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Forencheck: Impfschäden oder Datenfehler, Umfrage zu Impfnebenwirkungen und das Myokarditis-Risiko durch mRNA-Vakzine

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne

Impfschäden bei Soldat:innen der US-Armee?

Ich weiß nicht, ob diese Aussagen richtig sind, aber das werden wir hoffentlich noch erfahren, da aufgrund dieser Daten ein Gerichtsprozess in den USA angestrebt wird.

Laut medizinische Rechnungsdaten aus der Datenbank Defense Medical Epidemiology (DMED) des US-Verteidigungsministeriums:

Anzahl an Krebsdiagnosen bei Beschäftigten des US-Militärs nach Einführung der Corona-Impfung im Vergleich zum Fünfjahresdurchschnitt der Vorjahre um fast 200 Prozent, von 38.700 DMED-Codes pro Jahr auf ganze 114.646 DMED-Codes im Jahr 2021 gestiegen.

Anzahl von DMED-Codes für Fehlgeburten ein Wachstum von fast 300 Prozent. Lag der Fünfjahresdurchschnitt der Fehlgeburten noch bei 1.499 DMED-Codes pro Jahr, so waren es in den ersten zehn Monaten des Jahres 2021 bereits 4.182 DMED-Codes.

Lungenembolien: Anstieg um 467 Prozent

angeborene Fehlbildungen bei Kindern: Anstieg um 156 Prozent Glockenlähmung: Anstieg um 291 Prozent.

User Sumpfig [1]

So lautet ein Kommentar auf den Artikel "Warum der Egoismus-Vorwurf an Ungeimpfte so wenig bringt [2]" von Telepolis-Redakteurin Claudia Wangerin.

Im Thread zu diesem Kommentar selbst wird schon deutlich, dass die hier angeführten Daten äußerst fragwürdig sind. Vorgebracht wurden die obenstehenden Zahlen vom Anwalt Thomas Renz bei einer Podiumsdiskussion, die der republikanische Senator von Wisconsin, Ron Johnson am 24. Januar veranstaltet hatte.

Renz hatte die Daten nach eigenen Angaben von Militärärzt:innen erhalten, diese wiederum hatten die Zahlen angeblich aus der epidemiologischen Datenbank des Militärs (DMED) gezogen.

Laut Peter Graves, Sprecher der Gesundheitsbehörde des Militärs, sind die Auffälligkeiten auf eine Störung in der Datenbank für die Jahre 2016 bis 2020 zurückzuführen. Dadurch wurden die Krankheitsmeldungen dieser Jahre untererfasst, wodurch es im Jahr 2021 zu einer drastischen Steigerung in der Statistik kam [3]. Die Ursache des Fehlers in der Datenbank wurde nicht genannt.

Schon die von Renz angeführten medizinischen Leiden sollten stutzig machen, wurde doch bislang in keiner medizinischen Studie ein Zusammenhang zwischen den Impfstoffen gegen Covid-19 und einer Krebserkrankung festgestellt.

Berichte über einen Zusammenhang von Covid-19-Impfungen und Fehlgeburten erwiesen sich in der Vergangenheit ebenfalls als haltlos, wie dieser Faktencheck von correctiv.org [4] darlegt.

Sind starke Nebenwirkungen gleich schweren Nebenwirkungen?

Zum Artikel "Gibt es einen Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und der Sterblichkeit? [5]" von Telepolis-Autor Stephan Schleim ist im Forum folgender Kommentar zu lesen:

Repräsentative INSA-Umfrage: 15 % der Deutschen haben schwere Nebenwirkungen

Siehe «Exklusiv-Umfrage zeigt, wie häufig starke Impfnebenwirkungen wirklich sind » (kein Link wegen Zensur, ist mit diesem Suchbegriff jedoch einfach zu finden)

Wenn 15 % der Befragten von schweren Nebenwirkungen berichten, sollte klar sein, was als Kausalität naheliegt, wenn man Kuhbandners Analyse anschaut.

User DasKrokodil [6]

Die hier als repräsentativ benannte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA erfolgte im Auftrag von Boris Reitschuster, der auch exklusiven Zugang zu den Fragen und Ergebnissen dieser Umfrage hat. Ohne Zugang lässt hierzu lässt sich über die Seriosität der Umfrage nur eingeschränkt etwas sagen.

So wie bei Reitschuster dargestellt lautete die Frage von INSA: "Haben Sie bei einer der Impfungen gegen das Coronavirus Nebenwirkungen verspürt?"

15 Prozent der Befragten antworteten dem Artikel zufolge mit: "ja, starke Nebenwirkungen", 45 Prozent mit "ja, schwache Nebenwirkungen" und 40 Prozent mit "nein". Der im Artikel dargestellten Grafik ist nicht zu entnehmen, ob es sich um vorgegebene Antwortmöglichkeiten handelte und ob die Begriffe "stark" und "schwach" vorab näher definiert wurden

Sollte dies nicht der Fall sein, ist die Antwort auf die Frage wissenschaftlich wertlos, da die verwendeten Begriffe allzu subjektiv sind. Die hier abgefragten Begrifflichkeiten entsprechen auch keinen medizinischen Definitionen. Was der Laie oder die Laiin als "schwache Nebenwirkung" bezeichnen mag, fällt beim Robert-Koch-Institut wahrscheinlich in die Kategorie der "Impfreaktionen" [7] und nicht der "Nebenwirkungen".

Zu vorübergehenden Impfreaktionen (auch anderer Impfungen) zählen Rötung, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein. "Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab."

