Flüsse und Binnengewässer schrumpfen weltweit
Seite 2: Landwirtschaftliche Intensivkulturen sind besonders durstig
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Auch das Wasser aus dem Colorado River versorgt rund 25 Millionen Menschen mit Trinkwasser und bewässert Hunderttausende Hektar Ackerland. Soll der See erhalten bleiben und der Fluss nicht eines Tages versickern, müssen die Bewohner angrenzender Bundesstaaten Wyoming, Colorado, Utah, Arizona, Nevada und Kalifornien die Wasserentnahme weiter drosseln, empfehlen Experten. Seit Kurzem kontrollieren Wasserpatrouillen, ob Haushalte übermäßig den Rasen wässern oder ihre Autos waschen. Das wird inzwischen mit hohen Geldstrafen belegt.
Glaubt man Patti Aaron vom Bureau of Reclamation so dienen 75 Prozent des Wassers allein aus dem Lake Mead der landwirtschaftlichen Bewässerung. Im Central Valley etwa werden 250 verschiedene Kulturen angebaut. Es werden gigantische Felder mit Erdbeeren, Gemüse, Salaten, Avocados, Artischocken sowie Mandelbäumen und Weinreben bewässert.
In Kalifornien ist der Agrarsektor für 40 Prozent des Wasserverbrauchs verantwortlich. Inzwischen werden in den Staaten an der Westküste Farmer sogar belohnt, wenn sie vom Anbau von besonders wasserintensiven Früchten wie Mandeln und Pistazien absehen oder einen Teil ihrer Felder stilllegen.
Auch der Große Salzsee vor den Toren der Metropole Salt Lake City im Staat Utah trocknet zusehends aus. Seit seiner Besiedelung Mitte des 19. Jahrhunderts wurde immer mehr Wasser für landwirtschaftlicher Nutzflächen entnommen. Seither sank der Wasserstand im Schnitt um rund 3,30 Meter, das Volumen des Sees nahm etwa um die Hälfte ab.
Unterdessen nahm der Salzgehalt etwa um die Hälfte zu. Trocknet der See aus, warnen Wissenschaftler, sterben auch Insekten und Salinenkrebse. Damit bleiben rund zehn Millionen Zugvögel, die jedes Jahr am See Halt machen, ohne Nahrung. Um den Großen Salzsee zu retten, müsste mehr Schneeschmelze aus den Bergen in den See fließen. Dies bedeutet wiederum, dass weniger Wasser für Bewohner und Landwirtschaft übrig bleibt – ein Dilemma, für das es keine einfache Lösung gibt.
Zudem ist der Schlamm des Sees unter anderem mit Arsen vergiftet. Das Gift könnte über Windstürme aufgewirbelt und von den Anwohnern eingeatmet werden, fürchten Experten. Inzwischen planen Lokalpolitiker den Bau eines 800 Millionen Dollar teuren Klärwerks, um Abwässer zu reinigen und wieder in den See zu leiten
Israel: Bis Mitte des Jahrhunderts könnte das Tote Meer verschwunden sein
In Israel werden Tomaten, Paprika, Datteln und Wassermelonen in wüstenartigen, regenarmen Gegenden kultiviert und mit Wasser aus dem Jordan bewässert. Dem Fluss werden jährlich rund 90 Prozent für Landwirtschaft und Trinkwasser in Israel und Jordanien entnommen. Im Toten Meer, in das der Jordan mündet, kommt oft nur noch ein Rinnsal an. Zwecks Gewinnung von Rohstoffen wie Magnesium und Jod wird zusätzlich ein Teil des Wassers verdampft.
Lag der Wasserspiegel 1970 noch rund 389 Meter unter dem Meeresspiegel, so war er im Jahr 2012 bereits auf 426 Meter gesunken. Damit sinkt der tiefste Punkt der Erde immer weiter ab. Während der letzten fünfzig Jahre hat sich die Oberfläche des Sees um etwa ein Drittel verkleinert und jedes Jahr sinkt der Wasserstand um weitere 100 Zentimeter.
