Faktencheck: 5 Putin-Thesen bei Tucker Carlson – richtig oder falsch?
Seite 4: Putins These 3: Der Ukraine-Krieg dauert bereits seit 2014
- Faktencheck: 5 Putin-Thesen bei Tucker Carlson – richtig oder falsch?
- Putins These 1: Die Ukraine ist traditionell und rechtmäßig russisches Land
- Putins These 2: Die USA haben Russland einen Verzicht auf eine Nato-Osterweiterung versprochen
- Putins These 3: Der Ukraine-Krieg dauert bereits seit 2014
- Putins These 4: Russland war bereit, die Minsker Vereinbarung umzusetzen
- Putins These 5: Die Ukraine hat mit westlicher Unterstützung 2022 einen Frieden verhindert
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Diese Aussage wird auch russischen Kriegsgegnern gerne entgegengeschleudert, wenn sie sich gegen die blutige eigene Ukraine-Invasion ab Februar 2022 wenden. Interessanterweise ist sie sowohl verbreitet in den Reihen der Unterstützer der Ukraine unter Verweis auf den verdeckten Militäreinsatz Russlands in Krim und Donbass ab 2014 also auch unter den russischen Kriegsbefürwortern unter Hinweis auf die militärische Unterdrückung antimaidanischer Aufstände in der Ostukraine.
Beide wuchsen sich damals zu einem militärischen Konflikt aus. Tatsächlich haben 2014 beide Seiten nicht nach irgendwelchen Regeln gespielt.
Der bis Anfang 2022 festgefahrene Konflikt war nie komplett eingefroren, vereinbarte Waffenstillstände wurden von beiden Seiten gebrochen. Dabei wurden auch beiderseits Zivilisten beschossen, was eine OSZE-Beobachtermission minutiös festgehalten hat.
Dennoch ist die These vom seit zehn Jahren andauernden Ukrainekrieg, die auch von westlichen Fachleuten vertreten wird, nicht so unumstößlich, wie Putin suggeriert.
Wann startete der große Krieg?
Ein Krieg ist eine größere Auseinandersetzung zwischen Völkern mit militärischen Mitteln und vor allem die Größe unterscheidet ihn vom bewaffneten Konflikt. In den Jahren 2016 bis 2021 schwankte die Anzahl der zivilen Opfer im Donbass pro Jahr zwischen 25 und 112, mit abnehmender Tendenz.
Ein vollständiges Einfrieren des Konflikts war eine Hoffnung von vielen Menschen vor Ort, lag scheinbar in der Luft und verzögerte sich immer wieder durch die mangelnde Kompromissbereitschaft beider Seiten.
Erst durch die großangelegte Invasion Russlands in (falscher) Erwartung eines schnellen Sieges gegen Kiew 2022 wuchs der schwelende Konflikt zu einem großen Krieg an. 2022 und 2023 ist die Zahl der zivilen Opfer nie genau erfasst worden, Schätzungen gehen teilweise von mehr als 10.000 pro Jahr aus.
Der Verweis, ein zuvor bereits begonnener Krieg sei hier nur in eine neue Phase getreten, dient der russischen Regierung dazu, diese bewusste Eskalation mit vielen Todesopfern zu kaschieren.
Der Kiewer Regierung dient er dazu, einen langen Abwehrkampf gegen die Moskauer Bedrohung herauszustellen. Von einer neutralen Position ist es dennoch eher richtig zu behaupten, ein echter Krieg findet erst seit Anfang 2022 statt, der einen nie ganz beseitigten, schwelenden Konflikt ablöste.