F.I.C.C. the WWW

Wie das semantische Web unser Leben wieder lebenswert macht

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am 6. August 1991 veröffentlichte Web-Gründer Tim Berners-Lee den Source Code, aus dem das WWW entstand, in der alt.hypertext news group. Fazit nach 15 Jahren: Bei aller technischen Fortentwicklung treiben wir steuerungslos wie 2001-Astronaut David Bowman in einem Trümmer-Universum aus hässlichen Googleresultlisten, blinkenden Werbebannern und Spamtexten. Web-Gründer Berners-Lee ist derweil, wahrscheinlich aus schlechtem Gewissen, schon bei der Entwicklung der nächsten Evolutionsstufe des Internet: dem Semantischen Web (engl. semantic web).

Grundidee des semantischen Webs ist es, Informationen nicht nur strukturell zu ordnen wie in HTML, sondern die bereitgestellten Informationen inhaltlich zu kategorisieren und zu präsentieren. Eine schwierige und weit reichende Aufgabe, die wir als Internetnutzer auf keinem Fall (wir erinnern an die endlose Rechtschreibreform) einem kleinen Kreis von Experten oder gar dem allgegenwärtigen "Markt" überlassen sollten. Daher sei hier die FICC (Free Initiative for Content Categorisation) vorgestellt, eine freie, unabhängige Initiative, die sich am 6. August diesen Jahres am ZÜRN (ZÜric institute for Retarded Norms) gegründet und die bereits wichtige Vorarbeiten für einen noch zu entwerfenden Standard der semantischen Kategorisierung von Inhalten geleistet hat. Einige der vorläufigen Ergebnisse seien hier zur weiteren Diskussion vorgestellt.

Tags

Fast jeder kennt die berühmten HTML-Tags, mit denen auch diese Website hier zusammengehalten wird. In HTML sind Tags in eckige Klammern eingefasst. So kennzeichnet ein <H1> dass der folgende Text als Headline der Ebene 1 aufzufassen ist. Beendet wird ein Tag durch ein dem Tagwort vorangestelltes "/". Somit beendet </h1> die Headline. Der dann folgende Text wird nicht mehr als Überschrift aufgefasst.

Das gleiche Prinzip soll für semantische Tags gelten. Contentproduzenten, Redaktionen, Websitebetreiber können damit Inhalte kennzeichnen, die ein noch zu entwickelnder semantischer Browser interpretieren wird. Ein semantischer Browser unterstützt das durch übermäßiges Internetsurfen ohnehin geistig geschwächte Individuum beim Verarbeiten und Verstehen der über das Netz vermittelten Informationen. Durch relative einfache Operationen wie Streichen und Ersetzen kann ein semantischer Browser die Produktivität und Lebensfreude eines Internetnutzers erheblich steigern.

Die semantischen Tags - eine vorläufige und offene Liste des f.i.c.c

<COPYPASTE> </COPYPASTE>
wegen der enormen Wichtigkeit, geradezu Allgegenwart kopierter Informationen auch in der Kurzform <CP> </CP> verfügbar. Kennzeichnet, dass die eingeschlossene Information nicht dem Wissen oder der Erfahrung des Autors entspricht, sondern per Copy und Paste aus einer frei zugänglichen Quelle entnommen wurde.

<DEHYPE> </DEHYPE>
Reduziert besonders häufig erwähnte Begriffe auf ein erträgliches Maß. Die Voreinstellung halbiert die Frequenz besonders nerviger Dauerthemen wie z.B. "Krankenkassenreform" "Hartz IV" oder "Web 2.0". Mit dem Shrink-Modifier kann festgelegt werden, um wieviel Prozent Berichte über den Hype heruntergedampft werden.

<DEHYPE Shrink="10%">Web 2.0</DEHYPE>
zeigt nur jeden 10. Bericht über Web 2.0 an.

<KRASS> </KRASS>
Kennzeichnet syntaxlose und häufig auch inhaltsleere Aussagen der Jugendsprache wie: "Ey alder", "weissu" und ersetzt sie durch gängige Begriffe der deutschen Hochsprache.

Beispiel:
<KRASS>Ey alder, krass weissu?</KRASS>

könnte durch einen semantischen Browser übersetzt werden.

"Hallo alter Freund, das ist wirklich erstaunlich, findest du nicht auch?"

<GRASS> </GRASS>
Günter Grass-Tag, blendet alle Berichte und Enthüllungen über Günter Grass, wie sämtliche außerliterarischen Selbstaussagen von Günter Grass systematisch aus. Im "default mode" des semantischen Browsers für alle nach 1970 Geborenen, im "strict mode" für alle Nutzer.

<HASTALAVISTA> </HASTALAVISTA>
Addiert in Berichten über das endgültige Erscheinen der neuen Betriebssystemversion VISTA automatisch zum angegebenen Datum 6 Monate.

<HASTLAVISTA>Oktober 2006</HASTALAVISTA> wird zu "April 2007"

<SPAMPEOPLE> </SPAMPEOPLE>
Nach dem erfolgreichen Test des <NOFRIEDMANN>-Tags wurde dieses auf eine frei konfigurierbare Liste erweitert und in Anlehnung an eine Idee des Autors Wiglaf Droste in SPAMPEOPLE umbenannt. Das Tag filtert nun mediale Dauernervensägen aus allen Wort-, Bild-, Audio- und Video-Beiträgen, die über das Internet übertragen werden. Aufgrund des ständigen Zustroms neuer Nervensägen gliedert sich das Tag in eine Defaultliste, die allgemein anerkannte Nervensägen enthält, und eine frei konfigurierbare Zusatzliste, die von Contentproduzenten, Nachrichtenagenturen, Websitebetreibern und individuellen Internetnutzern erstellt und gepflegt werden kann.

