FBI deckt internationale Verschwörung von Cyber-Terroristen auf

Oder waren es vielleicht doch nur ein paar Jugendliche, die in Chat-Rooms vor ihren Freunden angegeben haben?

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Die Welt kann froh sein, dass das FBI rechtzeitig auf die Gefahren von Cyberterrorismus und Hacker-Angriffen aufmerksam geworden ist. Die Einrichtung des National Infrastructure Protection Centers (NIPC) ermöglichte die frühzeitige Gefahrenerkennung und bewahrte die Netzwelt möglicherweise vor einem Schock am 1.Januar 2001. Denn da, wo einem normalerweise die voreingestellte Lieblings-Homepage mit animierten Gifs entgegenflattert, hätte nur ein schwarzes Loch gähnen können. Ein internationaler Ring gefährlicher Cyberterroristen hatte sich vorgenommen, in der Neujahrsnacht das Internet lahmzulegen.

Noch nicht näher definierte Scripts wollten sie in die Rechner einschleusen, die den Backbone des Internet bilden und als elektronische Postämter der Welt den Großteil aller IP-Pakete empfangen und weiterverteilen. Die Distributed-Denial-of-Service-Attacks (DDoS) gegen Yahoo! und andere Platzhirschen im Netz wären noch gar nichts im Vergleich zu diesem Angriff gewesen. Doch die Terroristen waren so unvorsichtig, sich über ihre Ideen in einem Chat-Channel auszutauschen und ein aufmerksamer und gesetzestreuer Netzbürger hat sie dabei belauscht. Er wandte sich an das NIPC, die in der Folge das Schlimmste zu verhindern wussten.

So ungefähr lautete sinngemäß eine Meldung von Reuters, die am 14.Jänner auf diversen Netznews-Sites lief. Doch liest man ein wenig weiter, kann man sich nur mehr am Kopf kratzen. Vier Teenager wurden daraufhin in Israel verhaftet. Mehrere Wohnungen in Nordamerika wurden durchsucht und Computer beschlagnahmt. Der Junge, dem einer der beschlagnahmten Computer gehört, hat inzwischen gestanden, nur vor seinen Freunden angegeben zu haben. Wie peinlich, für ihn, aber noch mehr fürs FBI. Und dass sie sich trotzdem nicht zu Schade sind, die Erfolgsmeldung in die Welt zu blasen.

Die Gefahren der Computer-(Un)Sicherheit sollen hier nicht verharmlost werden. Fälle wie der Einbruch in die Server von Egghead.com, wo möglicherweise 3,7 Millionen Kreditkartendaten gestohlen wurden, oder der Hack bei Microsoft, zeigen, dass die Sicherheit immer noch viel zu sehr auf die leichte Schulter genommen wird. Doch die Paranoia des FBI vor einigen angeberischen Teenagern tut dem eigenen Anliegen keinen guten Dienst. Script kiddies, bewaffnet mit der letzten Hacker-Tools-CD, werden wohl kaum über die Fähigkeit verfügen, die wichtigsten Server an den Hauptknoten des Internet in die Knie zu zwingen. Kurz vor Neujahr gab das NIPC eine Warnung vor einem möglichem großflächigem DDoS-Angriff heraus. Wenn sich dann so eine Teenie-Geschichte als Grundlage der weltweiten Warnung herausstellt, wird bald niemand mehr solche Warnungen ernst nehmen.

Die Motivation für das FBI ist wohl der Rechtfertigungsdruck. Da gibt es nun dieses Zentrum zum Schutz der "nationalen Infrastruktur". Dieses heißt schon einmal so, weil es auf der Annahme basiert, dass Hacker angeblich Kraftwerke lahmlegen und damit Großstädte verdunkeln und den Handel in Wall Street zum Zusammenbruch bringen könnten. Doch alles, was bisher zu Tage gefördert wurde, sind einige Rotzlöffel, die mit roten Ohren hinter der Playstation hervorgekorchen kommen. Diese werden dann, wie im Falle von "Mafiaboy", mit aller Macht des Gesetzes verfolgt. Dann gibt es aber noch eine schleichende Unsicherheit. Möglicherweise war Mafiaboy doch nicht für die DDoS-Angriffe vom Februar vergangenen Jahres verantwortlich. Dann sind die Täter also noch irgendwo da draußen. Das hieße, das NIPC hat versagt. Also muss man im Kampf um Aufmerksamkeit und Budgetmittel schnell noch eine Erfolgsmeldung nachschieben. Es wäre an der Zeit, dass die Strafverfolger den Sensationalismus, der von Mainstream-Medien gerne aufgegriffen wird, sein lassen und ihre legitimen Aufgaben zum Schutz der Netzinfrastruktur tatsächlich wahrnehmen, ohne permanent auf der politischen Klaviatur zu spielen.