Euro: Run aufs Hartgeld

Mit der Vorverteilung werden nur Münzen, keine Scheine ausgegeben

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Nachdem die Unternehmen (sofern die das gewollt haben) bereits mit Euro-Münzen und Banknoten versorgt sind, dürfen nun ab gestern, Samstag 15. 12. auch die Konsumenten an die neuen Euromünzen heran. Die Hartgeld-Vorverteilung an die Verbraucher beginnt. Da die Banken üblicherweise erst Montag wieder offen haben, wird der Run aufs Hartgeld am 17. einsetzen

Die nationalen Zentralbanken in den Euroländern versprühen Optimismus. Durchaus zu Recht, denn die logistischen Vorbereitungen dürften zumindest in Mitteleuropa recht gut gelaufen sein (Umstellungspläne). Diese Vorbereitungen haben sich ja dadurch verschärft, da die ursprüngliche Euroeinführung von einer Phase von sechs auf eine von zwei Monaten verkürzt wurde.

Verbraucher: unmündig oder gefährlich?

Einen wahren Eiertanz führte die EZB (Europäische Zentralbank) mit der Vorverteilung an die Verbraucher auf: keine Banknoten, sondern nur Münzen, und dies eben erst ab 15. Dezember. Unternehmen konnten die Banknoten und Münzen ja schon seit September beziehen. Warum man hier seitens der EZB den Unternehmen vertraute, den Verbrauchern aber nicht, weiß niemand wirklich - die gelieferte Begründung, dass man damit Banknotenfälschungen vermeiden wolle, klingt fadenscheinig.

Tatsache ist, dass besonders Interessierte natürlich schon längst Münzen und Scheine befingern konnten, gelegentlich wurde ja auch schon damit zu zahlen versucht.

Dilettantische Begleitung

Abgesehen von den strikten Stichtagsregelungen hat sich im Zusammenhang mit der Euro-Einführung auch die EU-Kommission für eine Reihe von unsinnigen Maßnahmen stark gemacht, etwa Bankkonten und Schecks, Überweisungsformulare und Zahlungskarten schon Anfang Oktober 2001 auf den Euro umzustellen, oder die Doppelwährungsangabe mit Jänner 2002 umzudrehen.

Zum Glück wurde dies von den Meisten nicht ernst genommen, denn das hätte nur Verwirrung gestiftet. Nicht das Gelbe vom Ei waren auch die zentraleuropäisch gestalteten Materialien, etwa die EZB-Minibroschüre, mit der schließlich alle Euroland-Haushalte beglückt wurden.

Hier wurden in Hinblick auf wirtschaftliche Bildung und Basisinformation, die mit der Euroeinführung verknüpfbar gewesen wäre, tatsächlich Jahrhundertchancen vertan, denn die nächste Gemeinsame Währung, einen "Globo" oder so was ähnliches, erleben wir alle vermutlich nicht mehr.

Euro-Folgen 1: Preissteigerungen

Viele kleinere Preissteigerungen gab es, soweit man es bislang absehen kann, aber doch noch keinen Inflationsschub (vgl. IFAV http://www.ifav.de/de/Aktuell/Euro-Preise/euro-preise.html). Eine Reihe von Unternehmen hat ja musterknabenhaft schon im Sommer auf "runde Europreise" umgestellt bzw. erhöht - was zwar bei vielen Verbrauchern zu Verärgerung führte, aber offenbar die Kauflust nicht wesentlich schmälerte.

Euro-Folgen 2: geringere Transaktionskosten im Gemeinsamen Markt

Konsumentenschützer haben immer schon kritisiert, dass es zwar eine Gemeinsame Währung gibt, aber Überweisungen innerhalb der EU, oder das Geldabheben beim spanischen Automaten erheblich teurer ist.

Das wird sich nun bald ändern. Mit 1. Juli 2002 sollen Behebungen von Geldausgabeautomaten innerhalb der EU gleich viel kosten wie inländische Geldbehebungen, ab 1. Juli 2003 soll das dann auch für Überweisungen innerhalb der EU gelten. Eine Folge davon wird wohl sein, daß die Bankkosten im Inland entsprechend steigen werden.

Ein europäischer Markt?

Viele Verbraucher erwarten sich von der gemeinsamen Währung auch, dass die teilweise recht ausgeprägten Preisunterschiede in den Euro-Ländern wegfallen. Dies wird aber ein frommer Wunsch bleiben, denn Unternehmen wollen Märkte kontrollieren und differenzieren. Das heißt, wenn man wo höhere Preise durchsetzen kann, dann tut man das auch. Aus diesem Grund ist Deutschland zum Beispiel nie ein "einheitlicher" Markt gewesen, sondern in preisliche Regionen und Kleinbereiche gebrochen. Bestenfalls dort, wo eine Kette bundesweit vermarktet, gibt's Chancen auf einen bundesweit einheitlichen Preis.

Preisunterschiede

Nationale Differenzierungen wird es also weiter geben. Dazu kommt, daaa die Euroländer unterschiedliche Mehrwertsteuern haben. Beim elektronischen Versandhandel wird das den Internetshoppern bald auffallen: Trotz einheitlichem Euro muss nämlich ab einer bestimmten Umsatzgrenze die Zielland-Mehrwertsteuer verrechnet werden. D.h. wenn jemand aus Österreich bei Amazon.de bestellt, kostet ein Buch nicht mehr 14,90 Euro, sondern 15,32 Euro, denn aus den sieben deutschen Umsatzsteuerprozenten auf Bücher werden für Österreich zehn. Bei DM und Schilling ist das zwar auch schon so gewesen, aber halt nicht besonders aufgefallen.

Verbrauchernutzen

Nun, der direkte Nutzen des Euro für die Verbraucher besteht im Urlaub ohne Umwechseln (wenn das Urlaubsland ein Euroland ist), für Menschen in Grenzregionen und für die Businessflieger. Man wird sich da mit der gemeinsamen Währung leichter tun, keine Frage. Zuerst muß man sich jedoch an die neuen Wertrelationen gewöhnen - dieser Gewöhnungsprozeß dürfte für manche Bevölkerungsgruppen, Ältere vor allem, aber noch mühsam werden. In ein paar Tagen, wie viele Menschen heute meinen, geht das sicher nicht.

Europapolitisch kann die gemeinsame Währung eine neue Basis hergeben, wenn das Geld(symbol) imstande ist, die vielen kleinen nationalen Chauvinismen doch ein bißchen zu überbrücken. Können die 300 Millionen Menschen die Umwertung ihrer tagtäglichen Rechen- und Bewertungseinheit darüber hinaus dazu nützen, ihre eingeschliffenen persönlichen Konsumpräferenzen - angefangen von blanker Konsumgier, bis hin zu nie hinterfragten Gewohnheiten - durchzurütteln, dann wäre auch verbraucherpolitisch etwas gewonnen.

Verbrauchertipps

Gelassen an den Euro herangehen. Man wird sozusagen automatisch mit dem Euro versorgt. Ab 1. 1. 2002 kommen aus den Geldausgabeautomaten Euro, der Handel wird überwiegend mit Euro herausgeben (das Wechselgeld).

Münzen aus anderen Euroländern sollten in die karitativen Sammlungen, Banken wechseln meistens keine Münzen. Banknoten aus anderen Euroländern tauschen bis März 2002 die nationalen Zentralbanken kostenlos um.

Unaufgeregtheit und vorallem Geduld wäre mit alten Leuten angebracht.