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Frankreich: "Lieber ein Votum, das stinkt, als ein Votum, das tötet"

Demonstration in Paris, 16. April 2022. Foto: Bernard Schmid

Demonstrationen in Paris – eine Woche vor der Stichwahl Macron gegen Le Pen

"Lieber ein Votum, das stinkt, als ein Votum, das tötet": Auf diesen Punkt brachte ein Demonstrant am diesjährigen Ostersamstag in Paris die Alternative, die sich acht Tage später in den Wahlbüros aus seiner Sicht bietet. Im Französischen reimt sich dies: "Un vote qui pue, plutôt qu’un vote qui tue."

Zusammen mit rund zwanzigtausend Menschen in der französischen Hauptstadt (und einigen Tausend anderen Protestierenden in circa dreißig weiteren Städten) ging der junge Mann gegen die Aussicht, dass die Rechtsextreme Marie Le Pen am darauffolgenden Sonntag ins Amt der französischen Staatspräsidentin gewählt werden könnte, auf die Straße.

Le Pen: Echte Aussichten auf einen Wahlsieg

Die Chefin des Rassemblement National (RN, "Nationale Sammlung", vor Juni 2018: Front National) hat erstmals echte Aussichten darauf, Wahlsiegerin zu werden. Im Laufe der zurückliegenden Woche, die auf den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl vom 10. April folgte, schienen ihre Chancen leicht zu sinken: Prognostizierten Umfragen ihr zu Wochenbeginn im Durchschnitt 48 Prozent, so waren es in der zweiten Wochenhälfte eher 44 bis 46 Prozent.

Gegendemonstration zur obigen in Paris, 16. April 2022. Foto: Bernard Schmid

Doch noch ist das Rennen nicht gelaufen – zumal Umfragen, die den wirtschaftsliberalen Amtsinhaber Emmanuel Macron relativ deutlich als Wahlsieger erkennen lassen, zu einem Sinken der Stimmbeteiligung vor allem unter den Rechtsextremen feindlich gesonnenen, doch Macron nicht unterstützenden Wählerinnen und Wählern führen könnten.

Wäscheklammern auf der Nase

Die Idee, eine übelriechende, aber doch das kleinere Übel repräsentierende Stimme abzugeben, ist in diesem Zusammenhang nicht neu. Als erstmals Marine Le Pens Vater, der mittlerweile in Kürze 94-jährige Jean-Marie Le Pen, im April 2002 – damals überraschend – in die Stichwahl um die Präsidentschaft einzog, gingen viele Stimmberechtigte demonstrativ mit Wäscheklammern (zum Zukneifen der Nase) und Gummihandschuhen bewaffnet auf den Weg zum Wahlbüro.

"Wählt den Betrüger", also den damals bereits von zahlreichen Skandalen um illegale Politikfinanzierung betroffenen – später deswegen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilten – Amtsinhaber Jacques Chirac, "statt den Faschisten", forderten damals zahlreiche Beobachter [1].

Foto: Bernard Schmid

Die Mobilisierung, um Jean-Marie Le Pen zu stoppen, fiel damals auf den Straßen und Plätzen französischer Städte ungleich stärker aus als heute – obwohl der Mann, der 1972 die damals noch Front National heißende Partei gegründet hatte, zu jener Zeit kaum wirkliche Chancen hatte, gewählt zu werden (in der Stichwahl erhielt er schlussendlich gut 17 Prozent und schnitt ähnlich hoch ab wie in der ersten Runde).

Zu tief saß damals jedoch der Schock darüber, dass sich die Auswahl in der entscheidenden zweiten Runde auf eine zwischen einem allzu notorisch korrupten Konservativen einerseits und einem prominenten Neofaschisten, welcher nachweislich in Frankreich Algerienkrieg persönlich an Folterungen teilgenommen hatte, andererseits verengte.

Dies kam damals nahezu völlig unerwartet und war auf einen wahlpolitischen "Unfall" zurückzuführen, nämlich darauf, dass die linke Wählerschaft dem sozialdemokratischen Premierminister und vermeintlichen Wahlfavoriten Lionel Jospin zum Gutteil ihre Stimme versagt hatte.

Das galt als Quittung für dessen Politik in fünf Jahren Amtszeiten als parlamentarischer Regierungschef (unter Staatsoberhaupt Chirac), die nicht in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Versprechungen und Erwartungen stand.

