Faschistischer Putschversuch gegen Roosevelt

Seite 3: Entschuldigung für Denkfaulheit

Die deutsche Filmkritik kann, wie die in den USA, mit "Amsterdam" nicht viel anfangen. Was da dann immer alles so geschrieben wird: "Der verworrene Plot lässt das Interesse erlahmen."

Wäre es nicht Aufgabe von Filmkritik, die Verworrenheit ein wenig zu mindern, indem man sie für die Leser entschlüsselt? Oder indem man ihnen seine Interpretation für die Verworrenheit liefert? Anstatt den Lesern einfach eine Entschuldigung für ihre Denkfaulheit zu geben?

Eigentlich sagt die Autorin dieses Satzes nichts anderes, als dass sie selbst den Film nicht verstanden oder sich nicht wirklich dafür interessiert hat.

Einen Satz wie – "Wer nach über zwei Stunden Laufzeit den Überblick behalten will, muss sich sehr konzentrieren. Die Irrungen und Wirrungen, die sich aus der Hin und Her pendelnden Zickzack-Dramaturgie ergeben, machen es dem Publikum schwer, bei der Sache zu bleiben." – könnte man über jeden Robert-Altman-Film formulieren. Aber wer war noch mal Robert Altman? So gesehen ist der Umgang mit "Amsterdam" ein Exempel über Verfallserscheinungen unserer gegenwärtigen Filmkultur.

"Faschismus ist das zentrale Thema von 'Amsterdam'"

Das Gegenbeispiel für derlei Befindlichkeitskritik bietet ein Text von Bert Rebhandl in der FAS. Darin heißt es unter anderem:

Faschismus ist das zentrale Thema von 'Amsterdam', auch wenn man das nicht sofort bemerkt. Denn David O. Russell steuert sein Anliegen auf komplizierten Umwegen an, und er tut es mit einer filmischen Erzählweise, die man zumindest als schräg oder merkwürdig oder exzentrisch bezeichnen müsste. ... Gerade in dieser im Detail ungeheuer präzise choreographierten Unfertigkeit liegt das Genie von 'Amsterdam'.

'Amsterdam' ist aber alles andere als ein politischer Traktat. Es ist vielmehr ein Beweis dafür, dass zwischen all den Superheldenfilmen und viel dramatischer Dutzendware immer noch genuine Begabungen im amerikanischen Kino existieren. Es sieht allerdings so aus, als wäre David O. Russell dieses Mal mit seinem Hang zum hintersinnigen Humor ein wenig zu weit gegangen.

Die Filmkritik in den USA konnte mit 'Amsterdam' nicht viel anfangen. Vor allem wurde bemängelt, dass die Geschichte nie so richtig auf einen Punkt komme. Gerade das aber sollte man unbedingt als Vorzug sehen. David O. Russell hat die vielen Anspielungen auf moderne Kunst in seinem Film sicher mit Bedacht gesetzt; er wollte wohl gerade eines nicht: eine klassische Komödie, wie sie in den Dreißigerjahren so zahlreich entstanden sind.

'Amsterdam' ist eine moderne Komödie, ein großartiges Spiel mit der Form, auch ein lustvolles Versagen vor der unlösbaren Aufgabe, den heutigen politischen Verhältnissen in Amerika gerecht zu werden. Ein Akt von Zivilcourage vielleicht sogar, dabei im Detail in jeder Sekunde unterhaltsam, und immer wieder richtig große Kunst.

Charmantes Laissez-faire und großes Kinovergnügen

"Amsterdam" ist ein sehr kluges Spiel mit dem Medium Film. Auf der Leinwand wechseln ständig die verschiedenen Objektive, die das Bild verzerren, die Handlung springt in der Zeit vor und zurück, von wechselnden Voice-overs gelenkt. Alles dies macht den außergewöhnlichen Charakter dieses Films deutlich.

Dies ist ein Film, der Aussehen und Look wichtiger findet als Handlung. Manche bemerken da "eine geradezu provokante Form des Laissez-faire". Sie ist aber nicht provokant, sondern charmant und kunstvoll übersprudelnd.

"Amsterdam" ist der ehrgeizige Versuch einer Art Film-Noir-Komödie mit satirischen Elementen. Nicht alles gelingt vielleicht, aber insgesamt ist dies ein großes Kinovergnügen, das zu den besonderen Filmen des Jahres gehört.

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