Eskaliert mit Transnistriens Ruf nach russischem Schutz der nächste Konflikt?

Der russische Verteidigungsminister Sergei Shoigu inspiziert die Garnison mit russischen Soldaten in Transnistrien, 2019. Bild: Mil.ru / CC BY 4.0

Die abtrünnige Region ähnelt anderen in der postsowjetischen Zeit. Seit dem Ukraine-Krieg brodelt es. Eine Einschätzung des gefährlich zugespitzten Konflikts.

Kommt nach dem Einmarsch von russischen Truppen in die Ukraine, der Besetzung des Donbass und der Krim-Halbinsel im Osten, sowie der russischen Abwehr von georgischen Truppen, die 2008 versuchten, die Gebiete Abchasiens und Südossetien gewaltsam zurückzuerlangen, nun die militärische Intervention in der Region Transnistrien, der nicht anerkannten abtrünnigen Region der Republik Moldawiens an der Grenze zur Ukraine?

Kreml: Schutz von Landsleuten hat Priorität

Diese Befürchtung hat gestern neue Nahrung bekommen. Nach Medienberichten haben Politiker in Transnistrien in einem Sonderkongress Moskau angerufen, ihre Region gegen Drohungen vonseiten der Zentralregierung in Moldawien zu schützen.

Der Kreml erklärte daraufhin, dass "der Schutz der Interessen der Bewohner Transnistriens, unserer Landsleute" eine der "Prioritäten" sei.

Der Streit um Transnistrien ist kompliziert, wie es bei vielen Regionen in der postsowjetischen Zeit der Fall ist. 1992 kam es zu einem Konflikt zwischen transnistrischen Separatisten, von Teilen der sowjetischen Armee unterstützt, und Moldawien.

Bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen kamen 700 Menschen um. Durch Stationierung von russischen Friedenstruppen wurde der Konflikt eingefroren in einen Waffenstillstand.

Transnistrien zwischen den Fronten

Seit der russischen Invasion in die Ukraine haben sich die Spannungen jedoch wieder erhöht, während es zu einer Serie von Anschlägen in dem Gebiet kam. Es gab Vorwürfe von beiden Seiten. Moskau behauptete, die Ukraine wolle militärisch in Transnistrien vorgehen, während die ukrainische und moldawische Regierung warnten, Russland plane einen Staatscoup in Moldawien.

Gleichzeitig geriet Transnistrien, eine Enklave – ein schmaler Streifen von 2.500 Quadratkilometer zur ukrainischen Grenze –, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und die Konfrontation Russlands mit der Nato und der EU, ökonomisch, politisch und militärisch unter Druck.

Die Ukraine schloss ihre Grenze zu Transnistrien. Ein Viertel des Handels der Enklave fiel dadurch weg. Transnistrien erhält zwar weiter kostenlos russisches Gas. Doch das könnte enden. Das Abkommen über den Gastransit durch die Ukraine läuft im Dezember aus. Ob es verlängert wird, ist unklar.

Die Republik Moldau verhindert seit Kriegsbeginn auch die rotierende Erneuerung russischer Friedenstruppen in Transnistrien. Dazu kommen Forderungen, die russischen Soldaten auszuweisen.

Zugleich drängte Moldawiens Regierung darauf, den Konflikt mit Transnistrien endlich zu lösen. Das würde auch den angestrebten Beitritt zur EU vereinfachen. Brüssel verlieh Moldawien, auch in Reaktion auf den Ukraine-Krieg, im Juni 2022 schließlich den Kandidatenstatus und gab im Dezember 2023 grünes Licht für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.