Foto: Bernard Schmid

Die Einschläge rücken näher

Heute rücken die Einschläge näher, doch fällt der Protest nicht dermaßen durchschlagend aus wie vor quasi genau zwanzig Jahren. Damals nahm der Verfasser dieser Zeilen an der 1. Mai-Demonstration in Paris (die im Jahr 2002 zwischen den beiden Durchgängen der Präsidentschaftswahl, damals am 21. Mai und 07. Mai jenes Jahres, zu liegen kam) teil, mit einem Riesenstapel Flugblätter in der Hand.

Und konnte sich sechs Stunden lang, den Bordstein vor sich und eine Laterne hinter sich, buchstäblich nicht vom Fleck bewegen: keinen halben Meter nach vorne und keinen halben Meter hinter sich. Die halbe Million wurde damals in Paris mindestens überschritten, landesweit reichte die weitgehend spontane Protestbeteiligung an die zwei Millionen heran.

Am gestrigen Ostersamstag waren es in Paris laut Zahlen des französischen Innenministeriums – die wie meistens untertrieben waren – 9.600 Menschen, frankreichweit gut 22.000. Auch wenn es real fünfzigtausend waren, lässt sich doch festhalten: Gut, dass dies stattgefunden hat, aber ein Erdbeben war es bislang nicht.

Man scheint sich eben in Vieles hinein zu gewöhnen – ein wenig ähnlich den Menschen derzeit im Kriegsgebiet im Osten des Kontinents, von denen man in Fernsehreportagen vernimmt, sie gingen nicht mehr in die Unterschlüpfe, wenn schon wieder einmal Bombenalarm in Kiew ertönt. Nun soll damit keineswegs das Leid der Menschen in einem sehr realen und brutalen Krieg relativiert werden. Doch das Beispiel zeigt, wie Gewöhnung zu funktioniert scheint.

Noch ist die Wahl nicht gelaufen, und sollte Marine Le Pen doch gewinnen, dann dürfte noch mit stärkeren Protesten zu rechnen sein - hinterher. Einiges dürfte dabei auch von dem Debattenduell abhängen, das sich Emmanuel Macron und Marine Le Pen am kommenden Mittwochabend im Fernsehen liefern werden.

Bei ihrer letzten Stichwahldebatte am 03. Mai 2017 ging Marine Le Pen als klare Verliererin hervor, unter anderem aufgrund von Ahnungslosigkeit bei einigen andiskutierten wirtschaftlichen Themen. Diese Blamage dürfte sich so nicht wiederholen, immerhin hatte sie jetzt fünf Jahre Zeit, um zu arbeiten.

Foto: Bernard Schmid

Viel wird auch vom Verhalten der in der ersten Wahlrunde ausgeschiedenen politischen Kräfte abhängen.

Einige Kandidatinnen und Kandidaten, die aber unter die schwächeren Ergebnisse fielen, riefen noch am Abend des ersten Wahlgangs vor einer Woche zur Wahl Macrons gegen die Rechtsextreme Le Pen auf – die Sozialdemokratin Anne Hidalgo, der Grüne Yannick Jadot und der KP-Kandidat Fabien Roussel, doch ihrer aller Ergebnisse waren durch das starke Abschneiden des Linksozialdemokraten und Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon erheblich nach unten gedrückt worden.

Umgekehrt riefen ihr rechtsextremer Konkurrent Eric Zemmour, er blieb mit 7,07 Prozent der abgegebenen Stimmen erheblich hinter seinen Erwartungen zurück, sowie der Nationalkonserative und Impfkritiker Nicolas Dupont-Aignan sogleich explizit zur Wahl von Frau Le Pen gegen Herrn Macron auf.

Zerreißproben

Doch die beiden anderen unter den fünf gewichtigsten Kandidaten, also die Konservative Valérie Pécresse und der Linkssozialist sowie Linkspatriot Mélenchon, gaben keinerlei Stimmaufruf ab – entgegen anderslautenden Gerüchten in manchen deutschsprachigen Kanälen übrigens -, sondern begnügten sich zunächst damit, ihr persönliches Wahlverhalten anzukündigen.

