Für den IWF kommt "das Schlimmste" für die Weltwirtschaft noch
- Für den IWF kommt "das Schlimmste" für die Weltwirtschaft noch
- Drohende Rezession für EU-Länder
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IWF-Chefin Georgieva erwartet schwieriges Jahr für die großen Wirtschaftsräume; Entwicklung in China besorgniserregend, große Euroländer wie Deutschland würden in die Rezession abrutschen. Schuldenkrise in Schwellenländern.
Die Aussichten für die weltweite Konjunktur schätzt nun auch der Internationale Währungsfonds (IWF) noch pessimistischer ein als schon zuvor.
Der IWF hatte zuletzt im Rahmen der Herbsttagung im vergangenen Oktober in Washington eine düstere Prognose abgegeben und die bisherigen Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft weiter nach unten korrigiert. Schon dabei hatte er die Aussichten für die deutsche Konjunktur als besonders schlecht herausgestrichen.
Inzwischen hat die IWF-Chefin für das neu begonnene Jahr 2023 eine noch schlechtere Prognose abgegeben. Ging der IWF im Oktober noch davon aus, dass die globale Wirtschaft 2023 um 2,9 Prozent wachsen werde, so erwartet die IWF-Chefin Kristalina Georgieva jetzt, dass es nur noch 2,7 Prozent oder noch weniger werden können. Im vergangenen Jahr sei die Weltwirtschaft dagegen noch um 3,2 Prozent gewachsen, 2021 sogar um sechs Prozent. Im Interview mit dem US-Fernsehsender CBS erklärte Georgieva:
Für den größten Teil der Weltwirtschaft wird es ein schwieriges Jahr werden, schwieriger als das Jahr, das wir hinter uns lassen.
Kristalina Georgieva
Georgieva sieht als Grund dafür vor allem, dass sich die Konjunkturen in den großen Wirtschaftsräumen – USA, die EU und China – alle gleichzeitig abschwächen.
Selbst in Ländern, die sich nicht in einer Rezession befinden, würde es sich für Hunderte Millionen Menschen wie eine Rezession anfühlen.
Kristalina Georgieva
Vergessen hat die IWF-Chefin bei dem Ausblick die Entwicklung in Großbritannien, wo die Lage besonders dramatisch ist. Die Konservativen haben das Königreich tief in die gefährliche Lage einer schrumpfenden Wirtschaft bei gleichzeitig hoher Inflation geführt, also in die Stagflation. Die britische Notenbank erwartet eine Jahrhundertrezession.
Widerstandsfähige US-Wirtschaft
Georgieva hält die US-Wirtschaft für die "widerstandsfähigste". Sie geht davon aus, dass dort sogar trotz der starken und schnellen Anhebungen der Leitzinsen eine Rezession vermieden werden könne, auch weil sich der Arbeitsmarkt weiter stark zeige.
Experten zeigten sich zuletzt erstaunt darüber, dass die offizielle Arbeitslosenrate in den USA im Dezember sogar auf 3,5 Prozent gesunken war, wie das US-Arbeitsministerium gerade mitgeteilt hatte.
Die Quote ist damit auf ein Drei-Jahres-Tief gesunken. So niedrig war die Arbeitslosenquote seit Februar 2020, also vor der Corona-Krise, nicht mehr. Gerechnet worden war mit einer Quote von 3,7 Prozent.
Dies könnte nach Ansicht der IWF-Chefin bedeuten, dass die US-Notenbank (Fed) die Zinssätze länger hochhalten wird, um die Inflation nachhaltig zu senken. Wie an dieser Stelle bereits dargelegt, zeigt die Zinspolitik der Fed bislang eine deutliche inflationssenkende Wirkung.
War die Inflation im Oktober schon auf 7,7 Prozent zurückgegangen, ist sie im November weiter auf 7,1 Prozent gesunken. Das feierte auch US-Präsident Joe Biden als Erfolg. Zum Jahreswechsel erklärte er mit Blick auf Inflationsraten wie in Großbritannien oder der EU:
Während die Inflation in vielen großen Wirtschaftsnationen zweistellig steigt, geht die Inflation in den USA nach unten.
Joe Biden
Deutschland: Teuerungsrate über dem Durchschnitt
Tatsächlich ist die Teuerungsrate aber, weil die EZB auf Druck der Fed ihre Zinspolitik ändern musste, auch im Euroraum im Dezember wieder offiziell unter die Marke von zehn Prozent gesunken. In der ersten Schnellschätzung gehen die europäischen Statistiker bei Eurostat nun von 9,2 Prozent aus, nachdem es im Vormonat noch 10,1 Prozent waren.
Deutschland liegt mit 9,6 Prozent noch deutlich über dem Durchschnitt, auch wenn die deutschen Statistiker eine noch deutlich geschöntere Rate von 8,6 Prozent schätzen.
In der hohen Inflation sieht auch der IWF ein Problem, da die starke Teuerung die Kaufkraft der Verbraucher weiter deutlich einschränke. Wie hier ebenfalls schon berichtet, wird zusehends mit einem sorgenvollen Blick auf die bedrohlich steigende Kerninflation geschaut, aus der Energie und verarbeitete Lebensmittel herausgerechnet werden.
Es zeigt sich, dass Inflation im Euroraum immer stärker in die Breite geht. Die Lage könnte sehr bedrohlich werden, sollten Energiepreise wieder steigen.
Allerdings ist der Ölpreis, auch wegen der Rezessionsängste, zuletzt weiter in die Knie gegangen. Es macht sich aber an den Tankstellen immer noch kaum bemerkbar, dass zum Beispiel der Preis für das US-Leichtöl WTI im Jahresvergleich um fast sechs Prozent gesunken ist. Der Preis ist in den letzten drei Monaten sogar um fast 20 Prozent eingebrochen.
China: Schlechte Aussichten führen zu negativen Trends "in der ganzen Welt"
Schlechte Aussichten prognostiziert der IWF vor allem für China. Das Wachstum im Reich der Mitte werde wahrscheinlich zum ersten Mal seit 40 Jahren auf oder unter dem globalen Durchschnitt liegen, sagte Georgieva.
Die Konjunktur habe sich in China aufgrund dieser strikten Null-covid-Politik "drastisch verlangsamt". Das habe es noch nie gegeben.
Sie rechnet damit, dass die gegenwärtigen Lockerungen die Covid-Fälle explodieren lassen. Infektionen würden sich "für drei, vier, fünf, sechs Monate" im Land nun wie ein "Lauffeuer" ausbreiten. Die nächsten Monate würden "schwierig" für China werden, meint man im IWF.
"Und das führt zu negativen Trends in der ganzen Welt."
Doch sieht Georgieva auch Licht am Ende des Tunnels: Die Lockerungen, das Abrücken von der strikten Null-Covid-Politikm würden ein wichtiges Gegengewicht bilden. Denn bisher hätten die starken Einschränkungen sehr negative Auswirkungen auf die globalen Wertschöpfungsketten gehabt.
China werde sich nun allmählich auf ein höheres Niveau der Wirtschaftsleistung zubewegen und das Jahr besser abschließen, als es beginnen werde, meint Georgieva.