In aktuell gültigen RFC-Version ZÜRN-201 vom 19.8. 2006 ist die Defaultliste der Nervensägen vorbelegt mit:
DIETER BOHLEN, GUIDO WESTERWELLE, CLAUDIA ROTH, GUENTER JAUCH, DETLEF D. SOEST

Durch den IGNORE Modifier kann die Liste auch nutzerseitig beliebig erweitert werden.
IGNORE="Merkel, Münte*, Yvonne Catterfield, André Rieux, Ackermann"

<MEM> </MEM>
Zeigt an, dass diese Information aus dem Gedächtnis und der Erfahrung des Autors herrührt und es sich nicht um eine Second-Hand-Information handelt, die der Autor "irgendwo gelesen", sprich kopiert hat.

<NOPOP> </NOPOP>
Blendet alle Äußerungen und literarischen Beiträge von so genannten Popliteraten wie Christian Kracht, Benjamin von Stuckradt-Barre und Alexander von Schönburg aus.

mit dem Zusatz "IGNORE=girlies" werden zudem Beiträge, Berichte über und Fotos von Alexa Henning von Lange und Juli Zeh entfernt.

<IGNOREDARWIN> </IGNOREDARWIN>
Zeitgenossen, deren Zeitgenossenschaft sich dadurch kennzeichnet, dass sich lediglich ihre sterblichen Überreste im 21. Jahrhundert aufhalten, können mit diesem Tag alles Wissen, das nach dem 22. November 1859, dem Erscheinungstag der Origin of species von Charles Darwin, veröffentlicht wurde, ausblenden.

Mit dem Zusatz "REPLACE= "bible" werden die innerhalb der Tags befindlichen Informationen durch entsprechende Passagen der Bibel ersetzt.

Im Pic-Mode "PIC=0" werden auch Abbildungen, die die Evolutionstheorie unterstützen unterdrückt, bzw. durch "PIC=1" durch durch Abbilder russischer Ikonen oder verletzende Karikaturen ersetzt. Siehe Beispiel unten.

durch <IGNOREDARWIN PIC = "1">

<BORIS> </BORIS>
ersetzt in der nicht abreißenden Berichterstattung über die ständig wechselnden Liebschaften des Ex-Tennisstars die Namen der jeweils "Neuen" durch "aktuelle Gespielin".

<SLIM> </SLIM>
Kann von Personen, die stark zugenommen haben, verwendet werden, um Bilder, auf denen Sie breiter als hoch sind, durch andere Bilder, auf denen Sie noch schlank und rank waren, zu ersetzen. Fortentwickelung des <JOSCHKA>-Tags .

<DUDEN> </DUDEN>
ersetzt alle eingeklammerten deutschsprachigen Texte so lange durch die Schreibweise des Dudens von 1902, bis sich Verlage, durchgeknallte Rechtschreibreformer, Sonderpädagogen und profitgeile Wörterbuchverlage auf eine Schreibweise geeinigt haben. Wird bei Personen über 40 durchgängig ohne Endtag verwendet.

<NOLINK> </NOLINK>
Unterbindet einen Link von einer ungewünschten Seite auf die benannte Seite. Wer möchte sich schon auf Seiten mit Namen wie Jauchetaucher.de gelinkt sehen.

<NONAIDOO> </NONAIDOO>
In MP3-Tags und in Audiostreams verwendbares Tag, das den Hörer von sämtlichen Lautäußerungen und Reimversuchen des "Erlösers" Xavior (sprich Saviour) Naidoo erlöst. Durch das Replace-Tag ist einstellbar, welches akustische Ersatzmaterial stattdessen abgespielt wird.

REPLACE = "" - Stille, die man da zu nutzen einmal selbst über sein Verhältnis zu sich, anderen und der Schöpfung nachzudenken
REPLACE= "wald" - Vogelzwitschern aus einem Wald bei Mannheim REPLACE= "authentic" - ersetzt weichgespültem Erleuchtungspop in schlechtem Deutsch durch echten Soul von Curtis Mayfield.

<WELLNESS> </WELLNESS>
Kann als einzige Klammer ohne Endtag verwendet werden, so dass alle das persönliche Wohlbefinden störende Berichte, Photos und Kommentare, für alle folgenden Dokumente auf unbestimmte Zeit ausgeblendet werden, solange bis das </WELLNESS>-Tag auftaucht.

Noch umstritten sind zwei radikale Fortentwicklungen des <WELLNESS>-Tags, das <ZEN>-Tag und das <IGNOREALL>-Tag.

<ZEN></ZEN> synonym zu <IGNOREALL> </IGNOREALL>
Blendet sämtliche textliche und multimediale Informationen aus. Im usermode sieht der Nutzer unabhängig von der angesteuerte Website ein leeres Browserfenster.

RFC - Request for comments
Diese Liste ist, wie bereits erwähnt, sehr vorläufig und kann nur einen kleinen Einblick in die Theorie des semantischen Netzes geben. Das ficc hat am ZÜRN ein WIKI aufgesetzt, um weitere Beiträge der Internetnutzer für einen ersten Standard-Draft zu sammeln.

Unter ficc.wetpaint.com kann jeder Internetnutzer dazu beitragen. Die Initiatoren hoffen, damit der Menschheit Desaster wie einen Browserkrieg, den VHS-Standard und die Deutsche Rechtschreibreform zu ersparen.

Eric Klepptenberger ist Gründer des ficc und betreibt nach einem 16-semestrigen Studium der analytischen Philosophie zusammen mit ein paar Freunden eine Joggingwebsite.