Pécresse wird für Macron stimmen und Mélenchon jedenfalls "gegen Le Pen" (also für Macron oder ungültig, mutmaßlich dürfte er wohl Ersteres tun), doch beide riefen nicht explizit ihre Wählerschaft zu einer konkreten Option auf. Dies hat auch einen konkreten Grund: Ihre Partei im Falle von Valérie Pécresse, seine Wählerschaft im Falle von Jean-Luc Mélenchon, hätte es zerrissen. Und ein offener Aufruf zu diesem oder jenem Stimmverhalten wäre noch lange nicht notwendig befolgt worden.

Pécresse, die nach ihrer Nominierung als konservative Kandidatin im Dezember 2021 in Umfragen zunächst kurzfristig sogar als voraussichtliche Gewinnerin der Präsidentschaftswahl – Stichwahlrunde eingeschlossen – gehandelt wurde und später abstürzte, erhielt nur 4,78 Prozent und wird dadurch sogar von der Wahlkampfkostenrückerstattung ausgeschlossen. Denn dieses Recht kommt einer Präsidentschaftsbewerbung zu, die auf mindestens fünf Prozent der abgegebenen Stimmen kam.

Ihre Partei Les Républicains (LR) blieb dadurch auf zwölf Millionen Euro Verlust durch Kampagnenkosten sitzen, Pécesse persönlich auf fünf Millionen – ihre Immobilienbesitze und Aktien sollen allerdings neun Millionen Euro wert sein.

Foto: Bernard Schmid

Die Partei droht nun endgültig zwischen dem liberalen Pol um Macron einerseits, dem rechtsextremen um Le Pen und Zemmour andererseits zerrieben zu werden.

Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatte sich schon vor dem ersten Wahlgang niemals mit Pécresse, dafür aber mit Amtsinhaber Macron sehen lassen, soll mit diesem längst über Wahlkreise für einhundert seiner bisherigen Parteifreunde verhandelt haben und dürfte nun zusammen mit Macron eine neue Mitte-Rechts-Regierungsachse herausbilden.

Auf Kosten der Partei LR, die dabei getrost verschwinden darf. Umgekehrt tendiert etwa der Rechtsauslager der Partei, Eric Ciotti, spürbar zur extremen Rechten hin; er kündigte noch am Wahlabend vom 10. April an, keinesfalls für Macron zu stimmen. Doch im September 2021 hatte er bereits öffentlich angekündigt, im Falle einer Stichwahl Macron/Zemmour für den Rechtextremen Eric Zemmour zu stimmen, welcher nun allerdings nicht in die Stichwahl durfte.

Das Problem dabei ist, dass Ciotti als innerparteilicher Hauptrivale von Valérie Pécresse um die Präsidentschaftskandidatur zu Anfang Dezember vorigen Jahres immerhin über 39 Prozent der innerparteilichen Voten für seine Bewerbung bekam.

Zwar konnte Parteivorsitzender Christian Jacob am Dienstag der abgelaufenen Woche LR dazu verpflichten, in den Positionierungen der Parteigranden die Option einer Stimme für Le Pen offiziell auszuschließen – diese dürfen zur Wahl Macrons, zur Nichtwahl oder zum Ungültigstimmen aufrufen. Unter der Hand könnte es auf dem rechten Flügel zum Teil anders aussehen. Gleichzeitig waren zu Wochenanfang in Umfragen 44 Prozent der Wählerinnen und Wähler von LR geneigt, Macron ihre Stimme zu geben, 40 Prozent jedoch Le Pen.

Es ist ungefähr so, als würden sich die Stimmenpakete der CDU in Deutschland auf die FDP einerseits und eine Björn Höcke-AfD andererseits aufteilen und die Partei selbst dabei potenziell spalten. Auch wenn es keine Explosion, sondern eher eine schleichende Implosion werden dürfte. Eine bisherige konservative Hauptpartei unter fünf Prozent dürfte jedoch längerfristig wenig stabilisieren.

Das Lager Mélenchon

Aus anderen Gründen wird sich eine ähnliche Entscheidung auch für die Anhängerschaft des Linkssozialdemokraten und Linkspatrioten Mélenchon als notwendig erweisen.

