdisch-sprachigen Seiten.