Experten gehen davon aus, dass das salzigste Meer der Erde bis 2050 ausgetrocknet sein wird. Um das zu verhindern, soll eine über 200 Kilometer lange Pipeline das Rote Meer und das Tote Meer miteinander verbinden. Das 13-Milliarden-Euro-Projekt, das von Jordanien, Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde bereits 2013 mit Unterstützung der Weltbank beschlossen wurde, soll vor allem die Wasserknappheit in den angrenzenden Regionen beheben.
Rund eine Milliarde Kubikmeter Wasser soll jährlich aus dem Roten Meer ins Tote Meer gepumpt werden. Unterwegs wird Süßwasser aus einer Entsalzungsanlage am jordanischen Ufer des Roten Meeres gewonnen, das als Trinkwasser nach Jordanien und Israel geleitet wird. Die verbleibende Salzlake fließt ins Tote Meer. Werden die Pläne umgesetzt, befürchtet die Umweltschutzorganisation Ecopeace gefährliche ökologische Folgen.
Weil der Wasserweg entlang eines Erdbebengebiets verläuft, könnten tektonische Erschütterungen die Sole-Leitung zum Bersten bringen, so dass austretende Salzwasser die Grundwasserreservoirs Israels versalzen, warnen die Forscher. Neben einer Veränderung des Salzgehaltes könnten sich auch mehr Algen bilden.
Die Experten fordern effizientere Technologien sowie weitere Meerentsalzungsanlagen. Zudem soll die Mineralindustrie wie die Arab Potash Company auf jordanischer und Dead Sea Works auf israelischer Seite des Toten Meeres Gebühren zahlen, weil sie dessen Austrocknen noch beschleunigen. Auch Jordanien hat ein massives Trinkwasserproblem, denn der Jordan kann nur ein Fünftel seiner Bevölkerung versorgen.
Darum will das Land nun in eine eigene Wasser-Entsalzungsanlage investieren. Das Sterben des Toten Meeres trifft die Palästinenser, Jordanien und Israel gleichermaßen. Die Menschen aller drei Länder brauchen das Wasser in der Wüste. Zudem könnte ein gemeinsames Wasserprojekt die friedliche Zusammenarbeit fördern. Leider ist hier noch keine Einigung in Sicht.
Syrien und Irak: Ohne Wasser kein nutzbares Ackerland
In Syrien sind mehr als fünf Millionen Menschen direkt vom Wasser des Euphrat abhängig. Rund 400 Quadratkilometer landwirtschaftliche Nutzfläche von der Dürre bedroht sind. Die Stauseen liefern nur noch wenig Energie. Zwei Staudämme in Nordsyrien, die drei Millionen Menschen mit Strom versorgen, stehen aktuell vor der Schließung.
Zudem steigt in vielen Regionen die Zahl der Infektionen durch Krankheiten, die durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen werden. Im Irak waren im vergangenen Jahr mindestens sieben Millionen Menschen von Dürre bedroht. Im Bezirk Ninewa fiel die Weizenproduktion aufgrund der Dürre 2021 um 70 Prozent geringer aus als im Vorjahr. Flüsse versiegen, Fischbestände sind leergefischt, Trinkwasser ist knapp.
Dafür treten immer häufiger Sandstürme auf. In den kurdischen Gebieten haben sich die Ernteerträge etwa halbiert. Viele bäuerliche Familien verschuldeten sich, um ihre Tiere am Leben zu erhalten oder siedeln in ein andere Gebiete um.
Den Menschen in diesen Regionen ergeht es wie vielen Ländern des Globalen Südens: Sie haben kaum etwas zum globalen Kohlendioxid-Ausstoß beigetragen, bekommen aber die Auswirkungen umso härter zu spüren. Oft kommen – so wie im Irak – die Folgen einer verfehlten Wasserpolitik hinzu.