Foto: Bernard Schmid

Er räumte weite Teile des politischen Felds links von Amtsinhaber Macron ab und kam in der ersten Runde auf 21,95 Prozent der Stimmen - einen Rekordwert gemessen an Mélenchons bisherigen Kandidaturen. Jean-Luc Mélenchons Stimmergebnis drückte die Grünen, aber auch die Sozialdemokratie - ihre Bewerberin Anne Hidalgo kam auf einen historischen Tiefststand von 1,74 Prozent -, die französische KP und die beiden trotzkistischen Kandidaturen erheblich nach unten, ja an den Rand.

Mélenchon kam auf den ersten Platz in zahlreichen Großstädten wie Rouen, Amiens, Nantes, Toulouse, Montpellier und auf den ersten Platz unter den Jungwählerinnen bis 24, wo er mit stattlichen 35 Prozent abschnitt.

Das ist neu, zuvor war eher Macron in der jüngsten Wählergeneration stark - aus Altersgründen und weil Studierende oft noch nicht sehr stark an sozialen Fragen mit Bezug zu abhängiger Beschäftigtung oder Renten direkt konfrontiert sind. Dieses Mal jedoch war die Zielgruppe, in welcher Macron am höchsten abschnitt, der wohlhabende Teil der Rentner über 65.

Ein Großteil der Stimmen für Mélenchon wurden nicht ausdrücklich für ihn abgegeben, sondern waren taktisch motivierte Voten. Der Gewerkschafter Jean-Jacques fasst sein Stimmkalkül zusammen:

Das war auf keinen Fall ein Blankoscheck für ihn. Mir ging es darum, dass Mélenchon als bestplatzierter Linker statt Le Pen in die Stichwahl gegen Macron einzieht. Auch falls er verliert, würde es doch das gesellschaftliche Klima verändern: Dann würde über soziale Bedürfnisse statt über Sparpolitik bei Macron und über nationale Identität bei Le Pen diskutiert.

Jean-Jacques, Gewerkschafter

Dazu kam es nicht. Anderthalb Prozent fehlten Mélenchon, um in die Stichwahl einzuziehen. Seine eigene Wählerschaft zeigt sich daraufhin gespalten.

Laut einer ersten Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Elabe wollten zu Wochenanfang 35 Prozent derjenigen, die in der ersten Runde für ihn stimmten, im zweiten Durchgang für Macron stimmen - doch 34 Prozent für Le Pen und 31 Prozent ungültig oder gar nicht.

Am Karfreitag zeichnete eine bisher letzte Umfrage ein Bild, in welchem 33 Prozent der bisherigen Mélenchon-Wähler/innen nun für Macron stimmen würden, 18 Prozent Le Pen; die übrigen gingen in die Enthaltung oder würden ungültig stimmen.

Foto: Bernard Schmid

Dabei dürfte es sich um sehr unterschiedliche Wählergruppen handeln. Neben einem antifaschistischen, teilweise taktisch votierten Votum – aus einem Spektrum von linksliberal bis linksradikal – steht ein vorwiegend sozial motivierte Protestwählerschaft.

Beide Absichten können sich mischen, tun es jedoch nicht immer. Die zuletzt genannte Gruppe betrachtet nun zum Teil Amtsinhaber Macron als größeres Übel, aufgrund sozial- und wirtschaftspolitischer Weichenstellungen.

Die Weichenstellungen

So hatte Emmanuel Macron in seinem relativ dünnen Wahlprogramm für dieses Jahr die Ankündigung in den Mittelpunkt gerückt, das gesetzliche Renteneinstiegsalter von derzeit 62 auf 65 anzuheben. Bei der aufgegebenen Reform im Winter 2019/20, gegen die sich massive Streiks richteten, wäre es noch um 64 gegangen.

Allerdings betrifft dieser gesetzliche Richtwert auch nur Personen, die über die vollständige Zahl an erforderlichen Beitragsjahren aufbringen, derzeit 42,5 Jahre, bei dem Reformvorhaben vor zwei Jahren waren 44 vorgesehen – sonst gibt es Abzüge.

Das reale Eintrittsalter liegt also in der Regel über dem gesetzlichen. Marine Le Pen verspricht, die gesetzliche Schwelle auf 60 bzw. 62, je nach Berufseintrittsalter, abzusenken. Allerdings liegt auch hier der Teufel im Detail, nämlich bei den Beitragsjahren und drohenden finanziellen Abzügen, sofern welche davon fehlen. Nur für jene, die vor dem Alter von zwanzig zu arbeiten begonnen hatten, würde Le Pens Vorschlag einiges ändern, für alle anderen Lohnabhängigen dagegen in der Praxis wohl wenig bis gar nichts.

