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Forencheck: Energiekrise, Medikamente gegen Covid-19 und Impfstoffkombinationen

Jutta Blume

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Wochenkolumne

Check 1: Blackoutgefahr durch Energiekrise?

Im Kommentar [1] auf den Artikel "Wenn Grüne doch noch 'rote Linien' ziehen [2]" wird gefragt:

Energiekrise kein Thema? Spannend ist das die aktuelle Energiekrise völlig ausgeklammert wird,... von ALLEN Parteien (Ausnahme AFD) und natürlich von den Medien.

Heute morgen 8 Uhr lag der Strompreis an der Börse bei 393,1 € pro MWh (39,3 c/kWh ohne Steuern und Abgaben!), es mußten 8,8 GW importiert werden damit die Lichter nicht ausgehen da gestern Abend überraschenderweise die Sonne unterging, Offshore und Onshore Wind völlig zusammenbrachen.
Würde jetzt zu diesem Zeitpunkt eine Störung passieren (Technischer Defekt, Unfall, Fehlbedienung,...) würde sofort das europäische Verbundnetz aufgetrennt werden und Deutschland hätte einen mindestens teilweise Blackout (50 Prozent?)
Warum Blackout? In so einem Fall benötigt man schnelle Regelreserve die in Deutschland hauptsächlich durch Pumpspeicherwerke realisiert ist. Ein solcher Ausfall ist aber größer als die maximale vorhandene Leistung und außerdem erbringen die Pumpspeicherwerke bereits >50 Prozent ihrer Leistung.
(…)

Ob die derzeitige Energiekrise in den Sondierungsgesprächen der Parteien eine Rolle spielen, darüber lässt sich nichts sagen. Den Weg in die Medien hat sie mittlerweile gefunden und auch Telepolis hat darüber berichtet [3].

Mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien hat sie jedoch wenig zu tun, bzw. würde ein größerer Anteil an erneuerbaren Strom- und Wärmequellen die derzeitige Krise eher abmildern. Auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen würde ein Mehr an erneuerbaren Erzeugern den Stromertrag steigern, da diese eben nicht vom Import fossiler Brennstoffe abhängig sind. Die hohen Strompreise, nicht nur in Deutschland, gehen ja auf die stark gestiegenen Preise für fossile Brennstoffe zurück. Die Ursachen der weltweiten Energiekrise liegen in einem erhöhten Bedarf nach der Corona-Krise, Gasspeichern, die nicht rechtzeitig aufgefüllt wurden, und derzeit höheren erzielbaren Preisen für Flüssiggas in Asien, sodass nordamerikanisches Flüssiggas in erster Linie dorthin geliefert wird.

Drohende Blackouts in Deutschland werden immer wieder beschworen, de facto ist die Stromversorgung hierzulande aber äußerst zuverlässig.

Die neue Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik des Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE FNN) zeigt, dass ein Kunde im Jahr 2020 durchschnittlich nur 10,2 Minuten ohne Strom auskommen musste (2019: 12,0 Minuten) - so kurz wie seit 2006 nicht. Damit war jeder Haushalt zu über 99,998 Prozent versorgt und kaum von Stromausfällen betroffen.

VDE Pressemitteilung [4]

Stromausfälle sind auch selten auf Schwankungen im Stromnetz, sondern meistens auf Einflüsse von außen zurückzuführen: "Hauptursachen vieler Unterbrechungen sind fremde Einwirkungen, etwa durch Kabelbeschädigungen bei Bauarbeiten oder Brände. Auch die Witterung kann Stromunterbrechungen verursachen, beispielsweise wenn ein Baum wegen eines Sturms in eine Freileitung fällt".

Um unvorhergesehene Abweichungen im Stromnetz zwischen Erzeugung und Verbrauch auszugleichen, müssen die Übertragungsnetzbetreiber eine Regelreserve vorhalten, für die es eigens einen Regelreservemarkt gibt. Allerdings sind auch die Preise für die Regelenergie in den letzten Tagen deutlich gestiegen.

Check 2: Werden Wirkstoffe aus der Tiermedizin bei der Behandlung von Covid-19 diskreditiert?

"Neben Impfstoffen könnte man auch mal nach Therapiemöglichkeiten suchen", schreibt ein Forumsteilnehmer im Hinblick auf den Artikel "Die Geschichte der mRNA-Impfstoffe [5]" und zitiert weiter aus ZeroHedge [6]:

While the media has spent more than a year ridiculing the widely-prescribed drug Ivermectin to treat Covid-19 - branding it a "horse dewormer for idiots", they've kept oddly silent about another widely prescribed drug that's also used in horses, which is being pushed by official bodies worldwide to treat the disease. The NIH, CDC, WHO and FDA have all recommended dexamethasone - a corticosteroid which has shown efficacy in the treatment of severe covid. It's also a commonly used drug to treat allergies in horses.

Dass Wirkstoffe sowohl in der Veterinär- als auch in der Humanmedizin eingesetzt werden, ist zunächst nichts Ungewöhnliches, man denke nur an den Einsatz von Antibiotika. Auch gibt es keinerlei Veranlassung, einen Wirkstoff medial zu diskreditieren, nur weil er in der Veterinärmedizin verabreicht wird. Das hier vermeintlich lächerlich gemachte Ivermectin wirkt nicht nur bei Pferden, sondern auch bei Menschen [7] gegen bestimmte Parasiten.

