Ex-Nato-Chef Rasmussen: Länder könnten Truppen in Ukraine entsenden
Beim Nato-Gipfel in Vilnius wird es wohl um Sicherheitsgarantien für die Ukraine gehen. Warum Kiew das nicht reicht und Polen eine Koalition der Willigen bilden könnte.
Eine Gruppe von Nato-Ländern könnte bereit sein, Truppen in der Ukraine zu stationieren. Das erklärte der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, berichtete die britische Zeitung The Guardian am Mittwoch.
Nur wenige Wochen vor dem Nato-Gipfel in Vilnius wird der Ton im Militärbündnis rauer. Am 11. und 12. Juli kommen die Vertreter der Nato-Staaten in der Hauptstadt Litauens zusammen, um etwa über den weiteren Umgang mit der Ukraine zu beraten.
Polen und die baltischen Staaten üben Druck auf die Bündnispartner aus, um die Fragen der zukünftigen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und von Sicherheitsgarantien für sie auf die Tagesordnung zu setzen.
Rasmussen ist inzwischen offizieller Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. In dieser Funktion hat er Europa und Washington bereist. Er erkundete laut The Guardian die Stimmung innerhalb der Nato-Länder.
Sollte Kiew auf dem Gipfeltreffen der Allianz keine konkreten Sicherheitsgarantien erhalten, könnten Nato-Staaten auf eigene Faust handeln. "Wenn sich die Nato nicht auf einen klaren Weg für die Ukraine einigen kann, besteht die klare Möglichkeit, dass einige Länder einzeln Maßnahmen ergreifen", so Rasmussen.
Die Frage ist allerdings offen, ob Rasmussen tatsächlich die Stimmung in den Nato-Staaten wiedergegeben oder lediglich den Wünschen Kiews Nachdruck verliehen hat.
Rasmussen betonte, es sei unbedingt notwendig, dass die Ukraine schriftliche Sicherheitsgarantien erhält – im besten Fall noch vor dem Gipfel. Sie sollten den Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse umfassen, eine gemeinsame Ausbildung in der Ukraine, eine verstärkte Produktion von Munition und ausreichende Lieferungen von Waffen, um Russland von einem weiteren Angriff abzuhalten.
Der ehemalige Nato-Generalsekretär machte zudem deutlich, dass Sicherheitsgarantien nur ausreichen, wenn es einen Fahrplan für einen Nato-Beitritt der Ukraine gibt. Denn einige Nato-Staaten könnten Sicherheitsgarantien nur deshalb befürworten, "um eine echte Diskussion über die Beitrittsbestrebungen der Ukraine zu vermeiden".
In Vilnius solle eine Einladung an die Ukraine ausgesprochen werden, Mitglied der Nato zu werden. Alternativ könne man sich auch darauf einigen, dass die Einladung im kommenden Jahr in Washington ausgesprochen werde.
Diese Einladung solle aber bedingungslos gelten. Für Schweden und Finnland galt ein Aktionsplan für die Nato-Mitgliedschaft. Im Falle der Ukraine solle ein solcher Zwischenschritt entfallen. "Alles andere wäre eine Enttäuschung für die Ukraine", so Rasmussen.
Diese Position wird seiner Ansicht nach auch von mehreren osteuropäischen Staaten befürwortet. Und für diese Länder sei ein Nato-Beitritt der Ukraine so bedeutsam, dass sie Truppen in die Ukraine entsenden könnten.
"Ich denke, die Polen würden ernsthaft in Erwägung ziehen, eine Koalition der Willigen zusammenzustellen, wenn die Ukraine in Vilnius nichts erreicht", so Rasmussen. Und die baltischen Staaten könnten dem Ruf folgen, auch wenn es hieße, Truppen in die Ukraine zu entsenden.
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