Das Paul-Ehrlich-Institut führt eine Statistik über die gemeldeten Verdachtsfälle von schweren Nebenwirkungen. Solche sind definiert als: "Eine Nebenwirkung eines Arzneimittels, die zum Tod führt, lebensbedrohlich ist, einen Krankenhausaufenthalt oder eine Verlängerung des bestehenden Krankenhausaufenthalts erfordert, zu einer anhaltenden oder erheblichen Behinderung oder Arbeitsunfähigkeit führt oder einen Geburtsfehler darstellt".

Es ist zu bezweifeln, ob die in der INSA-Umfrage angegebenen "starken Nebenwirkungen" auch nur annähernd in diese Kategorie fallen.

Myokarditis-Risiko: Widerspruch zur Deutschen Herzstiftung?

Auf den Artikel "Covid-19-Impfungen": Risiko für Herzmuskelentzündungen durch mRNA? [8]" von Telepolis-Autor Klaus-Dieter Kolenda entgegnen mehrere Kommentator:innen [9], dass zum Beispiel die Deutsche Herzstiftung eine gegenteilige Einschätzung gibt. Bei der Herzstiftung heißt es u.a.:

Das gesundheitliche Risiko durch eine Covid-Infektion wird – in jeder Altersklasse – sehr viel höher eingeschätzt als das Risiko einer Myokarditis/Perikarditis durch Impfung mit einem mRNA-Impfstoff.

Deutsche Herzstiftung [10]

Diese Einschätzung bezieht sich allerdings auf die gesamte Bevölkerung über alle Altersgruppen und Geschlechter hinweg und die Deutsche Herzstiftung schreibt auch, dass der Zusammenhang noch nicht ganz klar sei:

Wie groß letztlich das Risiko für eine Myokarditis und vor für allem bleibende kardiale Schäden durch Covid-19 ist – bei Herzgesunden und vor allem auch bei Patienten mit bereits vorgeschädigten Herzen – ist somit noch nicht ganz klar. Eines kristallisiert sich allerdings aus den bisher vorliegenden Daten heraus: Das Risiko einer schweren (akuten) Herzschädigung ist bei einer Infektion mit dem Erreger SARS-CoV-2 offenbar merklich größer als bei einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff zum Schutz vor Covid-19. Das hat zum Beispiel die Auswertung der Daten von rund 1,7 Millionen Menschen mit und ohne Impfung aus Israel ergeben."

"In dieser israelischen Studie untersuchten die Forscherinnen und Forscher die Daten von insgesamt rund 1,7 Millionen Menschen, von denen die eine Hälfte geimpft und die andere ungeimpft war. Dabei fanden sie heraus, dass im Schnitt 2,7 von 100.000 Geimpften in den ersten 42 Tagen nach der Impfung eine Herzmuskelentzündung entwickeln. In einer davon unabhängigen Datenanalyse an mehr als 240.000 Personen fanden die Autoren dieser Studie bei denjenigen, die an Covid-19 erkrankten, elf von 100.000 Personen, die eine Myokarditis entwickelt hatten", erläutert Klaus-Dieter Kolenda zur angeführten Studie. In die JAMA-Studie, über die er bei Telepolis berichtet hat, ist die israelische Studie noch nicht eingeflossen.

"Das Besondere an der JAMA-Untersuchung sind aber die alters- und geschlechtsspezifischen Daten zu den Häufigkeiten einer Myokarditis nach Impfungen mit mRNA-Vakzinen: Diese liegen bei jungen männlichen Personen wahrscheinlich um ein Vielfaches (teilweise um mehr als das 100-fache) höher als im Durchschnitt", so Kolenda.

Es kann hier also kein klarer Widerspruch zwischen den von Kolenda dargestellten Daten und den Aussagen der Deutschen Herzstiftung festgestellt werden, da die jeweils verwendeten Datensätze nicht vergleichbar sind.

Um eine Vergleichbarkeit der Risiken herzustellen, müsste die Häufigkeit von Myokarditisfällen von männlichen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 bekannt sein und diese ins Verhältnis zu den Fällen, die nach einer Impfung mit mRNA-Impfstoffen aufgetreten sind, gesetzt werden. Solche Daten liegen nach Wissen des Autors Kolenda nicht vor.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-6353967

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Warum-der-Egoismus-Vorwurf-an-Ungeimpfte-so-wenig-bringt/Tausende-Corona-Impfschaeden-bei-US-Soldaten/posting-40422802/show
[2] https://www.heise.de/tp/features/Warum-der-Egoismus-Vorwurf-an-Ungeimpfte-so-wenig-bringt-6345335.html
[3] https://www.politifact.com/factchecks/2022/jan/31/instagram-posts/numbers-were-based-faulty-data-military-spokespers/
[4] https://correctiv.org/faktencheck/2021/10/26/angebliche-cdc-schockstudie-zahlen-zu-fehlgeburten-bei-geimpften-schwangeren-werden-falsch-interpretiert/
[5] https://www.heise.de/tp/features/Gibt-es-einen-Zusammenhang-zwischen-Corona-Impfungen-und-der-Sterblichkeit-6345379.html
[6] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Gibt-es-einen-Zusammenhang-zwischen-Corona-Impfungen-und-der-Sterblichkeit/Repraesentative-INSA-Umfrage-15-der-Deutschen-haben-schwere-Nebenwirkungen/posting-40431030/show/
[7] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Nebenwirkungen/nebenwirkungen_node.html
[8] https://www.heise.de/tp/features/Covid-19-Impfungen-Risiko-fuer-Herzmuskelentzuendung-durch-mRNA-6344869.html
[9] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Covid-19-Impfungen-Risiko-fuer-Herzmuskelentzuendung-durch-mRNA/Fragen-Sie-doch-mal-die-Profis-Herr-Kolenda/posting-40425915/show/
[10] https://www.herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/coronavirus/corona-impfung-myokarditis