Am Montag verkündete Macron, wolkig, über die Zahl 65 lasse sich reden, ohne irgendein konkretes Zugeständnis anzukündigen. Hörte man genauer hin, stellte sich heraus, dass er plant, in jedem Falle pro Jahr das Eintrittsalter um drei bis vier Monate anzuheben, aber den Horizont dafür nur bis 2028 und nicht bis 2030 abzustecken – wird er wiedergewählt, muss er ohnehin 2027 aus dem Amt treten. Durch solche Leerankündigungen fühlen sich viele verschaukelt.

Mélenchon verwies die Frage des Stimmverhaltens in der Stichwahlrunde an eine Urabstimmung [2] unter den 320.000 Bürgerinnen und Bürger, die seine Kandidaturankündigung ursprünglich mit ihrer Unterschrift unterstützt hatten. Am Sonntagmittag kam das Ergebnis heraus : 33 Prozent unter ihnen favorisieren ein Votum für Macron, 37 Prozent die Abgabe einer ungültigen Stimme, 28 Prozent ein Fernbleiben von der Wahlkabine.

Die Stimmabgabe für Marine Le Pen war nicht als Option im Angebot enthalten. Doch folgt die weiter gefasste Wählerschaft – 7,7 Millionen hatten Mélenchon in der ersten Runde ihre Stimme gegebenen – diesen Aufrufen, dann könnte es für Macron doch noch relativ eng werden.

Am Ostersamstag in Marseille hatte Macron bei einer Kundgebung, zu der jedoch nur 2.000 Menschen (laut Angaben des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders France 5 ebenso wie jenen des Privatsenders BFM TV am Abend) kamen – die Veranstalter hatten das Doppelte angekündigt – mehrere Vokabeln Mélenchons direkt übernommen.

So sprach der Wirtschaftsliberale Emmanuel Macron dort von "ökologischer Planung" in der Wirtschaftspolitik, bis dahin ein Schlüsselbegriff in Mélenchons Programmatik – und für diese solle künftig sein Premierminister direkt, nicht etwa ein/e Fachminister/in, zuständig sein.

Foto: Bernard Schmid

Ein ansprechender Wink – oder aber ein zu "plumper Anbaggerversuch", wie französische Zeitungen zuvor warnend vor ihm abrieten [3]? Die nächste Zukunft dürfte es aufzeigen.

Wobei eine Sache stimmt: Bei Marine Le Pen, die unter anderem sämtliche Windkraftanlagen im Land schlicht abbauen [4] und in Sachen Erneuerung der Energiepolitik ausschließlich auf Atomkraft setzen möchte, werden ökologische Anliegen noch wesentlich schlechter aufgehoben sein (vgl. Le Pen: "Nicht für Fehler bezahlen, die Deutschland gemacht hat" [5]).

Auch wenn ihr Berater Sébastien Chenu am Ostersonntag zur Mittagszeit auf BFM TV diesem Eindruck energisch gegenzusteuern versuchte; die einzige Ursache für CO2-Emissionen liegt ihm zufolge im weltweiten Freihandel und den dadurch verursachten Containertransporten, und dank dem durch Le Pen angestrebten nationalen (und/oder europäischen) Protektionismus werde sich das Problem auflösen.

Wie alle Allheilmittel dürfte auch dieses wohl kaum funktionieren.


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https://www.heise.de/-6715952

Links in diesem Artikel:
[1] https://jungle.world/artikel/2002/19/waehlen-mit-waescheklammern
[2] https://melenchon2022.fr/2022/04/17/resultat-de-la-consultation-pour-le-second-tour-de-lelection-presidentielle/
[3] https://www.lamontagne.fr/paris-75000/actualites/en-allant-chercher-les-electeurs-de-melenchon-macron-doit-eviter-la-drague-lourde_14116179
[4] https://www.lesechos.fr/industrie-services/energie-environnement/le-demantelement-des-eoliennes-de-marine-le-pen-une-idee-couteuse-et-risquee-1401063
[5] https://www.heise.de/tp/features/Le-Pen-Nicht-fuer-Fehler-bezahlen-die-Deutschland-gemacht-hat-6680901.html