Die Zulassungen und Empfehlungen von Gesundheits- und Arzneimittelbehörden folgen den Ergebnissen klinischer Studien, und diese fallen im Hinblick auf Ivermectin bislang weder eindeutig noch einheitlich aus. Insofern bleibt es für die Behandlung von Covid-19 außerhalb von klinischen Studien nicht zugelassen. Das RKI berichtet [8] auch von einem "Risiko der schwerwiegenden Toxizität bei unkontrollierter Anwendung".

Dexamethason ist ein Kortikosteroid und wirkt entzündungshemmend sowie immunsuppressiv. Der Wirkstoff ist in einer Vielzahl von zugelassenen Arzneimitteln enthalten. In der Therapie von Covid-19 befürwortet die Europäische Arzneimittelagentur EMA [9] den Einsatz bei Patient:innen mit Sauerstofftherapie, bei Patient:innen, die keinen zusätzlichen Sauerstoff erhielten, zeigte die Gabe von Dexamethason keinen Nutzen. Bei invasiver Beatmung sank das relative Sterberisiko mit Gabe von Dexamethason um 35 Prozent, bei nicht-invasiver Sauerstofftherapie und Gabe von Dexamethason um 20 Prozent.

Außerdem meldet die EMA gerade, dass die Zulassung eines neuen Medikaments mit dem Namen Evusheld, entwickelt von AstraZeneca, geprüft wird [10]. Dabei handelt es sich um eine Kombination von monoklonalen Antikörpern, die das Eindringen des Virus in die menschlichen Zellen verhindern soll.

Check 3: Wirkungen und Nebenwirkungen von Impfstoffkombinationen

Klaus-Dieter Kolenda schrieb auf Telepolis über die Frage der "Corona-Auffrischimpfung für alle? [11]", dabei geht es auch um eine Mischung von Impfstoffen. In einem Forenkommentar heißt es dazu [12]:

Das Mischen von verschiedenen Impfstoffen hat zum Ziel, jede Ursachenforschung bei späteren Impfschaeden von vornherein unmöglich zu machen. Wie will man wissenschaftlich sauber die Wirkung nachweisen und wie sollen "Nebenwirkungen" kausal bestimmt werden?

Würde mich schon interessieren was Herr Kolenda hierzu sagt

Wir haben die Frage an Klaus-Dieter Kolenda weitergeleitet, der hierzu erläutert:

Wenn man sich in dem Artikel von Ewen Callaway, auf den ich mich beziehe, bei den Ausführungen zu "mix and match" (im vorletzten Absatz nach der ersten Zwischenüberschrift) die zugehörigen Literaturstellen (1 bis 3) ansieht, bezieht sich dieser Ausdruck auf Studien, in denen untersucht wird, ob z. B. nach der 1. Impfung mit Vaxzevria (Astrazeneca) eine erste Boosterung mit Comirnaty (Biontech/Pfizer) wirkt.

Das ist, wie von mir beschrieben, tatsächlich der Fall. Es kommt zu robusteren Immunantworten, die durch hohe Konzentrationen von Antikörpern und T-Zellen gekennzeichnet sind. Über eventuelle Nebenwirkungen einer derartigen Behandlung kann aufgrund dieser Studien keine Aussage gemacht werden. Dazu könnte in Deutschland jedoch ein zukünftiger Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts Stellung beziehen, wenn eine größere Anzahl dieser Boosterungen durchgeführt worden ist und Meldungen über vermutete Nebenwirkungen vorliegen. Es geht hier also um Wirkungen und nicht um Nebenwirkungen.

Ergänzend lässt sich sagen, dass auch die Nebenwirkungen von "mix and match" in einer britischen Studie bereits untersucht werden [13], und zwar zur Kombination von Vaxzevria und Comirnaty. Dabei traten in der Kombination häufiger Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen oder leichtes Fieber auf, als wenn zwei Dosen desselben Präparats verabreicht wurden. Die meisten Nebenwirkungen traten aber nur in den ersten 48 Stunden nach der Impfung auf, zu Hospitalisierungen in Folge von Impfnebenwirkungen kam es nicht.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-6219126

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Wenn-Gruene-doch-noch-rote-Linien-ziehen/Energiekrise-kein-Thema/posting-39750394/show/
[2] https://heise.de/-6211862
[3] https://www.heise.de/tp/news/Energiepreise-Mehr-Vorsorge-haette-geholfen-6213040.html
[4] https://www.vde.com/de/presse/pressemitteilungen/stromversorgung-in-deutschland
[5] https://www.heise.de/tp/features/Die-Geschichte-der-mRNA-Impfstoffe-6201171.html
[6] https://www.zerohedge.com/covid-19/never-say-neigh-fda-lists-horse-drug-approved-covid-treatment
[7] https://www.heise.de/tp/features/Hier-wird-berichtet-was-berichtenswert-ist-6128376.html?seite=3
[8] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/COVRIIN_Dok/Therapieuebersicht.pdf?__blob=publicationFile
[9] https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/a-f/dexamethason.html
[10] https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-starts-rolling-review-evusheld-tixagevimab-cilgavimab
[11] https://heise.de/-6209860
[12] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Corona-Auffrischimpfung-fuer-alle/Mix-and-match/posting-39740706/show/
[13] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8115940/